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MELLRICHSTADT: Besinnlicher Abend mit Liedermacher Clemens Bittlinger und Pater Anselm Grün

MELLRICHSTADT

Besinnlicher Abend mit Liedermacher Clemens Bittlinger und Pater Anselm Grün

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    Eingespieltes Team: Die drei Musikanten ergänzten sich vollendet bei den religiösen Chansons, die Clemens Bittlinger komponiert und getextet hatte. Im Bild links Gitarrist Adax Dörsam, in der Mitte Clemens Bittlinger und rechts Perkussionist David Kandert.
    Eingespieltes Team: Die drei Musikanten ergänzten sich vollendet bei den religiösen Chansons, die Clemens Bittlinger komponiert und getextet hatte. Im Bild links Gitarrist Adax Dörsam, in der Mitte Clemens Bittlinger und rechts Perkussionist David Kandert. Foto: Foto: Fred Rautenberg

    Wer sich ein Konzert erwartet hatte, wurde mehr oder weniger enttäuscht. Denn was die Besucher in Mellrichstadts Oskar-Herbig-Halle am vergangenen Sonntagabend erlebten, war ein Gottesdienst, sicherlich nicht in der herkömmlichen Form, aber doch mit Meditation, mit Selbstbesinnung und Besinnung auf das, was Christen ausmacht, welches Verhältnis er zu sich selbst, zu seinem Mitmenschen und zu seinem Gott hat.

    Die Zelebranten waren Clemens Bittlinger und Anselm Grün. Der erste ein evangelischer Pastor, verheiratet, Vater von zwei Kindern, eines davon jüngst volljährig geworden; der andere ein Benediktinermönch aus dem Kloster von Münsterschwarzach am Steigerwald, er war dort mit der Aufgabe des Cellerars betraut und mithin für das wirtschaftliche Wohlergehen der Abtei verantwortlich. Bittlinger ist als christlicher Liedermacher mindestens in Europa bekannt, Anselm Grün auf jeden Fall weltbekannt als Autor von Hunderten spiritueller Schriften, die in viele Sprachen übersetzt wurden.

    Diese beiden Persönlichkeiten statteten Mellrichstadt einen Besuch ab, zusammen mit Adax Dörsam, einem virtuosen Gitarristen, und David Kandert, der die Cajom-Trommel schlug und zugleich die sehr bescheiden daherkommende, aber völlig ausreichende Elektronik bediente. Auf den sonst bei Show-Veranstaltungen üblichen Schnickschnack konnten die vier ganz und gar verzichten. Alltagskleidung bei Bittlinger und seinen Freunden, das schlichte Mönchsgewand bei dem Benediktinerpater war alles, so standen sie auf der weitgehend schwarzen Bühne. Zwei Spotlightstrahler zur Bühne, ein bisschen Auf- und Abblenden, je nach Lied und Stimmung, das war’s dann auch schon.

    540 Stühle hatte der Veranstalter, das Aktive Mellrichstadt, aufgestellt. Um 19 Uhr, als das Programm begann, war die Halle brechend voll. Der Abend stand unter dem Thema „Aufstehn, aufeinander zugehn – Lieder und Gedanken“. Es war ein Programm, wie es sonst nur bei Großveranstaltungen von Bittlinger und Grün geboten wird, bei Kirchentagen zum Beispiel. Der Wegzug seines jüngst volljährig gewordenen Sohns und die Gedanken, die ihn deswegen bei Nacht heimsuchten, leiteten Bittlinger zu seinem zweiten Lied über: „Gedankenspiel, mach den Kopf frei“. In dieser Weise setzte Bittlinger mit seinen beiden Freunden die Lieder fort, mit besinnlichen Texten, die verschiedene Aspekte des Lebens aufgriffen: Wie wir einen Neuanfang als Überraschung erleben, aus der wir neue Kraft schöpfen; wie wir auf die Auferstehung nach dem irdischen Leben hoffen dürfen, weil sie uns verheißen ist zu einer Seligkeit, in der alle Tränen getrocknet sind.

    Von der Seltenheit echter Freundschaft sang Bittlinger, dann mit dem ganzen Saal zusammen sein berühmtes Segenslied „Sei behütet auf deinen Wegen“ und als letztes Lied „Aus Sternenstaub sind wir gemacht“, welches das moderne wissenschaftliche Weltbild mit der biblischen Schöpfungsgeschichte in Einklang bringt.

    Im Wechsel mit Bittlinger und seinem Ensemble trat Anselm Grün ans Mikrofon und sprach die Besucher mit meditativen Gedanken an. Jesu Auferstehung könne uns ermutigen, auch aufzustehen aus der Opferrolle, in der wir uns manchmal wähnen. Und: „Es gibt kein Scheitern, in dem nicht auch ein Neuanfang liegt.“ So wird das Aufstehen zu einem Akt der Freiheit, so dass wir auch in der Lage sind, auf den Mitmenschen zuzugehen. Das Vergeben sei oft eine Überforderung für unser Verletztsein. Aber es gebe Wege, wie man es doch überwindet, indem man den Schmerz des Verletztwerdens zunächst akzeptiert, auch die Wut darüber zulässt, dann aber versucht zu verstehen, das Vergeben als einen Akt der Befreiung von negativer Energie begreift und somit auch von der Macht, die der Beleidiger so lange über jemanden hat, wie er ihm grollt. „Dann können die seelischen Wunden heilen, und wir können einen Aufbruch wagen und sogar auf den anderen zugehen“, so Anselm Grün.

    Zur Gestaltung des gemeinsamen Programms gehört offenbar auch, dass Bittlinger am Ende seinen Freund Anselm Grün interviewt, mit Fragen, die, wie Bittlinger beteuerte, der Pater vorher nicht gehört hatte. Etwa fragte er Grün, was Auferstehung für ihn bedeute. Dieser antwortete, dass er voller Vertrauen bereit sei, in die Liebe Gottes eines Tages hineinzusterben und dass er schon jetzt erahne, was sich einst im ewigen Leben erfüllen wird.

    Mit einer kurzen Schlussmediation, an der alle Anwesenden stehend teilnahmen, und dem priesterlichen Segen endete der meditative Teil, bevor Bittlinger mit seinen Freunden und mit dem Lied „Aus Sternenstaub“ den religiös gestimmten Abend ausklingen ließ. Das Publikum klatschte noch lange, obwohl die Bühne längst leer war.

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