"Es ist erwiesen, dass singende Leute gesünder sind", sagt Schramm. Und wenn man erlebt, wie der begeisterte Vorsänger nach dreistündigem Unterhaltungsabend im Wirtshaus eine strahlende und gelöste Sängerschar zurücklässt, mag man ihm das gerne glauben.
Wie der Volksmusikberater bedauert, geht der traditionelle Gesang an den Stammtischen in den Dörfern immer mehr zurück, weil die alten Gasthäuser schließen, in Speiselokale, so genannte "Landgasthöfe" umgewandelt werden oder weil es nicht mehr üblich ist, im Wirtshaus zu singen.
Beim offenen Volksliedersingen des Rhönklubzweigvereins Walddörfer gelingt es Schramm, ein breites Repertoire an bereits bekannten und weniger geläufigen Liedern zu vermitteln. Darunter auch eine der vielen Melodien, die er gleich am Anfang seiner beruflichen Laufbahn vor knapp zehn Jahren als Volksmusikberater von Anna Arnold in Langenleiten lernte.
Die Seniorin sang damals 130 Lieder aus ihrer Kinder- und Jugendzeit für das fränkische Volksmusikarchiv auf Tonband. Die Begegnung mit der sangesfreudigen Rhönerin, die die Melodien aus ihrer Erinnerung ohne Textvorlage vortrug, hat den Musikforscher stark beeindruckt: "Hinter diesen Liedern steckt ein ganzes Leben."
Mit "Drei Lilien, drei Lilien, die pflanzt ich auf mein Grab, da kam ein stolzer Reiter und brach sie ab" begann Schramm den Singabend in den Feuerbergstuben. Schramm spielte die Melodie mit Gitarre, sang den Text dazu und nach kurzem Probesingen stimmte die Wirtshausgesellschaft das Lied gemeinsam an. Viele weitere wie "Es wor emol e G'freier", "G'frät mi nix als wia mei Kunnerla", "Hoch oben die Sterne", "Es war einmal eine Müllerin", "Der Schlampererer" oder "Des nachts um die zwölfte Stund" folgten.
Liedblätter hatte Schramm zwar dabei. "Die gibt's aber erst hinterher", kündigte er an. Denn: "Solang mer sei Blätter noch net ausgeteilt hot, ist mer ach interessant", weiß der ehemalige Lehrer aus seiner Berufspraxis. Zudem sei es erheblich einfacher, auswendig zu singen als nach Noten. Und: Man singt mehr miteinander und kann seinem Gegenüber auch in das Gesicht schauen. Im Übrigen sei das Singen ohne Liederzettel viel ungezwungener und unverkrampfter.
Und es gehe bei diesen Abenden nicht nur ums Singen, sondern auch ums Ratschen und die Geselligkeit. Mit manchen Liedern werden Erinnerungen wach, die dann bei einem Schoppen in froher Runde auch ausgetauscht werden. Deshalb - und natürlich auch für das eigene Atemholen - legt Schramm regelmäßige Pausen ein. Die Übergänge würzt er mit Erklärungen zu den jeweiligen Liedern, mit humorvollen Erzählungen und Erlebnissen aus dem Alltag und von seinen Volkslieder-Tourneen durch das Frankenland.
Nach Schramms erstem Gastspiel in der Gemeinde Sandberg, das alle Teilnehmer begeisterte, stand für den Vorsitzenden des Rhönklubzweigvereins Walddörfer, Claus Kleinhenz und Kulturwart Herbert Holzheimer, der den Abend organisiert hatte, fest: Das offene Volksliedersingen wird Bestandteil des Veranstaltungsprogramms in ihrem Verein bleiben.