Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Main-Tauber
Icon Pfeil nach unten

HOF LILACH: Kunstwerk dem Bildersturm entrissen

HOF LILACH

Kunstwerk dem Bildersturm entrissen

    • |
    • |
    Leider nicht das Original: Der Altar in der Hofkapelle von Hof Lilach ist eine Nachbildung des dort ursprünglich angebrachten Altars von Tilman Riemenschneider, der die Beweinung Christi zeigt.
    Leider nicht das Original: Der Altar in der Hofkapelle von Hof Lilach ist eine Nachbildung des dort ursprünglich angebrachten Altars von Tilman Riemenschneider, der die Beweinung Christi zeigt. Foto: Fotos: Claudia Schuhmann

    Einem großen Kunstwerk diente die kleine Kapelle einst als Heimstatt: Bis 1926 hing in der Hofkapelle von Hof Lilach ein Altarbild aus der Holzbildhauerwerkstatt Tilman Riemenschneiders. Dann verkauften die Hofbauern die „Beweinung Christi“ für 45 000 Goldmark an den Baron Rothschild aus Frankfurt. So zumindest beschreibt Karl Endres die Vorgänge um das Altarbild in seinem Buch „Poppenhausen – ein Bauerndorf im Gau.“ Seither schmückt nur noch eine Kopie den Altar der kleinen Kapelle.

    Trotzdem liegt der Gemeinde Wittighausen, der die Kapelle seit Jahrzehnten gehört, an der Erhaltung des kleinen Gotteshauses. Nachdem vor zwei Jahren bereits das Dach der Kapelle neu eingedeckt und vor der Tür ein Wetterschutzdach angebracht worden war, ist nun die Instandsetzung mit der Innenrenovierung abgeschlossen. Bürgermeister Bernhard Henneberger zeigt bei einem Vor-Ort-Termin stolz die abgelaugten Holzbänke und den frischen Putz an den Wänden.

    Den Großteil der Arbeiten erledigten die Mitarbeiter des gemeindlichen Bauhofes. Auf etwa 2000 Euro beliefen sich die Kosten der Innenrenovierung. Das Altarbild und die Figuren an den Wänden wurden komplett gereinigt. Das herausgeputzte Kapellchen scheint jetzt nur auf Besucher und Gläubige zu warten – und doch finden hier schon seit Jahren keine Andachten mehr statt. „Möglicherweise könnten hier aber wieder Maiandachten abgehalten werden, um die Kapelle den Leuten wieder in Erinnerung zu rufen“, überlegt Bürgermeister Henneberger.

    Hof Lilach ist nur ein kleiner Weiler und verfügt doch über zwei Kapellen. Neben der im Gemeindebesitz befindlichen Hofkapelle steht etwas abseits am Waldrand und bereits auf Ilmspaner Gemarkung die etwas größere Kreuzkapelle. Sie ist im Besitz der Familie Henneberger und verfügt zwar nicht über den Vorzug einer Riemenschneider-Kopie, dafür aber über ein sehr schönes Deckengemälde.

    Maiandachten in der Kreuzkapelle

    Bernhard Henneberger erzählt, dass es die Kreuzauffindung darstellen soll. Aus diesem Grund seien jahrzehntelang Wallfahrer zum Fest der Kreuzerhöhung aus dem umliegenden Dörfern zur Kreuzkapelle gekommen, ist in Karl Endres' Buch nachzulesen. Die Kreuzkapelle ist ebenfalls in erstaunlich gutem Zustand, denn Endres' Aufzeichnungen zufolge ließ die Familie Henneberger sie im Jahr 1978 auf eigene Kosten instand setzen. Die Musikkapelle Poppenhausen veranstaltet seit einiger Zeit zusammen mit der Frauengemeinschaft Kirchheim an der Kreuzkapelle Maiandachten, um die Verbundenheit mit den unterfränkischen Nachbargemeinden zu vertiefen.

