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Weikersheim: Scheitern ist das Wichtigste

Weikersheim

Scheitern ist das Wichtigste

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    Raumfahrttechnologie war Thema einer Veranstaltung der Wittenstein-Stiftung mit Moderator Benedikt Hofmann, Professor Klaus Schilling (Vorstand des Zentrums für Telematik Würzburg), Hans Koenigsmann (ehemaliger Vizepräsident und Chefingenieur von Space-X) und Fotokünstler Michael Najjar.
    Raumfahrttechnologie war Thema einer Veranstaltung der Wittenstein-Stiftung mit Moderator Benedikt Hofmann, Professor Klaus Schilling (Vorstand des Zentrums für Telematik Würzburg), Hans Koenigsmann (ehemaliger Vizepräsident und Chefingenieur von Space-X) und Fotokünstler Michael Najjar. Foto: Michael Pogoda

    Rund 400 Gäste nahmen in der Tauberphilharmonie Weikersheim und via Livestream an der siebten Veranstaltung der Reihe "Enter the future" der Wittenstein-Stiftung teil. Die Referenten Professor Dr. Klaus Schilling und Dr. Hans Koenigsmann zeigten auf, welche Herausforderungen und Chancen in der technologischen Eroberung des Weltalls stecken und welche verschiedenen Herangehensweisen es diesbezüglich weltweit gibt. Ergänzt wurde die Expertenrunde um den renommierten deutschen Fotokünstler Michael Najjar, berichtet die Stiftung in einer Pressemitteilung, der folgende Informationen entnommen sind.

    Sowohl das Publikum vor Ort als auch die Zuschauer im Livestream hatten die Möglichkeit, Fragen an die Referenten zu stellen.
    Sowohl das Publikum vor Ort als auch die Zuschauer im Livestream hatten die Möglichkeit, Fragen an die Referenten zu stellen. Foto: Michael Pogoda

    Mit der Videoarbeit "Starship" von Najjar, die in Weikersheim ihre Deutschlandpremiere feierte und die Entwicklung der neuen Rakete von Elon Musks Unternehmen Space-X dokumentiert, wurde das Publikum gleich zu Beginn auf einen spacigen Abend in der Tauber-Philharmonie und vor den Bildschirmen zuhause eingestimmt. „Themen lebendig zu gestalten, wie hier durch anregende Bilder, die einem zum Nachdenken und Nachfragen stimulieren – das ist das Ziel, welches wir heute Abend nun bereits zum siebten Mal im Rahmen von ,Enter the future‘ verfolgen“, griff Manfred Wittenstein, Stifter und Kuratoriumsvorsitzender der Wittenstein-Stiftung, die künstlerische Inszenierung auf. Er betonte zudem die zahlreichen Möglichkeiten, die die technische Eroberung des Weltalls mit sich bringt und appellierte, sich mit diesem Themenkomplex frühzeitig und kritisch auseinanderzusetzen.

    Der Himmel über uns wird voller

    Die neuen wirtschaftlichen Chancen und Anwendungsfelder, die sich mit dem so genannten "New Space" erschließen, erläuterte der erste der beiden Referenten, Professor Dr. Klaus Schilling, Vorstand des Zentrums für Telematik und ehemaliger Professor für Raumfahrttechnik an der Stanford University und an der Universität Würzburg. Er zeigte eine Übersicht der Satelliten, die sich im Orbit befinden, bereits heute Unmengen an Informationen erzeugen und zu Alltagshelfern für uns alle werden.

    Klaus Schilling ist Vorstand des Zentrums für Telematik und ehemaliger Professor für Raumfahrttechnik an den Universitäten Würzburg und Stanford.
    Klaus Schilling ist Vorstand des Zentrums für Telematik und ehemaliger Professor für Raumfahrttechnik an den Universitäten Würzburg und Stanford. Foto: Michael Pogoda

    Wurden zwischen 1957 und 2019 insgesamt etwa 8500 Objekte ins All geschossen, brachte allein Starlink in den letzten vier Jahren mehr als 5000 Satelliten in den Orbit – was immer noch erst rund zehn Prozent der beantragten Funklizenzen entspricht. Dieser drastische Anstieg sei vor allem der Realisierung von Kleinstsatelliten geschuldet, die kostengünstig, standardisiert und mit schnelleren Innovationszyklen hergestellt werden können. Sie dienen nicht nur diversen Informationsübertragungen wie dem Füllen von Mobilfunklöchern, autonomen Fahren oder Notfalleinsätzen, auch Erdbeobachtungen beispielsweise von Waldschäden, Umweltverschmutzung oder Überflutungen sowie "Cloud-CT", eine Computertomographie-Methode für das Innere von Wolken zur Verbesserung der Wettervorhersagen, gehören bereits zur gängigen Technologie.

    Welche Herausforderung die Starts der Satelliten, die heutzutage zu 80 Prozent kommerziell stattfinden, mit sich bringen, verdeutlichte Schilling auch in der Diskussionsrunde mit dem Publikum: „Bisher gibt es keine offiziellen ‚Verkehrsregeln‘ für den Orbit. Es ist daher enorm wichtig, das Weltraumrecht weiter voranzubringen – einerseits um die Ressource Weltraum auch für künftige Generationen noch zugänglich zu machen, andererseits werden die Dienstleistungen aus dem All mittlerweile überall genutzt. Dies dürfen wir uns nicht verbauen, indem wir eines Tages in Weltraumschrott ersticken.“

    Menschheit multiplanetar machen

    Die Kommerzialisierung des Weltalls war auch Mittelpunkt des Vortrags von Dr. Hans Koenigsmann, Mitglied des Aufsichtsrats des Bremer Raumfahrt- und Technologiekonzerns OHB und ehemaliger Vizepräsident sowie Chefingenieur von Elon Musks Raumfahrtunternehmen Space-X, welches es sich seit seiner Gründung im Jahr 2002 zum Ziel gesetzt hat, die Menschheit multiplanetar zu machen.

