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VOLKERS: Auerhahn im Dickicht der Gesetze

VOLKERS

Auerhahn im Dickicht der Gesetze

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    Imposante Vögel: Alexandra Haimerl mit den beiden balzenden Auerhähnen, die künftig die Festscheune Volkers zieren.
    Imposante Vögel: Alexandra Haimerl mit den beiden balzenden Auerhähnen, die künftig die Festscheune Volkers zieren. Foto: Foto: Roland Pleier

    Er ist der größte Hühnervogel Europas. Imposant besonders der Hahn, wenn er balzend seine Schwanzfedern spreizt wie ein Pfau. So wurde er auch oft dargestellt, als Jagdtrophäe präpariert. So schmückte er so manche Jagdhütte und Wirtsstube. Doch zu jagen gibt es ihn hierzulande nicht mehr. Und Präparate sind nicht unbedingt jedermanns Geschmack. Was also tun, wenn einem so ein Federvieh unvermittelt in den Schoß fällt?

    Einer, der sich mit dieser Frage konfrontiert sah, ist Andreas Haimerl aus Volkers. Dessen Onkel Willi aus Motten hatte vor zwei Jahren das Zeitliche gesegnet. Zu seinem Vermächtnis gehörten eine ganze Reihe ausgestopfter Tiere, darunter drei Auerhähne.

    Haimerl ist quasi von Kindesbeinen an mit ihnen aufgewachsen. Wann immer er seinen Onkel besucht hat, ist er ihnen begegnet: Im Wohnzimmer, im Aufenthaltsraum, in einer Jagdhütte im Wald befanden sich in guter Gesellschaft mit Eichhörnchen und Siebenschläfer, diversen Vögeln, Fuchs und Rehkitz. „Da hab ich immer dran rumgespielt“, erinnert er sich. Und auch an den Auerhähnen hätten die Kinder „halt immer rumgezupft“ – was man ihnen heute natürlich ansieht.

    In den 1950ern oder 1960ern muss es gewesen sein, dass sein Onkel die drei Prachtstücke gekauft hatte. „Ich mein, hier aus der Rhön, in Tann“, kramt Haimerl in seinem Gedächtnis. „Irgendwie hat's mal geheißen: für 1000 Mark – aber das kann nicht sein, das wär ja ein Vermögen gewesen“, sagt er.

    In Internet-Plattformen werden Vögel dieser Art für einige hundert Euro angeboten. Je nachdem, wie gut sie erhalten sind, „werden sie schon mit bis zu 1500 Euro gehandelt,“ hat Haimerl verfolgt. Denn als er und seine Frau Alexandra anfingen, die Wohnung des Onkels zu renovieren, wollten sie die Trophäen loswerden. „Wir sind halt nicht die, die an der Wand Viecher haben“, sagt er. Und andererseits seien sie „zu schad', um sie wegzuschmeißen.“

    Letzteres hätte er sogar tun dürfen: Sie ordnungsgemäß entsorgen. Sie auf legale Art und Weise zu verschenken oder gar zu verkaufen, ist hingegen gar nicht so einfach, hat Haimerl erfahren, als er sich umhörte und unter anderem beim Bund Naturschutz um Rat fragte. Denn was nicht jedem geläufig ist: Sämtliche europäischen Vögel stehen laut Gesetz unter „allgemeinem Schutz“ – „der Laie würde sagen: unter Naturschutz“, wie Ralf Kiesel, der Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbands übersetzt.

    Bei Auerhahn und Auerhenne kommt erschwerend hinzu: Sie werden seit 2002 sogar in der Liste der „besonders geschützten“ Vogelarten geführt. Handel und Besitz solcher Tiere unterliegen genauen und strengen Vorschriften.

    Europäische Vogelschutzlinie und Artenschutzverordnung (die auf dem Washingtoner Artenschutzgesetz aufbaut), Bundesartenschutzverordnung, Bundesnaturschutzgesetz, dazu noch das Jagdrecht – das Dickicht der Gesetze und Verordnungen ist für den Laien schier undurchdringlich.

    Da haben die Haimerls also nun uralte Vögel, die seit gut zehn Jahren besonders geschützt sind. Was tun in einer solchen Situation? „Sie müssen sicher glaubhaft machen, dass es Altbesitz ist“, sagt Peter Krämer von der Regierung von Unterfranken, zuständig für Sachfragen des Naturschutzes. Ein altes Foto aus dem Familienalbum wäre bei einer solchen „freien Beweisführung“ schon sehr hilfreich. Sie behalten oder verschenken wäre dann legalisierbar. An einen Verkauf allerdings ist ohne Dokumente nicht zu denken.

    Die Haimerls haben die Vögel schließlich verschenkt, mit der schriftlich Versicherung, dass es uralte Vögel sind. Belege aus Onkel Willis Fotokiste werden noch nachgereicht. Zwei der Vögel werden künftig die Festscheune von Arnold Brust in Volkers zieren – ganz legal . . .

    Auerhuhn

    Der größte Hühnervogel Europas gehört zu den Fasanenartigen. Ein Hahn kann bis zu fünf Kilogramm schwer werden, sein Gesang wird sogar in einem Jodler besungen („Hollaredulie, wann da Auerhahn balzt“).

    In den Kiefernwäldern zwischen Münnerstadt und Maßbach war das Auerhuhn bis in die 1950er Jahre hinein zuhause.

    Im unteren Sinngrund wurde der letzte kleine Bestand noch in den 1970er Jahren registriert, die letzte Henne in den 1990er Jahren.

    Bei Arnshausen hat ein balztoller Hahn 1973 einen Spaziergänger angebalzt – wohl in Ermangelung eines Weibchens.

    Bei Fladungen sind kleine Bestände bis Anfang der 1980er Jahre bekannt.

    Im Neuwirtshauser Forst wurden Anfang der 1970er Jahre einige Tiere ausgesetzt. Ein derartiges Auswilderungsprojekt hat bislang jedoch noch nie funktioniert.

    In Bad Bocklet tauchte ein einzelnes Exemplar Ende der 1980er Jahre mitten im Ort auf.

    Das allerletzte Vorkommen ist im so genannten Salzforst nachgewiesen, dem Waldgebiet zwischen Bischofsheim und Steinach: Dort wurde 2003 ein Auerhahn gesichtet – der wohl letzte in der Region.

    In Bayern gibt es Auerhuhn-Bestände aktuell nur noch im Fichtelgebirge, im Bayerischen Wald und in den Alpen. Quelle: Ralf Kiesel, Landschaftspflegeverband

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