    Aber zurück zur frisch renovierten Hofkapelle: Sie wurde zuletzt in den 1960er Jahren grundlegend saniert, und zwar mit dem Geld der damals recht vermögenden Bauern von Hof Lilach. Bernhard Henneberger hat in den Archiven gekramt und ein Schreiben des damaligen Poppenhäuser Pfarrers an den Bürgermeister gefunden. Darin heißt es, dass die vier Höfe 6350 Mark gespendet hätten, eine Summe, die „fast restlos aufgebraucht“ worden sein. Und zwar unter anderem für Zimmerarbeiten. Ein „vollständig neuer Dachstuhl mit allem Drum und Dran“ sei errichtet worden, schreibt der Pfarrer. „Das alles haben die Bewohner von Hof Lilach geleistet. Mehr kann man von ihnen nicht verlangen . . .“

    Allerdings macht der Pfarrer auch auf den erbarmungswürdigen Zustand des hölzernen Altars aufmerksam: „Er ist ganz aus dem Leim geraten und zahlreiche Schnitzereien sind abgebrochen.“ Der Pfarrer bittet den Bürgermeister, beim Denkmalschutzamt einen Zuschuss für die Restaurierung zu beantragen.

    Von einer Magd gerettet

    Ursprünglich stand am Platz der Hofkapelle ein viel älteres Gotteshaus, das 1864 dem im neuromanischen Stil erbauten Kapellchen weichen musste. Die Entstehungszeit des Altars schätzt Karl Endres in seinem Heimatbuch auf etwa 1650. Die Figuren und das Altarbild aus der Werkstatt Riemenschneiders sind sogar noch älter.

    Karl Endres zeichnet in seinem Buch auch den Weg des Kunstwerks nach Hof Lilach nach. Der mündlichen Überlieferung zufolge rettete eine katholische Magd aus Herchsheim das nach dem Bildersturm der Reformation im Dreck liegende Altarbild. Sie brachte es mit nach Hof Lilach, wo sie eine neue Stelle fand. Allerdings habe erst im Jahr 1898 ein Kunstexperte das Altarbild als ein Jugendwerk Riemenschneiders erkannt, schreibt Endres. „Vollendeteres als den Kopf des Lieblingsjüngers (mit der üblichen Haarfülle) hat Riemenschneider kaum geschaffen“ zitiert er den Kunsthistoriker Adolph von Oechelhäuser.

    Sobald der Wert des Kunstwerks bekannt war, brachten die Bewohner von Hof Lilach das Altarbild in Sicherheit. Sie deponierten es im Wohnzimmer des Stabhalters Merkert, wo es vor Diebstahl sicher war. Als Stabhalter wurde in früherer Zeit der Ortsvorsteher in kleinen Ansiedlungen genannt. Bei Merkert wurden Endres zufolge viele Kunstliebhaber vorstellig, die alle das kostbare Meisterwerk kaufen wollten.

    Lourdes-Grotte angebaut

    Den Zuschlag erhielt schließlich, wie schon erwähnt, Baron Rothschild im Jahr 1926. Die 45 000 Mark, die die Lilacher dafür erlösten, sollen dem Wert der Getreideernte des Weilers in diesem Jahr entsprochen haben. Ausgerechnet ein Tauberbischofsheimer, der Steuerberater Dr. Johann Pfeil, entdeckte später die als verschollen geglaubte Pieta in der Kunstsammlung der Familie Thyssen in der Nähe von Lugano.

    Die Hofkapelle weist als Besonderheit auch noch einen merkwürdigen, niedrigen runden Annex auf. Die sogenannte Lourdes-Grotte wurde später angebaut und ist eine Nachbildung jener Grotte bei Lourdes in Südfrankreich, in der das Bauernmädchen Bernadette Soubirous 1858 eine Marienerscheinung gehabt haben will.

    Insgesamt gibt es in den vier Ortsteilen acht Kapellen: zwei in Vilchband, drei in Unterwittighausen, die Sigismundkapelle in Oberwittighausen und die beiden in Hof Lilach. Bürgermeister Henneberger plant, sie alle in absehbarer Zukunft mit einem Kapellen-Wanderweg zu verbinden. Dann könnte die Altarbild-Kopie mehr Bewunderer finden.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden