Bad Mergentheim (vtb) Es war im Mai 2005 an der Abzweigung zur B 290 in Richtung Herbsthausen: Die damals 18-jährige Angeklagte, die sich wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung vor dem Amtsgericht in Bad Mergentheim verantworten muss, bog in die Bundesstraße ein, ohne auf die Vorfahrtsschilder zu achten und übersah dabei einen Bus, der dort fuhr.
Zwar versuchte dessen Fahrer, als der BMW, den die junge Frau von den Eltern ausgeliehen hatte, plötzlich vor ihm auftauchte, noch zu bremsen und auszuweichen, vergebens. Beim Manöver nach links rammte er den Pkw - ein Unfall mit schrecklichen Folgen für die fünf Insassen des BMWs.
Die beste Freundin der Angeklagten wird schwer verletzt und stirbt einen Tag später im Krankenhaus, ein anderer Freund, 18 Jahre alt, kann heute noch nicht laufen und kaum sprechen, die Fahrerin selbst liegt dreieinhalb Wochen im Koma, ringt mit dem Tod, Milz und ein Teil des linken Lungenflügels müssen bei ihr entfernt werden. Ihr Becken ist seit dem Unfall verkürzt und auch im Gesicht trägt sie Spuren.
Warum sie den Bus übersah - daran könne sie sich nicht erinnern, sagt sie vor Gericht aus, macht sich aber schwere Vorwürfe. Als sie im Krankenhaus vom Tod ihrer Freundin erfährt, ruft sie aus: "Ich bin schuld."
Doch bei aller Tragik und der noch immer großen psychischen Belastung der jungen Frau durch einen Augenblick der Unaufmerksamkeit: Eine Reifeverzögerung oder "sittlich und geistige Unreife", welche die Vertreterin der Jugendgerichtshilfe und der Verteidiger bei der Angeklagten erkennen wollen, sehen weder Staatsanwalt noch Gericht. Somit wird nicht, wie vorgeschlagen, Jugendstrafrecht angewandt.
Um ihr den Eintrag des folgenschweren Fehlverhaltens ins polizeiliche Führungszeugnis zu ersparen, wird die gering verdienende Schülerin, die noch keine Perspektiven für die Zeit nach dem Abitur hat, zu 80 Tagessätzen á zehn Euro verurteilt. Damit schließt sich die Richterin der Forderung des Staatsanwaltes an. Sie empfiehlt der 19-Jährigen auch noch, endlich den schwer verletzten Freund zu besuchen - ein Treffen, das die junge Frau bisher stets vor sich her geschoben hat.