    Hans Koenigsmann ist Mitglied des Aufsichtsrats des Raumfahrt- und Technologiekonzern OHB und ehemaliger Vizepräsident sowie Chefingenieur von Elon Musks Raumfahrtunternehmen Space-X.
    Hans Koenigsmann ist Mitglied des Aufsichtsrats des Raumfahrt- und Technologiekonzern OHB und ehemaliger Vizepräsident sowie Chefingenieur von Elon Musks Raumfahrtunternehmen Space-X. Foto: Michael Pogoda

    Dies gelinge nur dadurch, Raketenstarts kostengünstiger zu realisieren – folglich darüber, Raketen langfristig wiederverwendbar herzustellen. Vor wenigen Jahren noch dafür belächelt und als unmöglich abgetan, landete die Erststufe der zum Teil wiederverwendbaren Falcon-9-Rakete schon mehr als 200 Mal wieder auf der Erde und wurden erfolgreich wiederverwendet. Die Rakete werde in Verbindung mit dem Dragon-Raumschiff zur Versorgung der Internationalen Raumstation (ISS) verwendet und transportiere neben Nahrungsmitteln und technischem Equipment auch (kommerzielle) Astronauten.

    Mit dem neuen "Starship" soll ein vollständig wiederverwendbares und dadurch sehr kostengünstiges Trägersystem hergestellt werden, das bemannte Missionen zum Mond und zum Mars ermöglichen soll. Erst vor wenigen Wochen fand der zweite Testflug statt, den Medien in Deutschland und den USA völlig unterschiedlich interpretierten. Wertete man hierzulande die Zerstörung beider Stufen der Rakete nach einigen Minuten als Fehlschlag, sah man den Versuch in den USA als vollen Erfolg und weiteren wichtigen Schritt an.

    Start, wenn Erfolg möglich ist, nicht wenn Misserfolg unmöglich ist

    Michael Najjar ist ein international renommierter Fotokünstler, der sich mit Weltraumtechnologie beschäftigt.
    Michael Najjar ist ein international renommierter Fotokünstler, der sich mit Weltraumtechnologie beschäftigt. Foto: Michael Pogoda

    „Wir starten die Rakete, wenn Erfolg eine Möglichkeit ist – und nicht wenn Misserfolg unmöglich ist. Wenn man Fehler ausschließen will, würden wir nur alle drei Jahre einen Versuch wagen. Daher probieren wir es einfach und meistens passieren Dinge, die wir nicht erwartet haben. Aber genau aus diesen Fehlern lernen wir am meisten und schnellsten. Wir müssen scheitern, um weiterzukommen“, so Koenigsmann, der, als vierter Mitarbeiter der Firma, Space-X nahezu von Anfang begleitet. Bereits beim nächsten oder übernächsten Testflug rechnt er damit, dass die Starship-Rakete in eine Erdumlaufbahn eintreten werde. Sollte dies gelingen, hätte Space-X die kostengünstigste Trägerrakete aller Zeiten umgesetzt, vor allen traditionellen Raumfahrtunternehmen weltweit.

    Michael Najjar, dessen auf der Bühne ausgestellten Werke beim letzten Raketenstart entstanden sind und erstmals der Öffentlichkeit präsentiert wurden, bezeichnete die Rakete ebenfalls als fundamentale zivilisatorische Transformation: "Starship wird alles verändern. Wir alle werden Zugang zum Weltall erhalten und den Planeten sukzessive verlassen. Meine Aufgabe sehe ich darin, Kunst, Wissenschaft und Technologie zusammenzubringen und in Form von künstlerischer Arbeit das Publikum zum Dialog anzuregen", so der Foto- und Videokünstler, der selbst für einen kommerziellen Flug in den Weltraum trainiert.

    10.000-Euro-Spende für die "MINT-Region Main-Tauber"

    Spende der Wittenstein-Stiftung für die "MINT-Region Main-Tauber" (von links): Manfred Wittenstein, Vorsitzender Christoph Schauder, Klaus Schilling, Hans Koenigsmann und Michael Najjar.
    Spende der Wittenstein-Stiftung für die "MINT-Region Main-Tauber" (von links): Manfred Wittenstein, Vorsitzender Christoph Schauder, Klaus Schilling, Hans Koenigsmann und Michael Najjar. Foto: Michael Pogoda

    Da die Akteure der Veranstaltung auf Honorare verzichteten, wurde das Geld stattdessen dem im Frühjahr 2023 gegründeten Verein "MINT-Region Main-Tauber" gespendet. Christoph Schauder, Landrat des Main-Tauber-Kreises und Vorsitzender des Vereins, nahm den Scheck dankend entgegen. Der neue Verein möchte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene für die Themen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik begeistern und bisherige MINT-Aktivitäten kreisweit anbieten. Auf diese Weise sollen Begabungen gefördert sowie der Nachwuchs in den akademischen und nichtakademischen Berufen mit Bezug zu MINT-Themen gesichert werden.

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