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MAUER: „Yes we can“ auf Badisch

MAUER

„Yes we can“ auf Badisch

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    Premiere: Der Bürgermeister der Gemeinde Mauer, John Ehret, wurde zum ersten schwarzen Bürgermeister in Baden-Württemberg gewählt.
    Premiere: Der Bürgermeister der Gemeinde Mauer, John Ehret, wurde zum ersten schwarzen Bürgermeister in Baden-Württemberg gewählt. Foto: Foto: Dpa

    Es ist dem 40-Jährigen anzumerken, dass ihn der Rummel der vergangenen Wochen stört. Seit dem 1. Juni ist John Ehret (parteilos) Bürgermeister der 4000-Einwohner-Gemeinde Mauer (Rhein-Neckar-Kreis). Am 6. Mai wurde er zum ersten schwarzen Rathauschef Baden-Württembergs gewählt, sein Telefon steht nun nicht mehr still.

    Mit wie vielen Menschen Ehret seit seiner Wahl gesprochen hat, weiß er nicht mehr genau. Mittlerweile lehne er auch schon viele Anfragen ab. Zuletzt wurde er sogar in eine bundesweite Talkshow eingeladen. Vor allem am Anfang habe ihn die Berichterstattung massiv gestört. „Ich hatte das Gefühl, auf die Hautfarbe reduziert worden zu sein“, sagt Ehret. „Dabei bin ich noch nicht einmal richtig schwarz, eher gut gebräunt.“

    Die Hautfarbe habe in seinem Leben nie eine große Rolle gespielt, sagt Ehret. Er wurde in Deutschland geboren. Seine leiblichen Eltern, ein afro-amerikanischer US-Soldat und eine gebürtige Deutsche, hat er nie kennengelernt. Mit zwei Jahren kam er ins Kinderheim, mit sechs Jahren wurde er von der Familie Ehret aus Mauer adoptiert. Dort habe er eine normale Dorfjugend verbracht. Wenn ihn doch mal einer als „Negerle“ bezeichnet hat, habe ihn das nicht wirklich interessiert. „Es war meistens nicht böse gemeint, sie wussten es halt nicht besser.“ Früher sei Neger einfach noch kein Schimpfwort gewesen, da habe sich die deutsche Sprache gewandelt.

    Nach Abitur und Zivildienst begann er seine Ausbildung zum Kommissar und Diplom-Verwaltungswirt beim Bundeskriminalamt (BKA). In den fast zwanzig Jahren beim BKA bekämpfte er organisierte Kriminalität, schützte Staatsgäste, half bei Anschlagsermittlungen im Libanon, beim Aufbau der Polizei in Afghanistan sowie der Finanzermittlungsbehörde in Bosnien. „Im Ausland hat mir gefallen, dass man selbst etwas bewirken kann“, sagt Ehret.

    „Nach 20 Jahren Action-Leben reicht es auch. Ich suche eine neue Herausforderung.“

    John Ehret Bürgermeister der Gemeinde Mauer

    Als er bei einem Heimatbesuch las, dass ein neuer Bürgermeister für Mauer gesucht wurde, setzte ein Denkprozess ein, an dessen Ende die erfolgreiche Kandidatur stand.

    Er habe bewusst auf den klassischen Wahlkampf mit Plakaten, Flyern und Klinkenputzen verzichtet. Er habe nur auf eine Internetseite und seine Bekanntheit in der Gemeinde gesetzt. „Yes we can“ auf seine Facebook-Seite zu schreiben, sei dann aber doch zu verführerisch gewesen. Auch wenn er sich nicht mit US-Präsident Barack Obama vergleichen, sondern lediglich das Miteinander betonen wollte.

    Jetzt lebt Ehret wieder in seinem Elternhaus. Wenn der Presserummel vorbei ist, freut er sich auf das ruhige Landleben mit seiner Lebensgefährtin und der gemeinsamen fünfjährigen Tochter. Eine seiner ersten Amtshandlungen war die Inspektion der kaputten Friedhofstreppe. „Nach 20 Jahren Action-Leben reicht es auch. Ich suchte eine neue Herausforderung.“

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