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OBERFLADUNGEN: Das Steak aus dem Ölfass

OBERFLADUNGEN

Das Steak aus dem Ölfass

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    Für „Beef“ aus einer Öltonne konstruiert: ein Grill, in den 25 Kilo Fleisch passen.
    Für „Beef“ aus einer Öltonne konstruiert: ein Grill, in den 25 Kilo Fleisch passen. Foto: Julia Back

    Verrückt muss die Bastelidee sein – erst dann machen sich die drei Männer mit Axt und Schraubenschlüssel bewaffnet ans Werk. Dabei heraus kommen Stühle aus Nummernschildern, Grills aus Werkzeugkoffern oder Rucksäcke aus Weinkisten. Willkommen beim Chaos Camping Club!

    Benedikt Schmidt, Bendik Beck und Michael Schubert gehören zum harten Kern des Clubs. Regelmäßig treffen sie sich bei Schmidt zu Hause in Oberfladungen im Landkreis Rhön-Grabfeld. Der 30-Jährige lebt dort mit seiner Freundin Linda Weber im ehemaligen Kindergarten. „Jetzt bauen wir unser Spielzeug hier“, erklärt er.

    Radios saufen beim Zelten regelmäßig ab

    Die Freunde sind begeisterte Camper, rund 25-mal im Jahr gehen sie zelten – und kommen dabei immer wieder auf neue Ideen. „Unsere Radios sind früher oder später einfach abgesoffen. Also musste ein wasserdichtes her“, erzählt der Mellrichstädter Bendik Beck über eines ihrer ersten Projekte.

    Mittlerweile tönt die Musik schon aus der fünften Version ihres Radios, das regen- und nässesicher in einen kobaltblauen Benzinkanister eingebaut ist.

    Ihr Prototyp war noch in Flammen aufgegangen. „Das war tragisch, denn wie löscht man ein wasserdichtes Radio?“, erinnert sich Schmidt. „Wir mussten den Deckel aufschrauben und Wasser reinschütten. Das war's dann mit der Elektronik.“

    Was man sich vorstellen kann, kann man auch bauen

    Drei bis vier Tage schwirren Schmidt, der als Ingenieur bei Preh in Bad Neustadt arbeitet, die Ideen im Kopf umher, bevor er sich an sein Skizzenbuch setzt. „Wenn ich dann loswerkel, habe ich meistens in zwei Stunden ein vorzeigbares Ergebnis.“ Kreativität sei beim Erfinden das Wichtigste. „Alles, was du dir vorstellen kannst, kannst du auch bauen.“

    Während des Studiums hat Schmidt seinen ersten schwimmenden Grill konstruiert. „Oft stehen an Badeseen 'Grillen verboten'-Schilder. Aber es steht nirgends, dass Grillen auf dem Wasser verboten ist“, so die einfache Weisheit des Ingenieurs.

    Zum Nachahmen empfohlen

    Er ist sich sicher: „Man wird als Bastler geboren.“ Und mit allen, die keine geborenen Tüftler sind, teilen die Tüftler vom Chaos Camping Club einfach ihre Ideen. Auf ihrer Homepage und auf Facebook veröffentlichen sie diese im Stil von Ikea-Anleitungen. „Wir freuen uns, wenn andere sie begeistert nachbauen“, sagt der Coburger Schubert: „Über das Bauen treten die Menschen miteinander in Verbindung.“

    Regelmäßig erscheinen ihre Erfindungen zudem im Walden-Magazin für Outdoor-Fans. Auch für „Beef“, dem Magazin für Grillliebhaber, haben sie schon gebastelt: Aus einem alten Ölfass konstruierten die drei Rhöner eine schicke Grilltonne. „Darin kann man 25 Kilo Fleisch auf einmal zubereiten“, erklärt Beck, der als Koch in Würzburg arbeitet.

    Von klein auf am Grill

    Die Herzen der Männer schlagen von klein auf für die Natur. „Ich war immer mit meinem Opa zelten“, erzählt Beck. Und auch Schmidt stand am liebsten beim Opa mit am Grill. Gerade die Liebe zur Natur, zu Fleisch und Feuer inspiriert die Männer immer wieder aufs Neue.

