Mit einer eindrucksvollen Feier wurde im Rahmen des Projekts Mahnmal Neckarzimmern der erste von zwei Gedenksteinen in Wenkheim aufgestellt. Der Vorstandssprecher des Synagogenfördervereins „die schul“, Markus Sellen, zitierte zu Anfang der Feier den Artikel 1 des Grundgesetzes „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ und wies darauf hin, dass ähnliches in der Weimarer Verfassung von 1919 gestanden habe.
Die Nationalsozialisten kümmerten sich schon vor der Machtübernahme 1933 nicht um diese Aussage und erst recht nicht danach. Andersdenkende und besonders jüdische Mitbürger bekamen dies durch Verfolgung bis hin zu Mord besonders zu spüren.
Ein Großteil der Mitbürger in Deutschland und auch in Wenkheim stand dieser Entwicklung mit Gleichgültigkeit gegenüber. „Dies dürfe in unserem Land nie wieder geschehen“, so Markus Sellen. Am Ende stand die Deportation zahlreicher jüdischer Mitbürger in die Vernichtungslager zunächst in Südfrankreich und dann in den Osten bis nach Ausschwitz. Rund 100 Gäste in und vor der ehemaligen Synagoge wohnten der Feier bei.
Matthias und Dita Semel leiteten mit Musikstücken am Klavier zu den Grußworten und weiteren Vorträgen über.
Bürgermeisterstellvertreter Albrecht Rudolf überbrachte die Grüße der politischen Gemeinde und würdigte das andauernde Engagement des Verein „die schul“ und besonders die interessierte und eifrige Mitarbeit der Jugendlichen mit Gemeindepädagogin Sara Serpi am Projekt Gedenkstein.
Altbürgermeister Günther Schäfer stand als Steinmetz den Jugendlichen mit Rat und Tat zur Seite. Für unsere Gesellschaft wünschte er sich weiterhin junge Menschen mit Mut zur Aufarbeitung von geschichtlichen Ereignissen.
Der frühere Ortsvorsteher Walter Schmidt zeigte anhand markanter Daten das frühere Leben der jüdischen Gemeinde Wenkheim seit dem 14. Jahrhundert auf, die um 1870 auf rund 170 Mitbürger jüdischen Glaubens angewachsen war.
Nach dem Synagogenbau 1840 und abnehmenden Mitgliederzahlen zum Jahrhundertwechsel 1900 endete das jüdische Leben schlagartig mit der Deportation 1940 nach Gurs in Südfrankreich. Wendelin Bopp vom Verein „die schul“ stellte das Projekt Mahnmal Neckarzimmern vor, wo Gedenksteine von ehemals badisch-jüdischen Gemeinden aufgestellt sind, die 1940 durch die Deportation ausgelöscht wurden. Am nächsten Sonntag wird dort der zweite Gedenkstein für die ehemals jüdischen Gemeinden aufgestellt.
Zeitzeuge Werner Hörner, Jahrgang 1930 und Bürger Wenkheims erinnerte mit bewegten Worten über das „Zusammentreiben“ der Wenkheimer Juden und ihren Abtransport. Anschließend zogen die rund 100 Anwesenden in einem Schweigemarsch zum noch verhüllten Gedenkstein an der Ecke Lindenstraße/Breite Straße, wo der Posaunenchor der evangelischen Kirche zu Beginn der „Enthüllung“ spielte. Melanie Reinhart, Miriam Schmidt, Daniela Schmidt und Gemeindepädagogin Sara Serpi enthüllten den Gedenkstein und Deborah Habiger verlas die Namen und Schicksale der Deportierten und alle Jugendlichen legten nach altem jüdischem Brauch einen Kieselstein pro Deportierten auf den Gedenkstein. Die Inschrift auf dem Gedenkstein lautet: „ Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt die ist, wie sie ist. Es ist aber deine Schuld, wenn sie so bleibt.“
Zum Abschluss der Gedenkfeier spielte der Posaunenchor eine jüdische Weise. Interessierte trafen sich nochmals zum Gesprächen und Informationen in der ehemaligen Synagoge, wo die Chormitglieder des Gesangvereins mit Kaffee, Kuchen und leckeren Zutaten das gemütliche Beisammensein „versüßten“.