Hans-Peter Paukner leitet eine Anstalt mit kompliziertem Namen: Abschiebungshafteinrichtung heißt sie umständlich, seit fast einem Dreivierteljahr ist sie in Pforzheim in Betrieb. Früher war das Gebäude das Jugendgefängnis, wurde innen umgestaltet und mit großem Tamtam am 1. April als Abschiebegefängnis eröffnet.
21 der inzwischen 36 Plätze für Ausländer ohne Bleiberecht, für die die Abschiebung angeordnet und organisiert ist, sind zurzeit besetzt. Die Fluktuation ist enorm, ständig Zugänge, wie es im Behördendeutsch heißt, dann Abgänge. Aus der Traum von Deutschland, Abschiebung.
Zwei bis drei Wochen Verweildauer
Die durchschnittliche Verweildauer liegt bei zwei bis drei Wochen. Wer hier landet, für den wurde Abschiebehaft per richterlichem Beschluss verfügt: Weil derjenige der Aufforderung zur Ausreise schon mehrmals nicht nachkam, weil eine vorherige Abschiebung mehrfach scheiterte, weil einer schon mehrfach untergetaucht ist. „Bei uns landen die Hartnäckigen“, erklärt Paukner.
Erst kommt ein sogenannter Verhaftungsauftrag von Seiten der Ausländerbehörde an die Polizei, dann holen Beamte die Betroffenen aus ihren Wohnungen und Unterkünften, führen sie dem Haftrichter vor, der die Unterbringung im Abschiebegefängnis beschließt. „Schon bei der Inhaftierung wissen die Menschen meistens, wann ihr Flug geht“, sagt Paukner. Die Ausländerbehörde bucht den Flug, zur vereinbarten Zeit kommen wieder Polizisten und holen die Betroffenen ab. Meist ohne Widerstand, sagt Paukner.
Die Einrichtung war quasi ein Auftrag von oben: Der Europäische Gerichtshof hatte verfügt, dass Menschen, die abgeschoben werden sollen, nicht gemeinsam mit Straftätern untergebracht werden dürfen. Eine zentrale Abschiebe-Einrichtung musste her.
Seit April wurden 185 Menschen aus 38 Nationen hier durchgeschleust. Zu einem Drittel stammen die Männer, im Schnitt zwischen 24 und 32 Jahre alt, aus sicheren Herkunftsländern auf dem Balkan. Ein weiteres Drittel ist über „sichere Drittstaaten“ eingereist und wird dorthin zurückgebracht: Meist Menschen aus Gambia oder Nigeria. Das letzte Drittel kommt von überall her.
Acht Millionen Euro Umbaukosten
Wie viel das Land für den Unterhalt der Abschiebe-Einrichtung ausgeben muss, kann das Innenministerium nicht sagen. Dafür sei es noch zu früh, sagt ein Sprecher. Rund acht Millionen Euro soll der Umbau insgesamt kosten, bis 2018 die letztlich vorgesehenen rund 80 Plätze geschaffen sind. Dann werden hier auch Frauen und Familien untergebracht.
In der Anstalt herrscht größtmögliche Bewegungsfreiheit, betont Paukner. Ab 7 Uhr können sich die Insassen auf drei verschiedenfarbig gestalteten Stockwerken frei bewegen, sich besuchen, Besuch empfangen, essen, kochen, fernsehen. Sport treiben, Tischtennis spielen, Krafttraining machen. Um 22 Uhr ist „Einschluss“ bis zum nächsten Morgen. „Haft bleibt Haft“, sagt Paukner.
Die Stimmung sei generell gut. Es gibt fast eine Eins-zu-eins-Betreuung der hier untergebrachten Menschen. Genaue Zahlen darf Paukner nicht nennen. Bald kümmern sich sogar zwei statt bisher einem Sozialarbeiter um die Insassen.