Die Osterferien haben begonnen. Durchatmen bei Schülern, Eltern und Lehrern. Wegen Corona fand seit rund drei Wochen kein regulärer Unterricht mehr statt. Wie haben die Schulen die Situation gemeistert? Eine Bilanz.
"Die Schulschließung war für uns alle zu Beginn sicherlich ein Schock", sagt Sebastian Link vom Schulleitungsteam des Matthias-Grünewald-Gymnasiums. Quasi über Nacht mussten alle denkbaren Kommunikations-, Arbeits- und Austauschplattformen für das virtuelle Unterrichten eingerichtet werden. "Mittlerweile kann man allerdings sagen, dass es sich am MGG um eine Initialzündung für die digitale Unterrichtpraxis gehandelt hat", so Link.
Er nennt Erklärvideos, Videokonferenzen und Wochenaufgaben mit Links zu ausgewählten Internetseiten. Innerhalb kürzester Zeit seien diese virtuellen Unterrichtsformen zum Standard geworden. Neue Formen der Rückmeldung fanden ebenfalls Einzug. Die Lehrer sammeln Schülerarbeiten digital ein und stellen Lösungen ins Netz; per E-Voting und Befragungen bekommen die Schüler Informationen über ihren Lernstand.
Schulen sammeln Erfahrungen zu digitalen Werkzeugen
"Die Kollegen sind mit großer Energie und vollem Einsatz daran gegangen, die Möglichkeiten des digitalen Unterrichtens zu erproben", sagt Tobias Endres, Mitglied des Schulleitungsteams und medienpädagogischer Berater am Kreismedienzentrum. Beeindruckt zeigt er sich von der großen Offenheit, mit der das Kollegium sich auf zum Teil komplett neue Systeme eingelassen hat. Das Ergebnis: Nach drei Wochen konnten alle Klassen virtuelle Klassenzimmer auf der Plattform Moodle beziehen, besitzen nun einen Zugang zu Office365 und können regelmäßig an Videokonferenzen über Zoom und Vialogo teilnehmen.
"Wir durften in diesen von Sorge und Verunsicherung geprägten Tagen erleben, wie es gemeinsam gelingt, den Schwierigkeiten zu trotzen und mit vereinten Kräften den Schulbetrieb an unserer Schule virtuell zum Laufen zu bringen", so Endres. Interessanter Nebeneffekt: Das Matthias-Grünewald-Gymnasium sammelt als ausgewählte Testschule Erfahrungen zu digitalen Werkzeugen, wie etwa dem Konferenztool BigBlueButton, die in Zukunft Teil einer landesweiten Lösung sein werden.
Beeindruckt von der digitalen Offensive sind auch die Schüler. "Die Lehrer haben sich sehr schnell umgestellt", finden Elisabeth Jeßberger und Lisa Otter. Für die Zwölftklässlerinnen sollte eigentlich nach Ostern das Abitur beginnen. Das wurde mittlerweile verschoben, Nachteile für die Prüfungen sehen die beiden nicht. In allen Fächern seien die Lehrer mit dem Stoff durch. "Videokonferenzen bieten jetzt die Möglichkeit, Fragen zu stellen."
Schülerin vermisst persönlichen Austausch mit Mitschülern
Die gute Organisation und die funktionierende Technik loben Lena-Marie Spieß und Lisa Neidhart. Die Neuntklässlerinnen gehen mittlerweile ziemlich souverän mit den digitalen Medien um. Als gute Alternative in einer schwierigen Phase bezeichnen Nella Metzger und Amelie Dinger die neuen Unterrichtsformen.
Dass sie kein Ersatz sein können für die realen Begegnungen, ist den Schülern allerdings bewusst. Selina Rosenberger vermisst schon jetzt den persönlichen Austausch mit den Mitschülern sehr. Und Klassensprecher Lennart Erlenbach betont: "Wir haben gemerkt, wie existentiell wichtig die sozialen Kontakte sind, die wir aus dem normalen Schulalltag kennen."
Auch Schülersprecherin Sophie Schneider meint: "Videokonferenzen können das Miteinander im Schulalltag nicht ersetzten." Um zumindest virtuell miteinander im Gespräch zu bleiben, hat das MGG die Plattform "Behaltet euer Lächeln!" eingerichtet. Sie bietet Tipps, die gegenwärtige Situation mit Texten, Bildern und Geschichten kreativ zu gestalten. Schüler können sie aber auch nutzen, um ihre Sorgen und Ängste im vertraulichen Gespräch loszuwerden. "Allein das Angebot zeigt", so Sophie Schneider, "dass Schulgemeinschaft auch in Zeiten der Corona-Krise funktionieren kann."
