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STUTENSEE: Wipfelstürmer mit Seil und Säge

STUTENSEE

Wipfelstürmer mit Seil und Säge

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    Der Baumpfleger Johannes Förschler arbeitet an und in einem Ahornbaum im Park des Schloss Stutensee bei Karlsruhe.
    Der Baumpfleger Johannes Förschler arbeitet an und in einem Ahornbaum im Park des Schloss Stutensee bei Karlsruhe. Foto: Foto: Uli Deck

    Sie arbeiten in der Natur, halten Wind und Wetter aus und können sich Höhenangst nicht leisten: Baumpfleger sind echte Spezialisten, die sich gut gesichert auch in die Kronen der höchsten Bäume wagen. Gefährlich ist es nur für Leichtsinnige.

    Langsam verschwindet Johannes Förschler hinter einem dichten Vorhang aus Blättern im Geäst. Die kerzengerade gewachsene Linde im Park von Schloss Stutensee bei Karlsruhe ist mindestens 30 Meter hoch. Bald arbeitet sich der 22-Jährige – am Seil gesichert – mit einer Handsäge durch abgestorbene trockene Zweige, die mit Knacken und Krachen zu Boden rauschen.

    Respekt nicht verlieren

    Sein Chef Marc Rehm bedient die Hubbühne, die den jungen Mann in die Krone des Baumes gebracht hat. „Es gehört schon Mut dazu“, sagt der 47 Jahre alte Unternehmer, der sich vor 22 Jahren als Baumpfleger in Pfinztal selbstständig gemacht hat. „Angst sollte man nicht haben, aber man darf den Respekt nicht verlieren.“

    Das Klettern in den Baumkronen sei immer mit Risiken verbunden, sagt er. Gefährlich werde es aber nur bei Leichtsinn. Angeseilt im Baum ging bisher immer alles gut.

    Förschler hat während der Ausbildung sein Interesse am Baumklettern entdeckt. Das nötige Rüstzeug bot ihm ein Lehrgang an einer Kletterschule. „Es ist schön, mit den Bäumen zu arbeiten, es ist eine tolle Atmosphäre.“ Der junge Mann kennt die Gefahren, etwa wenn die Rinde feucht und rutschig ist, kennt die Grenzen und weiß sich zu sichern. „Wenn es arg regnet oder stürmt, dann geht es nicht in den Baum hoch.“ Deswegen erledigen Rehm und seine Kollegen die Pflege in den Kronen vor allem im Sommerhalbjahr. Im Winter stehen vor allem Fällarbeiten an.

    Ist das Klettern eher etwas für den Nachwuchs? Rehm sagt, dass er öfter mal auf der Hubbühne steht und den Jüngeren den Vortritt lässt. So auch an diesem Tag bei einem riesigen Ahorn und einer vielleicht 300 Jahre alten prächtigen Eiche dicht am Hauptgebäude der Anlage, in der eine Jugendhilfeeinrichtung untergebracht ist.

    Gegenseitiges Vertrauen

    Vom Boden aus hilft auch Kersten Mayer und achtet darauf, dass niemand in den Sicherheitsbereich hineinläuft. Er befestigt Werkzeug an einem Seil, das Förschler zu sich in die Höhe zieht. Der 52-Jährige ist ein Späteinsteiger. Erst vor drei Jahren hat er den Beruf gewechselt. Sein Kletterlehrgang soll bald beginnen. „Die Leute in der Branche gefallen mir“, sagt er. Es gebe viele Quereinsteiger und Individualisten. „Man muss sich auf das Material und die Kollegen verlassen können“, weiß Mayer.

    Wie viele Baumpfleger in Deutschland arbeiten, ist nach Angaben von Jörg Cremer, der den Fachverband geprüfter Baumpfleger mit rund 560 Mitgliedern leitet, eine Definitionsfrage. Er geht von 1200 bis 1500 ausgebildeten Baumpflegern aus. Eine entsprechende Prüfung legen etwa Fachagrarwirte für Baumpflege und Baumsanierung ab.

    Besonders gefährlich ist der Beruf nach Cremers Einschätzung nicht, es gebe keine signifikante Unfallquote. „Die schweren Unfälle kommen im wesentlichen durch zum Beispiel Gärtner- oder Hausmeisterservice ohne Qualifikation.“ Lehrgänge etwa zum Fachagrarwirt Baumpflege und Baumsanierung oder zum European Tree Worker bietet die Staatliche Lehr- und Versuchsanstalt für Gartenbau in Heidelberg an.

    Kletterlehrgänge können an der Münchner Baumkletterschule in Gilching belegt werden. Ein Grundkurs für Seilklettertechnik dauert eine Woche. Baumpfleger müsse man dafür nicht sein, sagt Gabi Weber von der Kletterschule. Voraussetzungen seien eine arbeitsmedizinische Untersuchung für Höhentauglichkeit und ein Erste-Hilfe-Kurs.

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