"Das war zwar das, womit wir gerechnet haben, es entspricht aber nicht unseren Erwartungen", kommentierte Rechtsanwalt Jürgen Lubojanski das Urteil der Fünften Strafkammer. "Wir werden jetzt prüfen, ob wir das so akzeptieren", sagte der Verteidiger des 41-jährigen Matthias Johannes. Sein Mandant muss für drei Jahre ins Gefängnis und soll zudem eine Geldstrafe von 36 000 Euro zahlen. Der Bauingenieur und Juniorchef einer Baufirma bleibt aber zunächst auf freiem Fuß, da das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.
Vollzug in Bayreuth
Der Hauptangeklagte Stefan Till, früherer Tiefbau-Sachgebietsleiter im Bauamt der Stadt Bad Neustadt, wurde dagegen nach der Urteilsverkündung zurück in die Justizvollzugsanstalt (JVA) Würzburg gebracht. Der 52-Jährige, der zu sechseinhalb Jahren plus 7200 Euro Geldstrafe verurteilt wurde, wird seine Freiheitsstrafe allerdings in Bayreuth absitzen müssen.
"Mein Mandant ist deshalb enttäuscht. Er wäre gern in Würzburg geblieben", sagte Rechtsanwalt Martin Reitmaier. Die Verlegung nach Oberfranken erfolgt aber erst, wenn das Urteil Rechtskraft hat. In der JVA Würzburg sitzen nur Straftäter ein, die zu maximal vier Jahren verurteilt wurden.
Bei dem früheren Rathaus-Angestellten bleiben aber auch nach Anrechnung der 18-monatigen Untersuchungshaft noch fünf Jahre. Mit der Urteilsbegründung der Fünften Strafkammer sei man aber einverstanden, so Tills Verteidiger.
Unterdessen kündigte der Leitende Würzburger Oberstaatsanwalt Clemens Lückemann an, dass die Anklagebehörde voraussichtlich Revision beantrage. Dies bedeute aber nicht zwangsläufig, dass es auch zu einem Revisionsverfahren kommen müsse, so Lückemann. Vielmehr wolle man den rechtlich möglichen Rahmen ausschöpfen, das Urteil zu prüfen. Wenn keine Revision eingelegt wird, ist das Urteil nach einer Woche rechtskräftig. Eine Berufung ist bei Strafprozessen am Landgericht nicht möglich.
Die Urteile fallen bei beiden Angeklagten milder aus als von der Staatsanwaltschaft Würzburg gefordert. Dies hängt damit zusammen, dass einige Fälle vom Gericht nicht als Bestechung beziehungsweise Bestechlichkeit, sondern lediglich als Vorteilsgewährung beziehungsweise -nahme gewertet wurden. Die Anklage hatte bei Till für knapp acht Jahre und bei Johannes auf vier Jahre plädiert.
Zickzackkurs
Mit der Urteilsverkündung endet nach 22 Verhandlungstagen vorerst ein Korruptionsprozess, der in Unterfranken seinesgleichen sucht. "Auch wir sind über das Ende froh", sagte der Vorsitzende Richter Burkard Pöpperl. Der Jurist machte kein Hehl daraus, dass sich das Gericht schwer tat, ein gerechtes Urteil zu fällen. Dies gelte gerade für den Angeklagten Johannes.
Der Mitinhaber einer Baufirma hatte im Sommer 2005 bei einem Verhör die Bestechungsvorwürfe eingeräumt, das Geständnis dann vor Gericht widerrufen und schließlich doch wieder ein Teilgeständnis abgelegt. Für den Vorsitzenden ein "Zickzackkurs". Der Mitangeklagte habe seine Chance nicht genutzt und obendrein vor Gericht mehrfach gelogen, hieß es in der Urteilsbegründung.
Scharfe Kritik übte der Richter an den Vorgängen um die Familie des Hauptangeklagten. Im Verlauf des Prozesses war bekannt geworden, dass die Angehörigen in Bad Neustadt mehrfach beleidigt und in anderer Form belästigt wurden. "Das Verhalten einiger Mitbürger in Bad Neustadt ist auf das Schärfste zu verurteilen. Das ist eine echte Unverschämtheit." Es gebe "nicht ansatzweise" Anhaltspunkte dafür, dass die Familie in die Straftaten involviert gewesen sei.