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STUTTGART: Mit Wespen gegen Spinnen

STUTTGART

Mit Wespen gegen Spinnen

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    Nützlich: Der Entomologe Lars Krogmann hält einen Schaukasten mit Captain Cook's Wespen (Agenioideus nigricornis) im Löwentormuseum in Stuttgart (Baden-Württemberg). Die Captain Cook's Wespe soll im Kampf gegen den Maiszünsler helfen.
    Nützlich: Der Entomologe Lars Krogmann hält einen Schaukasten mit Captain Cook's Wespen (Agenioideus nigricornis) im Löwentormuseum in Stuttgart (Baden-Württemberg). Die Captain Cook's Wespe soll im Kampf gegen den Maiszünsler helfen. Foto: Foto: dpa

    „Plagegeister!“ Für viele Freiluft-Freunde sind Wespen bestenfalls brummende Störenfriede. Doch Insektenforscher Lars Krogmann vom Stuttgarter Naturkundemuseum weiß es besser. In Deutschland helfen sie beim Kampf gegen den Maiszünsler, in Australien könnten sie eine giftige Spinne im Zaum halten: Wespen sind viel nützlicher, als vielen Menschen bekannt ist. Der Stuttgarter Insektenforscher Lars Krogmann vom Staatlichen Naturkundemuseum nimmt die zum Teil kaum ein Millimeter großen Tierchen seit Jahren ganz genau unter die Lupe. Dabei entdeckt er immer wieder neue Arten – aber auch mal erstaunliche Eigenarten.

    „Captain Cook's Wespe“ heißt eine rund ein Zentimeter große Art, die den 36 Jahre alten Entomologen vor kurzem auf der anderen Seite des Globus' bekanntgemacht hat. Mit einem Kollegen fand Krogmann heraus, dass das weithin unerforschte Tier ein natürlicher Feind der giftigen Rotrückenspinne ist. Rund 300 Mal im Jahr wird in Australien Gegengift gegen Bisse dieser Spinne verabreicht, die ähnlich gefährlich ist, wie die Schwarze Witwe. „Wenn es ganz unglücklich läuft, kann ein Biss sogar tödlich sein“, sagt der Forscher. Tückisch: Rotrückenspinnen suchen gerade die Nähe zu Menschen, weil sie hier viele geschützte Ecken finden.

    Bislang galten die Spinnen als recht unbehelligt. Doch der gebürtige Hamburger Krogmann und sein australischer Kollege entdeckten, dass die zuletzt fast vollständig in Vergessenheit geratene Captain Cook's Wespe den gefährlichen Achtbeinern ganz gern mal den Garaus macht. Dabei geht sie nicht gerade zimperlich vor.

    Zukunftsmusik

    Erst lähmt die Wegwespe ihr Opfer mit einem Stich und legt dann ein Ei auf der Spinne. Nachdem die Larve geschlüpft ist, frisst sie sich regelrecht durch ihr noch lebendes Opfer. „Sie essen zunächst nur die Teile, die nicht tödlich sind, damit ihre Beute so lange wie möglich frisch bleibt“, erklärt der Wissenschaftler.

    Obwohl die Wespe schon 1775 zum ersten Mal beschrieben wurde, brachte erst ein Zufall die neuen Erkenntnisse ans Licht. Krogmann entdeckte in einer Sammlung ein Wespen-Exemplar, das mit „Redback-Killer“ (Rotrücken-Mörder) beschriftet war. Fast zeitgleich schickte ein neunjähriger Junge ein Foto von einer Wespe, die eine Spinne zu ihrem Nest schleppte. Darauf ging Krogmann der Sache in Australien nach. Er hält es für denkbar, dass die Wespen eines Tages zum Kampf gegen die Spinne gezüchtet und auch in Japan oder Neuseeland eingeführt werden, wo die Spinnen ebenfalls verbreitet sind. Aber das sei noch Zukunftsmusik. „Erst mal muss man die Biologie der Wespen genau kennen.“

    Auf anderen Feldern ist der Nutzen von Schlupf-, Erz- und Wegwespen aber längst bekannt. Kleine Tiere werden in Deutschland etwa zur Bekämpfung von Maiszünslern und Kornkäfern eingesetzt. Auch gegen Blattläuse schwärmen die Hautflügler schon mal aus. Krogmann versucht, möglichst viele Arten zu finden und einzuordnen. Mit bloßem Auge kommt er kaum weiter. Die kleinsten schwarzen Punkte in seinem Schaukasten sind selbst mit Lupe kaum voneinander zu unterscheiden.

    Gefangen werden die Insekten meist mit einem Kescher und einer Art „Mini-Staubsauger“. Nicht alle der mehr als 100 000 weltweit beschriebenen Arten sind winzig: Die größten Wegwespenart etwa hat eine Flügelspannweite von bis zu acht Zentimetern. In Deutschland sind über 7000 parasitische Wespenarten bekannt. In der Sammlung des Museums finden sich rund 350 000 Hautflügler wie Wespen, Bienen und Ameisen. Neue Tiere werden heute mit flüssigem Kohlendioxid in Millisekunden getrocknet und so präpariert, dass sie nach dem Tod länger in Form bleiben. Um die Insekten besser unterscheiden zu können, bauen die Museumswissenschaftler eine Gendatenbank mit auf, in der wesentliche Sequenzen des Erbguts gespeichert werden.

    Das Verhalten studieren

    Krogmann arbeitet auch mit Forschern der Stuttgarter Universität Hohenheim Hand in Hand. Diese züchten Wespen und studieren ihr Verhalten. Schädlingsbekämpfung ist ein wichtiger praktischer Aspekt der Gemeinschaftsarbeit. An der Uni werden etwa Lagererzwespen zur Bekämpfung von Kornkäfern gezüchtet. Auch im Naturschutz spielen Krogmanns Erkenntnisse eine Rolle, wie er deutlich macht: „Man muss die Arten kennen, bevor man sie beobachten und schützen kann.“

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