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TAUBERBISCHOFSHEIM: Matthias Grünewald schuf vor 490 Jahren den Tauberbischofsheimer Altar

TAUBERBISCHOFSHEIM

Matthias Grünewald schuf vor 490 Jahren den Tauberbischofsheimer Altar

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    Geheimnisvoll: Matthias Grünewald zählt zu den faszinierendsten Künstlern seiner Zeit. Bis heute beeindrucken die Ausdruckskraft seines Werkes und dessen wegweisende künstlerische Kraft. Ein Höhepunkt seines Schaffens ist der sogenannte Tauberbischofsheimer Altar, der in diesem Jahr Jubiläum feiert. Für ihn hat Grünewald vor 490 Jahren zwei berühmte Gemälde geschaffen: die „Kreuztragung“ und die „Kreuzigung“.

    Niemand weiß etwas Genaues über Matthias Grünewald. Selbst sein Name ist falsch. Der, den wir heute Grünewald nennen, wurde vermutlich um 1475/80 in Würzburg unter dem Namen Mathis Nithart oder Mathias Gothart Nithart geboren. Auch wie er zu Grünewald wurde, ist nicht mehr nachzuvollziehen. Jedenfalls hat man sich darauf geeinigt, jenen Maler, den der Künstlerbiograf Joachim von Sandrart als „ungemeinen Meister beschrieb, bei dem Natur und Geist Wunder gethan“, Matthias Grünewald zu nennen.

    Nach seiner Ausbildung als Maler sind erste Werke seit etwa 1503 bekannt. Als sein Hauptwerk gilt der zwischen 1512 und 1515 geschaffene „Isenheimer Altar“. Besonders populär ist die 1517 bis 1519 als Stiftung für die Aschaffenburger Stiftskirche entstandene sogenannte „Stuppacher Madonna“. Während des Bauernkrieges wurde Grünewald aus dem Dienst des Erzbischofs von Mainz entlassen, war als Seifensieder in Frankfurt am Main tätig und dann als „Wasserkunstmeister“ in Halle an der Saale, wo er am 31. August 1528 starb.

    Im Dunkeln liegt die Entstehung von Grünewalds Tafel für den Tauberbischofsheimer Altar. Quellen, die direkte Hinweise geben könnten, fehlen. Mit detektivischem Spürsinn hat Wilhelm Ogiermann 1955 in seinem Beitrag für die Stadtchronik das dürftige Quellenmaterial gesichtet und Schlüsse gezogen. Seine Erkenntnisse lassen die Verantwortlichen in Tauberbischofsheim in keinem guten Licht erscheinen.

    Nach Ogiermann entstand das Kunstwerk um 1523/24. Als Auftraggeber vermutet er Pfarrer Friedrich Virnkorn. Er stiftete nicht nur den Kreuzaltar in Tauberbischofsheim, sondern war auch Altarist in Aschaffenburg. Dort könnte er den „Meister Mathis Maler zu Aschaffenburg“ kennengelernt und die Tafel mit den zwei Gemälden bestellt haben.

    Unsicher ist auch, für welchen Platz die Bilder ursprünglich vorgesehen waren. Im 18. Jahrhundert wird der Kreuzaltar der Kapelle am nördlichen Seitenschiff der Kirche genannt. 1847 oder 1857 – die Jahreszahl ist unleserlich – berichtete Bezirksinspektor Moosbrugger über den schlechten Zustand der Tafel und schlug eine Restaurierung vor. 112 Gulden sollte sie kosten, wurde aber nicht durchgeführt. Schmutz und Feuchtigkeit setzten dem Kunstwerk immer mehr zu. Mit der Zeit geriet seine Bedeutung zusehends in Vergessenheit.

    1875 entfernte der Pfarrer die Tafel sogar aus der Kirche und überließ sie einem Vergolder, um Schulden zu begleichen. Es war Oskar Eisenmann, der spätere Direktor der Kasseler Galerie, der bei einer Reise Tauberbischofsheim besuchte und die Bilder als Grünewalds Werk identifizierte. Er veranlasste den deutsch-amerikanischen Kunstsammler Edward Habich, die Tafel 1882 für 2000 Goldmark zu kaufen. Ein Restaurator in Kassel erneuerte die Tafel, die anschließend, um die Bilder besser ausstellen zu können, auseinandergesägt wurde.

    In der Kasseler Galerie erregten Grünewalds Bilder großes Aufsehen. Nach acht Jahren meldete sich das erzbischöfliche Ordinariat in Freiburg und forderte das Altarbild zurück, es sei der Pfarrkirche zu Tauberbischofsheim „zu Unrecht entwendet“ worden. Man schloss einen Handel ab: Sammler Habich erhielt für seine Unkosten 7000 Mark, Tauberbischofsheim das Kunstwerk.

    Im Chor der Pfarrkirche war es von 1889 bis 1893 untergebracht, wo es aufgrund der Feuchtigkeit weiter Schaden nahm. Der Pfarrer nahm die Bilder daraufhin und stellte sie in den Flur seiner Wohnung. In der Folgezeit kam es zu langwierigen Verhandlungen zwischen dem Stiftungsrat von Tauberbischofsheim, dem Oberstiftungsrat von Karlsruhe, dem Ordinariat in Freiburg und der Großherzoglich-Badischen Regierung in Karlsruhe. 1900 verständigte man sich endlich darauf, das Kunstwerk an die Badische Gemäldegalerie für 40 000 Mark zu verkaufen. Der Kaufvertrag vermerkt ausdrücklich, die Bilder seien „im Interesse der Erweiterung der Pfarrkirche“ veräußert worden.

    „Wir Tauberbischofsheimer Bürger werden es niemals ganz verschmerzen können, daß diese kostbaren Gemälde unsere Stadt verlassen haben“, klagt Ogiermann. In seinem Aufsatz fordert er die „gesamte Stadt“ dazu auf, die Gemälde – von denen sich jetzt nur noch Kopien in Tauberbischofsheim befinden – wieder zum Mittelpunkt des Betens und der religiösen Betrachtung werden zu lassen.

    Immerhin: Zum Andenken an Matthias-Grünewald erhielt das Gymnasium der Stadt seinen Namen. Das feiert 2013 ebenfalls großes Jubiläum. Vor 325 Jahren, im Jahr 1688, begannen Franziskanermönche, begabte Jugendliche aus der Region in einer Lateinschule zu unterrichten.

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