Der Tagesordnungspunkt in der Gemeinderatssitzung hieß eigentlich nur "Informationen über aktuellen Planungsstand Landes-Radwegenetz". Und trotzdem entbrannte an diesem Thema im Großrinderfelder Gemeinderat eine ausführliche und inhaltsreiche Diskussion.
Bürgermeister Johannes Leibold berichtete, dass das Land Baden-Württemberg seit 2016 plant, ein flächendeckendes, durchgängiges Netz alltagstauglicher Fahrradverbindungen zwischen Mittel- und Oberzentren entlang der wichtigsten Siedlungsachsen im Land zu bauen. Mittlerweile sind 700 Kommunen an das etwa 7000 Kilometer lange Netz angeschlossen. Auch die Verbindung von Tauberbischofsheim bis zur Landesgrenze nach Bayern bei Kist gehört zu diesem Programm dazu.
Wie diese Verbindung aussehen kann, zeigte Leibold anhand von Plänen des Straßenbauamtes. Der Radweg wird in drei Abschnitten von Tauberbischofsheim nach Großrinderfeld möglichst straßenbegleitend führen, dann von Großrinderfeld nach Gerchsheim, ebenfalls weitgehend entlang der Staatsstraße L578. Der dritte Abschnitt geht dann durch Gerchsheim hindurch und am Ortsende weiter entlang der L578 bis zur Landesgrenze bis etwa zum Standort der Hoheitssäulen. Von dort würde der Radweg durch den Irtenberger Wald bis nach Kist weitergebaut werden. Aber das sei bayerisches Gebiet und dort gebe es Probleme, durch den Wald entlang der L578 über die Autobahnbrücke bei der Ausfahrt Gerchsheim eine Strecke zu planen.
In Bayern sinnvoller, bestehende Wege durch den Wald zu nutzen
Leibold berichtete von einem Gespräch in Kist mit Bundestagsabgeordneten, Landräten und Bürgermeistern beider Bundesländer, das aber noch keine weiteren Erkenntnisse gebracht habe. Man bleibe aber im Gespräch, hatten die Landräte vereinbart und ihre beiden Straßenbauämter aufgefordert, gemeinsame Gespräche über Lösungen anzugehen. Für Bayern sei es sinnvoller, nicht direkt neben der L578 einen Radweg zu bauen, sondern bestehende Wege durch den Wald zu ertüchtigen und eine Autobahnunterführung nördlich oder südlich der Auffahrt Gerchsheim zu nutzen (wir berichteten).
Sven Schultheiß erinnerte daran, dass er in seiner Zeit als Bürgermeisterstellvertreter im Amt einen Brief an Bayerns Ministerpräsident Markus Söder geschrieben hatte und dort forderte, dass Bayern den Radweg entlang der L578 baut. Doch seitdem sei wenig geschehen. "Die Bayern müssten halt mal in die Hufe kommen", ärgerte er sich über die Hinhaltetaktik aus München. Denn das zu durchfahrende Gebiet im Irtenberger Wald ist gemeindefrei und gehört damit dem bayerischen Staat. Dort scheine man die Folgekosten zu scheuen, mutmaßte Schultheiß. Denn der Unterhalt des Radweges läge beim Landwirtschaftsministerium und das hat für die Forstwirtschaft nur beschränkte Mittel.
Am 13. August ist eine Demo für den Radweg geplant
Für die Überquerung der Autobahn auf der Brücke könnte man doch Fahrradangebotsstreifen einrichten, regte Walter Lutz an. An anderen Stellen funktioniere das doch auch. Und Christian Kretzer ergänzte, dass er kürzlich in Sachsen im Urlaub war und dort habe er einen Radweg gesehen, der durch eine Autobahnauffahrt geführt wurde. Es sei also möglich, wenn man nur wolle, schlussfolgerte er. Manfred Wörner regte an, auch die anderen Bürgermeister der anliegenden Gemeinden Altertheim und Kleinrinderfeld mit ins Boot zu nehmen, um genügend Druck auf die Politik aufzubauen.
Bürgermeister Leibold ergänzte, dass am 13. August um 14 Uhr eine Demonstration für den Radweg entlang der L578 durch den Irtenberger Wald geplant ist mit Kundgebung am Blutseeparkplatz auf Kister Gemarkung. Dort will man auf die besondere Situation aufmerksam machen und für eine vernünftige Lösung demonstrieren.