Ganz im Sinne des Sprichworts "Humor ist, wenn man trotzdem lacht" wird in herausfordernden Zeiten, in denen scheinbar unumstößliche Überzeugungen ins Wanken geraten, viel Resilienz nachgefragt. Und diese Standhaftigkeit stellte die Narrengesellschaft "Strumpfkapp Ahoi" Lauda eindrucksvoll mit ihrer Prunk- und Fremdensitzung in der so rasch wie noch nie lange ausverkauften, prächtig dekorierten Stadthalle eindrucksvoll unter Beweis. Nach wie vor ist die Fremdensitzung, die Gäste aus nah und fern mit vielen Gastabordnungen zusammenbringt, mit ihren närrischen und tänzerischen Höhepunkten ein absolutes Highlight der Saalfasnacht im Narrenring Main-Neckar.
Ohne die Gerlachsheimer Musikanten, die umsichtig und flink die Gäste mit Speisen und Getränken versorgten, und natürlich die umsichtige Musikkapelle Grünsfeld mit ihrem souverän dirigierenden Leiter Thomas Mohr wäre das Event undenkbar. Die "Fränkischen Herolde" begleiteten das Prinzenpaar und seine Garde auf die Bühne.

So geriet das erstklassige Fasnachts-Spektakel dank toller Darbietungen und unglaublich vieler ehrenamtlichen Helfer vor und hinter der Bühne zu einem riesigen Geschenk der Narren an ihre Heimatstadt und die Region. Der über vierstündige Abend bescherte ohne "Durchhänger allen Mitwirkenden und Gästen in geselliger Atmosphäre manche Glücksmomente.
Viel wurde auf der Bühne gekehrt, aber nichts unter den Teppich, ausgegrenzt wurde niemand – außer in der Bütt die Autokraten Trump und Putin. NG-Präsident Stefan Schulz bedauerte es augenscheinlich, diesmal nicht, mit seinem Freund Holger Ebert, Präsident der "Öwerlaudemer Rootze", frotzeln zu können, der das Bett hüten musste.
Umwerfende Tanzdarbietungen
Eine Augenweide waren wie in den Vorjahren die Respekt einflößenden "Schlothegschen", die gleich zum Auftakt mit ihren traditionellen Masken die Bühnentreppe eroberten. Akrobatisch-künstlerische Höchstleistungen und Präzision zeigten die Tänzerinnen der drei einheitlich in Rot und Weiß kostümierten Garden der NG Lauda.
Mit aktuellen Narrenring-Titeln und Qualifikationen für die Süddeutschen Meisterschaften stellen sie alljährlich die Garantie für tänzerischen Extraklasse unter Beweis. Befreit von allem Druck bei Meisterschaften heimsten sie im Verlauf des Abends wieder mit bestechend choreografierten Garde- und Schautänzen frenetischen Applaus ein. Zum Auftakt gefielen die Tanzmariechen Elies Schulz und Tanzmajor Luis Heinrich. Die "Listigen Elfen" zeigten als zauberhaft verkleidete Zebras mit buntem Kopfschmuck, wie unterhaltsam sich ein ereignisreicher Tag in der Savanne verbringen ließ.

Im Narrenring Main-Neckar genießt Peter Bienert als "Isegrim vom Unterschloss" viel Anerkennung. Auch in der Laudaer Bütt fand das Aushängeschild der FG "Hordemer Wölf" für die unglaublichen Kehrtwenden im politischen Zeitgeschehen scharfe Spitzen, die über den spaßigen Moment hinaus aufzurütteln verstanden. Seinen eigenwilligen Jahresrückblick präsentierte wieder Bütten-Urgestein Ralf Zack Zang, ausgezeichnet als Prinz Zack I. aus Schneeberg.
Lokalkolorit vom Feinsten
Für das Lokalkolorit sorgten die "Laudemer Hexen" mit Gitarrist Siggi Kemmer, die wieder Ungereimtheiten des lokalen Geschehens in Politik und Wirtschaft mit bissiger Satire aufspießten. Energisch besungen und mit Plakaten verdeutlicht wurde, was aus dem Hauptknotenpunkt der Bahn geworden ist, mit der sich so manche Irrfahrten erleben lassen. Warum das letsche Schuhgeschäft dichtmachte, weil "der Lindebom vorm Geschäft si Blätter hot falle lasse", war nicht vermittelbar. Das Fehlen von Bastel-Waren, Schreibutensilien oder Bekleidung wurde süffisant mit dem Schlager "Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben" von Jürgen Marcus besungen.
Auch sonst: Alles würde bis zur Haustür geliefert, doch bei Defekten kämen die Probleme: "Wertarbeit wie früher, ja, die gibt es heut´nicht mehr", beschreiben die Hexen die Lage und vermissen allerorten die Beratung. Den Sommer am Laudemer Stadtstrand mit Liegestühlen und den Wochenmarkt trällerten die Hexen mit Freddy Quinns Hit "So schön war die Zeit" hinterher. Völliges Unverständnis zeigten sie mit einer weiteren Spielszene über die Pläne eines Ärztehauses, der sich scheinbar in Luft auflöste. Ein toller und gehaltvoller Auftritt der bis unter die Haarspitzen der knallroten Perücken hoch motivierten Hexen, die den Nerv der Einheimischen trafen.

