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DUßLINGEN: Geschichten aus dem Stegreif

DUßLINGEN

Geschichten aus dem Stegreif

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    An Fantasie mangelt es ihr nicht: Die Erzählerin Kathinka Marcks posiert in Dußlingen auf einer Couch in ihrer Wohnung.
    An Fantasie mangelt es ihr nicht: Die Erzählerin Kathinka Marcks posiert in Dußlingen auf einer Couch in ihrer Wohnung. Foto: Foto: SEbastian Kahnert/DPA

    Für Kathinka Marcks ist Geschichten erfinden mehr als nur ein Zeitvertreib – und das nicht nur am Weltgeschichtentag. Sie wird gebucht, um Orte, Figuren und Handlungen aus dem Stegreif zu erschaffen. Doch die Welt der eigenen Fantasie ist in Gefahr.

    Wenn Kathinka Marcks beginnt, eine Geschichte zu erzählen, dann glänzen ihre Augen. Immer wieder schweift ihr Blick in die Ferne, während sie redet. Die Fantasiewelt, von der die 27-Jährige berichtet, scheint sich in bewegten Bildern vor ihr zu entfalten. Wenn sie erzählt, liegt kein Buch in ihrem Schoß, aus dem sie vorliest. „Ich bin keine Märchentante“, betont sie und wackelt mit dem Zeigefinger.

    Musikalische Begleitung

    Marcks ist hauptberuflich Erzählerin – und das nicht nur einmal im Jahr, am Weltgeschichtentag, der am 20. März gefeiert wird. In Grundschulen, Kindergärten und auf privaten Veranstaltungen begeistert sie Kinder mit einer vielfältigen Sammlung an abenteuerlichen Geschichten und Fabeln, allesamt von ihr erfunden oder mit ihrer ganz persönlichen Note versehen. Ihre Stimme ist dabei ruhig, sie betont mit Bedacht und benutzt ihre Hände, um die Welt zu beschreiben, in der sich ihre Figuren bewegen. Wenn ein Löwe darin auftaucht, senkt sie ihre Stimme, starrt ihre Zuhörer an und wackelt ein wenig mit dem Kopf. Mit ihren langen Rastalocken wirkt sie dann selbst wie der König des Dschungels, der seine mächtige Mähne schüttelt. Jedes genau beschriebene Detail, vom Wetter bis zu Geräuschen aus der Umgebung, dient ihren Zuhörern dazu, weiter in diese Welt einzutauchen. Sie sollen den kühlen Regen auf der Haut spüren und das hohle Klopfen des Spechts vernehmen, wenn der Vogel mit seinem Schnabel gegen den Baumstamm schlägt. Ein gewisses „Heimatgefühl“ solle entstehen, erklärt sie. Man müsse sich beim Zuhören mit der Umgebung vertraut machen und gerne wieder dorthin zurückkehren wollen. Darum lässt sich Marcks bei ihren Auftritten mitunter von Instrumenten musikalisch begleiten, mit einer Geige oder einer Trommel zum Beispiel. „Sie helfen mir dabei, Atmosphäre aufzubauen und eine Geschichte ausklingen zu lassen.“ Wenn das Instrument fehlt, fange sie manchmal selbst an zu singen.

    Marcks wurde in der Nähe von Hannover geboren. In ihrer Kindheit kam sie, wie viele andere auch, nur durch Brieffreundschaften und ihr Tagebuch mit dem Erzählen in Berührung. Sie sei jedoch schon immer eine gute Zuhörerin gewesen. In ihrer Familie finden sich viele Künstler: Die Mutter ist Ausdruckstänzerin und Lehrerin, der Urgroßvater war der berühmte Bildhauer und Grafiker Gerhard Marcks. In Freiburg studierte sie Französisch, Medienwissenschaften und Kunstgeschichte.

    Sie begann Freude zu haben beim Erzählen, vor allem durch den direkten Kontakt mit den Menschen. Also ging sie nach London, wo sie sich an der International School of Storytelling zur Erzählerin ausbilden ließ. Nach Dußlingen brachte sie die Liebe, wie sie selbst sagt. Die Gemeinde liegt im Kreis Tübingen, am Rande der Schwäbischen Alb.

    Viele Reisesouvenirs

    Vor ihrem Häuschen am Hang stapelt sich Holz für den Kamin, der mit Bambus verzierte Balkon bietet einen Ausblick auf die Burgruine. Ein kleiner Garten umgibt das Haus, in dem sie mit ihrem Partner seit dem Frühjahr 2013 lebt.

    Ihr Wohnzimmer hat sie mit allerlei Souvenirs von ihren Reisen geschmückt. An einem Bücherregal hängt ein Strohhut aus Bali, daneben steht ein Didgeridoo aus Australien.

    Erzählt man Geschichten für Kinder, sollte man ihnen nach Marcks' Erfahrung genügend Freiraum bieten, um eigene Ideen einzubringen. „Kinder wollen miterzählen, Erwachsene muss man eher animieren“, erklärt sie. Während ein älteres Publikum ein offenes oder trauriges Ende zu schätzen wisse, käme das bei den Jüngeren nicht so gut an. „

    Kinder brauchen ein rundes und glückliches Ende.“ Das sei noch ein Relikt aus der Zeit, in der Märchen entstanden.

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