Die Podiumsdiskussion zur Gesundheitspolitik, die anlässlich der Bundestagswahl im AOK-KundenCenter Tauberbischofsheim stattfand, brachte für die zahlreichen Zuhörer interessante Erkenntnisse: Weitgehender Konsens herrschte bei den Themen „Krankenhausstrukturen vor Ort“ oder „Möglichkeiten zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Pflegekräften“ – lediglich unterschiedliche Wege zur Zielerreichung wurden dargestellt. Das Thema Bürgerversicherung spaltete die Parteivertreter hingegen deutlich, heißt es in der Pressemitteilung der veranstaltenden AOK.
Beim Bereich „Zukunft der ärztlichen Versorgung auf dem Lande“ waren sich die Bundestagskandidaten noch einig: Hier „besteht erheblicher Handlungsbedarf“. Charlotte Schneidewind-Hartnagel (Bündnis 90/Die Grünen) regte an, „bessere Anreize für Mediziner zu schaffen, sich in ländlichen Regionen anzusiedeln“. Alois Gerig (CDU) forderte die Einführung einer Landarztquote und die Abschaffung des Numerus Clausus für Medizinstudenten. Gleichzeitig sprach sich der Bundestagsabgeordnete für Stipendien aus, wenn sich die Studenten vertraglich verpflichten, nach ihrem Abschluss einige Jahre in Praxen auf dem Land zu arbeiten.
Rolf Grüning (Die Linke) schlug vor „die private Krankenversicherung aufzulösen und in die gesetzliche Krankenversicherung zu integrieren. Dies würde auch in diesem Bereich viele Probleme lösen“, war er sich sicher. Für Stefan Müller-Reiter, der als Vertreter der FDP-Kandidatin Carina Schmidt auf dem Podium saß, war der Vorschlag der Linken „völlig kontraproduktiv“. „Wir müssen die extremen Reglementierungen für Hausarztpraxen beseitigen“, sagte der Mediziner.
Prävention ausbauen
Dorothee Schlegel (SPD) möchte mehr medizinische Zentren auf dem Land etablieren und die Prävention deutlich ausgebaut wissen. Die Geschäftsführerin der AOK Heilbronn-Franken, Michaela Lierheimer, verwies darauf, dass die Haus- und Facharztverträge der AOK der ärztlichen Landflucht entgegenwirken. Diese führten zu einer höheren Entlohnung der Praxen, verringertem bürokratischem Aufwand und verbesserten die Patientenversorgung.
Beim Themenkomplex „Krankenhausversorgung auf dem Land“ plädierten alle Kandidaten dafür, eine Grundversorgung für alle Menschen in direkter Nähe des Wohnortes zu erhalten. Rolf Grüning kritisierte die Zunahme von privaten Kliniken und das damit einhergehende Profitstreben, während Stefan Müller-Reiter „die sehr gute Krankenhausstruktur im Main-Tauber-Kreis“ lobte.
Dorothee Schlegel betonte, dass die Regierungskoalition für den stationären Bereich „verbindliche Pflege-Mindeststandards festgelegt habe, die für alle Einrichtungen gelten“. Charlotte Schneidewind-Hartnagel forderte „einheitliche Versorgungsstrukturen für Stadt und Land“, wobei sie „defizitäre Betriebe hinterfragen möchte“. Alois Gerig wies auf personelle Probleme hin. Es sei eine „vordringliche Aufgabe, den Pflege- und Krankenpflegeberuf für junge Menschen attraktiver zu machen und besser zu entlohnen“.
Michaela Lierheimer sieht bei den Krankenhäusern „eine Unter-, Über- und Fehlversorgung“. Das Hauptaugenmerk bei den Krankenhäusern müsse daher auf der Qualität liegen. Zugleich unterstrich sie, dass eine „Grundversorgung vor Ort auf jeden Fall erhalten bleiben muss“. Die Politik sei in der Pflicht, so die AOK-Geschäftsführerin, dafür zu sorgen, dass gute und schlechte Leistungen unterschiedlich entlohnt werden könnten, „damit sich die Qualität am Ende durchsetzt“.
Kontrovers: Versicherungsmarkt
Völlig kontrovers wurde der „einheitliche Versicherungsmarkt“ diskutiert. Die Kandidaten von SPD, Grünen und Linke sprachen sich für eine Bürgerversicherung aus, um „ein solidarisches Gesundheitssystem zu ermöglichen“. Die vollständige Abschaffung der privaten Krankenversicherung (PKV) hatte allerdings nur die Linke im Visier. Demgegenüber möchte FDP-Vertreter Müller-Reiter unbedingt an der PKV festhalten, da sie für die Entlohnung von Ärzten große Bedeutung besitze. MdB Gerig sieht das Nebeneinander von PKV und gesetzlicher Krankenversicherung (GKV) differenziert. Akut sieht er keinen Handlungsbedarf, mittelfristig müsse man das Nebeneinander von Gesetzlicher und Privater Krankenversicherung aber hinterfragen.
Zum Abschluss der Podiumsdiskussion konnten die Zuhörer Fragen notieren, die von den Kandidaten beantwortet wurden.