Wie im Vorjahr riss die Prinzengarde als Werwölfe, die Angst und Schrecken verbreiten, die Zuschauer regelrecht von den Sitzen. Schon mit der Qualifikation für die Süddeutsche Meisterschaft ausgezeichnet, überzeugten die Strumpfkäppli mit ihrem originellen Schautanz "Kids only". Sehr kreativ präsentierte sich die Juniorengarde, die das Motto "Nur ein Künstler oder doch mehr?" schwungvoll mit vielen Bildern vertanzte.
Vom Präsidenten vor die Wahl gestellt, erwiesen sich gegenüber den starke "Raketen", die mit vier Stufen gezündet wurden, doch die La-Ola-Wellen als die zumeist von den Tänzerinnen bevorzugte Auszeichnung. Lautstark eroberten die Musiker der "Brandwache Abbedool" aus Külsheim die Bühne und sorgten mit satirischen Kommentaren für gute Stimmung.
Ungewöhnlich besinnliche Momente
Eine echte Überraschung war der Auftritt der aus Lauda-Königshofen scheidenden Pfarrer Stefan Märkl und Ralph Walterspacher, die mit dem stilvoll mit den Zuhörern gesungenen Kirchenlied 2Großer Gott, wir loben dich" für einen reizvollen Kontrast sorgten, der für ungeteilte Aufmerksamkeit an ausnahmslos allen Tischen sorgte.
Mit dem "Dream-Team" Elfriede (Hubert Knötgen) und Karl-Frieder (Jürgen Waldecker) stiegen zwei Urgesteine der Saalfasnacht auf das schneeweiße Traumschiff, das mit den Elferräten die Stadthalle kurzerhand zum Hafen umfunktionierte.

Bürgermeister Lukas Braun nahm seine Entmachtung im Rathaus zu Beginn der Fasnacht durch Eure Lieblichkeit Prinzessin Heike II. und Prinz Heiko I. und den Elferrat nicht krumm. Er ließ sich nicht lange bitten, als Pirat mit weiteren Sponsoren beim Elferratstanz die Beine zu schwingen und eine vorzeigbare Figur abzugeben.
Rotzfreche Reinmache
Elfriede Schäufele präsentierte sich als bodenständige Putzfrau, die rotzfrech und nie um einen Spruch verlegen den Saal zum Brodeln brachte. Weil ein Gag nach dem anderen zündete, wurden die Lachmuskeln aufs Äußerste strapaziert. Kein Wunder, ist sie doch ein Star der Schwäbischen Fasnet, der auch in Lauda einer der Höhepunkte des Abends war. Selbst als Sängerin glänzte dieses – trotz ihrer Größe – enorm bewegliche Naturtalent, das auch mit einer Gesangseinlage und mit Tuchfühlung zum Publikum für einen der Höhepunkte des Abends sorgte.
Fazit des Abends: Einmal einen Perspektivwechsel zu wagen, gemeinsam zu lachen, selbst wenn die Umstände schwierig sind; dieses voll erfüllte Bedürfnis machte die diesjährige Fremdensitzung zu einem rundum begeisternden Event.
Da es trotz straffer Führung des Präsidenten, der gewünschte Zugaben auch mal dezent abwürgen musste, nicht ganz gelang, wie vorgesehen bis 23.59 Uhr den offiziellen Teil über die Bühne zu bringen, feierte die Narrenschar an der Bar nach Mitternacht unverdrossen weiter.
