Moritz verwies auf eine Studie des Freiburger Internisten Joachim Bauer. Demnach leiden fast ein Drittel der Lehrer unter Stress, Beleidigungen und Aggressionen von Schülern und könnten sich krankschreiben lassen. „Konsequente Gesundheitsprävention reduziert den Krankenstand und die Zahl der Frühpensionierungen. Arbeits- und Gesundheitsschutz nützen auch dem Dienstherrn“, sagte Moritz.
Die Vorsitzende der Lehrergewerkschaft lehnte zugleich die Pläne des Landes ab, das Pensionsalter der Beamten im Südwesten schneller als im Bund oder bei den Rentnern auf 67 Jahre anzuheben: „Zunächst muss dafür gesorgt werden, dass die Lehrer die bisherige Pensionsgrenze von 65 Jahren auch gesund erreichen.“
Nach Angaben der GEW hatte Oettinger konkrete Maßnahmen für den Gesundheits- und Arbeitsschutz an den Schulen im Umfang von 4,2 Millionen Euro zugesichert. Das Konzept sollte im Zuge der geplanten Dienstrechtsreform für die Landesbeamten verwirklicht werden. Geplant war: eine konsequente Begleitung von Referendaren, ein Konzept für die fest eingestellten Lehrer, die Einstellung von Fachberatern für Gesundheitsschutz sowie eine verstärkte Suchtprävention.
Bei der Dienstrechtsreform geht es unter anderem auch um eine mehr leistungsbezogene Besoldung der Landesbediensteten. Die Reform ist zwischen dem Land und den Beamtenverbänden noch strittig. Sie soll bis Herbst 2009 beschlossen werden.
Die Situation an den Schulen hat sich nach Bauers Worten in den vergangenen 20 bis 30 Jahren grundlegend verändert. Die Pädagogen seien zunehmend mit aggressiven oder gewalttätigen Kindern und Jugendlichen mit psychischen Problemen konfrontiert. Die Herstellung einer halbwegs harmonischen Atmosphäre als Grundlage für erfolgreiches Lernen koste häufig die meiste Energie.
Die repräsentative Untersuchung unter 1000 Lehrern in Baden ergab, dass an den Hauptschulen während eines Jahres 62 Prozent der Pädagogen mindestens einmal schwer verbal beleidigt wurden. 13 Prozent der Lehrer gaben an, dass ihr Eigentum beschädigt wurde. Mit der Androhung von Gewalt hatten 11,5 Prozent zu tun, während etwa zwei Prozent der Pädagogen tatsächlich angegriffen wurden.
Die daraus folgenden Stressfaktoren und Erkrankungen sind nach Bauers Worten in nur wenigen anderen gesellschaftlichen Bereichen anzutreffen: „Derartige Gesundheitszustände und sogenannte Burn-Out- Raten finden sich beispielsweise bei Erziehern in Jugendheimen.“ Der Mediziner plädierte dafür, den Lehrern schon im Studium das nötige Rüstzeug für ihre schwierige Aufgabe zu geben: „Pädagogen brauchen in hohem Maße Beziehungskompetenz.“
Diese Fähigkeiten müssten schon in einem frühen Stadium der Ausbildung geschult werden. Dann könnte sich auch manch ein Lehramtsstudent noch anders entscheiden, falls er sich der Aufgabe nicht gewachsen fühlt. „Der Praxisteil im fünften Semester des Studiums kommt viel zu spät“, meinte Bauer.