Schüler geben positive Rückmeldungen
Die Möglichkeiten des Internets nutzt auch die Josef-Schmitt-Realschule in Lauda. "Wir verwenden Office365 von Microsoft und hier schwerpunktmäßig das Werkzeug Teams", erzählt Steffen Siegert. Diese Lösung hat in den Augen des stellvertretenden Schulleiters mehrere Vorteile. Alle Schüler können die gängigen Office-Produkte kostenlos nutzen – auf dem PC, Tablet oder Smartphone. "Wir haben damit ein Lern-Management-System, in dem es uns möglich ist, mit den Schülern Kontakt zu halten, aber auch um mit ihnen zusammenzuarbeiten."
Siegert berichtet von Chats, Mails und Videokonferenzen, die in den vergangenen Wochen den neuen Schulalltag bestimmt haben. In den Ablauf hat sich seinen Angaben zufolge eine gewisse Routine eingespielt. "Die Aufgaben laufen auf der Lernplattform an einer zentralen Stelle auf, können dort bearbeitet, eingereicht und von den Lehrern korrigiert und kommentiert werden."
Positive Rückmeldungen kommen von den Schülern. "Alles gut", ist der Tenor einer Umfrage bei allen Klassen. Anerkennung und Lob spricht aus diesen Worten: "Macht weiter so!"
Nicht alle Schulen haben technische Voraussetzungen für Online-Unterricht
Den 16. März wird Jens Amend so schnell nicht vergessen. An diesem Montag hat er noch einmal mit seinen Schülern gesprochen, Instruktionen gegeben und Arbeitsblätter ausgeteilt. Dann hieß es Abschied nehmen auf unbestimmte Zeit.
"Dieser Tag war wichtig, um das weitere Vorgehen zu organisieren", sagt Amend. Er ist Lehrer an der Grundschule am Schloss in Tauberbischofsheim. In den vergangenen drei Wochen hat er den Kontakt mit seinen Schülern über E-Mail und Telefon aufrechterhalten. Das sei nicht immer einfach gewesen, räumt er ein. Die technischen Voraussetzungen, Unterricht via Internet stattfinden zu lassen, habe seine Schule noch nicht.
Die unterrichtsfreie Zeit hat das Kollegium seinen Angaben zufolge genutzt, um sich fortzubilden. Vom Kreismedienzentrum gab es per Videokonferenz eine Einführung in die Lernplattform Moodle. "Damit sind wir für die Zeit nach den Osterferien gerüstet", meint Amend. Sollten dann die Schulen noch nicht geöffnet werden, kann Unterricht über das Internet stattfinden.
Für Schulen ist die Krise eine Chance für die digitale Entwicklung
Das Kreismedienzentrum hat nicht nur der Grundschule am Schloss geholfen. In Distelhausen herrscht Hochbetrieb, seitdem die Landesregierung angekündigt hat, alle Schulen zu schließen. "Das pädagogische Team ist seit Wochen Tag und Nacht im Einsatz, um bestmögliche Information für das Lernen online bereitzustellen", berichtet Ulf Neumann. Der Leiter des Kreismedienzentrums verweist auf die vielfältigen Online-Unterstützungsangebote seiner Einrichtung.
Über die Website kmz-tbb.de stehen beispielsweise über 10 000 für den Unterricht konzipierte Medien zur Verfügung. Zahlreiche interaktive Arbeits- und Übungsmaterialien helfen darüber hinaus, die gelernten Inhalte zu verfestigen. Auf der Internetseite findet sich zudem ein Vergleich verschiedener Videoportale für Schulen; es gibt Anleitungen für die Medienbereitstellung ebenso wie Listen mit nützlichen Links.
Neumann spricht davon, dass gegenwärtig unter Hochdruck Vorbereitungen für rechtssichere landesweite Plattformen für Schulen laufen, an denen auch die Stadt- und Kreismedienzentren – und besonders er selbst als Landesvorsitzender – beteiligt sind. Das Landesmedienzentrum biete außerdem tägliche Webinare unter dem Titel "digitale Sprechstunde" an. Und auch Tobias Endres stehe für Einzelberatungen per Videokonferenz bereit.
Neumann und Endres sehen in der gegenwärtigen Krise eine Chance. "Manchen Schulen ist die Notwendigkeit eines schulischen Medienentwicklungsplanes besonders deutlich geworden", betonen die beiden. Die Erfahrungen der letzten Wochen haben ihnen deutlich gemacht: "Die Schulen sind bereit, digitale Unterrichtselemente in den Alltag nach Corona mitzunehmen, weil sie die Arbeit in Zukunft erleichtern können."