    Wenn es darum geht, ihr Essen beim Zelten zuzubereiten, werden sie kreativ: So entstehen Grills aus Werkzeugkoffern, Einkaufswagen, Waschmaschinen oder Fahrradfelgen. „Man kann aus allem, was nicht brennt, einen Grill bauen“, sagt Schmidt. „Es ist doch das Größte, in der Natur zu grillen.“

    Gegen den Grillhipster

    Seitdem in Deutschland ein Hype ums Outdoor-Brutzeln entstanden ist, treffen die Chaos Camper beim Zelten auf immer mehr „Grillhipster“: „Der fährt VW Golf, hat den Weber-Grill unverpackt im Kofferraum und dazu original Weber-Grillkohle“, erklären die Männer.

    „Doch dann bekommt er den Grill nicht an“, sagt Schmidt, sichtlich amüsiert. Lustig machen wollen sich die Männer vom Chaos Camping Club aber nicht: „Wir wollen Leuten aus der Hilflosigkeit helfen.“

    Essen - Design - Maschine

    Sieben Tüftler aus ganz Franken bilden den harten Kern des Chaos Camping Clubs, der bald als Verein eingetragen werden soll. „Chaos, weil alles Mögliche auch schon mal schiefgegangen ist. Camping ist unsere Passion und durch den Club wollen wir Struktur ins Chaos bringen“, erklärt Beck den Namen.

    Die versierten Tüftler ergänzen sich immer wieder. „Jeder hat wilde Ideen und bringt sich ein“, sagt Schubert. Während er sich verstärkt um das Design der Produkte kümmert, geht es für Beck vor allem um den Aspekt Essen und für Schmidt um die Maschine.

    Ausprobieren statt anschauen

    Mit ihren Erfahrungen steigen die Ansprüche. „Die Projekte sind immer verrückter geworden“, sagt Schmidt. Aber nur basteln reicht ihnen nicht: „Man muss das Zeug auch benutzen und dann macht das erst Spaß.“ So wie den ehemaligen Kindergarten-Sandkasten in Schmidts Garten.

    „Aus Paletten, Styropor, Stroh und einer Lkw-Plane haben wir daraus einen Pool gebaut“, sagt Schmidt. Dank selbst gebautem Durchlauferhitzer, der aus einem alten Abfallkorb und einem Edelstahlrohr besteht, saßen sie an Silvester im 38 Grad warmen Pool, während in der Rhön der Schnee rieselte.

    Aus dem Wohnwagen wird die Sauna

    „Kein Mensch baut im Winter einen Pool, aber solange es nicht Standard ist, wird es interessant“, so Schmidt. Ihr neuestes Projekt ist ihr bisher anspruchsvollstes. „Wir haben einen alten Wohnwagenanhänger gekauft, den wir zur fahrbaren Sauna umbauen wollen, die auch durch den TÜV kommt“, erklären die Bastler.

    Kein Erfinder kommt ohne das richtige Werkzeug aus. „Wir sind Werkzeugfetischisten“, sagt Schubert. Und falls ihnen tatsächlich mal ein Teil fehlen sollte, das sie zum Basteln oder reparieren benötigen – dann drucken sie es sich auf ihren 3D-Druckern einfach selbst aus. Auch unterwegs: „Wenn beim Campen der Griff vom Notstromaggregat abbricht, drucken wir uns vor Ort einen neuen aus“, erklärt Schubert.

    Der 3D-Drucker muss mit!

    Denn ohne 3D-Drucker gehen die technikbegeisterten Camper nicht zelten. „Wir sind autonom“, erklären sie. Dank Solaranlage können sie sogar während der Autofahrt neue Gegenstände fabrizieren. „Es ist aufwendiger, Ersatzteile besorgen zu müssen, als sie schnell auszudrucken“, sagt Schmidt.

    Und bevor die Männer etwas wegwerfen, geben sie den Dingen lieber eine neue Funktion. „Bei uns gibt es keinen Mülleimer“, erklärt Beck. Auf Schmidts Dachboden befindet sich mittlerweile ein Sammelsurium an Schrott. Golfbälle, Sitzschalen, Kabel – was andere wegwerfen, findet hier Platz. „Irgendwann verbasteln wir alles, das ist sonst Ressourcenverschwendung“, sagt der Fladunger. Ihr Motto ist für sie klar: „Kaufen kann jeder. Wir bauen!“  

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