Es sind nicht nur die mindestens 13 Prozent Stammwürze und die einzigartige Farbe. Der Kloster Urstoff ist Bestandteil einer jahrhundertealten Geschichte, die bis vor wenigen Jahren fest mit dem Münnerstädter Augustinerkloster verbunden war. Heute wird der Urstoff im Familienunternehmen Rother Bräu in der Rhön gebraut, was seiner Beliebtheit allerdings überhaupt nicht abträglich ist. Im Gegenteil: „Wir haben einen leichten Wachstum bei den Klosterbieren“, sagt Geschäftsführer Xaver Weydringer. Rund 5000 Hektoliter (ein Hektoliter sind 100 Liter) sind im letzten Jahr gebraut worden, wobei das Pils gegenüber dem Urstoff eine untergeordnete Rolle spielt.
Urstoff im Adventskalender
Das Bier nach Klosterrezept wird in etwa 50 Gastronomiebetriebe der Region in Flaschen und Fässern ausgeliefert. Geschätzt wird er Urstoff aber auch in anderen Bundesländern und im Ausland, beispielsweise in Italien, weiß Weydringer. Demnächst könnte es sogar den Sprung in die USA schaffen. „Die wollen Dunkles“, sagt er. Der Urstoff soll eines von 25 Bieren werden, die hinter den Türchen eines Adventskalenders auf den Tag ihrer Öffnung warten (in den USA sind es meist 25). Das ist so gut wie sicher.
Was ist aber nun so besonders am Kloster Urstoff? „Es ist ein dunkles Märzen, eigentlich ein Festbier“, erklärt der Rother Braumeister Gerhard Felber. Der Name kommt tatsächlich vom Monat. „Es war das letzte Bier, was man früher gebraut hat.“ Der Braumeister erklärt, dass in früheren Zeiten nur über den Winter gebraut werden konnte. Damit man im Sommer keinen Durst leiden musste, wurde im März ein besonderes Bier gebraut, das wegen hoher Stammwürze und erhöhtem Alkoholgehalts sehr lange haltbar war: das Märzen.
Malz wird länger geröstet
Besonders am Urstoff wiederum ist die dunkle Farbe, die durch die Zugabe von länger geröstetem und dadurch dunklerem Malz erreicht wird. Das sind keine Geheimnisse, das weiß jeder, der sich ein klein wenig mit dem Brauen beschäftigt. Warum ein Bier nun genau so schmeckt, wie es schmeckt, das liegt an speziellen Abläufen während des Brauvorgangs, beispielsweise an der Wahl der Hopfensorten, die zugegeben werden. Das allerdings wird ein Braumeister niemals verraten.
In Münnerstadt gibt es noch jemanden, der die Rezeptur ganz genau kennt: Edgar Dannhauser. Er kam im Jahr 1961 aus Oberfranken nach Münnerstadt. Die Augustiner hatten die Stelle des Braumeisters ausgeschrieben, Edgar Dannhauser bekam sie. Er bestätigte gegenüber unserer Zeitung, dass er der Erfinder des Urstoff-Rezeptes ist. „Ich habe halt ein bisschen probiert“, sagt er heute. Er datiert den Urstoff auf das Jahr 1962 oder 1963. Als er in Münnerstadt begann, habe es eine Biersorte gegeben, die sich aber vom Urstoff unterschied. Dann wurden neue Sorten entwickelt, wie der Doppelbock oder das Kloster-Pils.
„In guten Händen“
Was sagt er denn dazu, dass der Urstoff heute in Roth gebraut wird? „Das ist für mich kein Problem, die Brauerei ist sehr zuverlässig, dort ist der Kloster Urstoff in guten Händen.“ Auf die Frage, ob ihm das Märzen auch heute noch schmeckt, kommt die Antwort ganz spontan: „Ja, freilich.“
Der frühere Braumeister kann viele Geschichten erzählen von der Klosterbrauerei. Er weiß noch genau, wie sie beispielsweise das Malz aus Mellrichstadt geholt haben. Am stärksten in Erinnerung geblieben ist ihm aber das 3. Unterfränkische Jugendblaskapellenfest vom 27. bis 29 Mai 1967. Nach dem Umzug bei extremer Hitze sollen die Musiker über das Klosterbier regelrecht hergefallen sein. 161 Hektoliter Bier seien in diesen drei Tagen getrunken worden. So etwas gibt es heute kaum noch, der Kloster Urstoff aber ist geblieben.

Klosterbrauerei: Belegt ist die Münnerstädter Klosterbrauerei bereits seit dem 17. Juli 1381, wahrscheinlich ist sie älter. Die Geschichte der Klosterbrauerei war ein einziges Auf und Ab. Nach Weggang und Wiederkehr der Augustiner ließen sie zunächst das Bier im städtischen Brauhaus brauen, 1676 kümmerten sie sich wieder selbst darum. Damals wurde dass Bier als “Armenbrot“ ausgeschenkt. Die Säkularisation sorgte noch einmal für ein Tief, dann ging es aufwärts. 1874 richtete der Orden den großen Eisenfelsenkeller ein, 15 Jahre später folgte ein neues Brauhaus. In den 1960er Jahren entstand der Hochbau, die Brauerei wurde auf den neusten Stand gebracht. 1978 folgte die Umwandlung in eine GmbH. Jasper von Wallmoden pachtete die Brauerei. Der Betrieb wurde weiter ausgebaut. 1995 verließ die Familie von Wallmoden Münnerstadt. Daraufhin pachtete die Rother Bräu die Klosterbrauerei. Fortan wurde das Klosterbier in Münnerstadt gebraut, abgefüllt wurde es in Roth. 2011 zog sich die Rother Bräu aus Münnerstadt zurück. Seither wird der Urstoff in Roth gebraut, die Münnerstädter Klosterbrauerei, die noch immer im Besitz der Augustiner ist, steht seither leer. Rother Bräu: 1788 wurde in Roth bei der alten Mühle am Settbach die kleine Brauerei gegründet, 1872 ging sie an Gottfried Schneider, dem Urgroßvater des heutigen Besitzers, Xaver Weydringer, über. Das gebraute Bier war sehr beliebt, auch in Hessen und Thüringen. Mit der Grenzziehung nach dem Krieg gingen 80 Prozent der Kunden verloren. Doch der Betrieb hielt sich, 1965 erfolgte der Umzug an die Ortsgrenze, wo die Brauerei ausgebaut wurde. Seit 1989 braut die Rother Bräu Öko-Bier, gleichzeitig stand Thüringen wieder als Absatzmarkt offen. Seit 1995 wird das Münnerstädter Klosterbier gebraut. Der Betrieb beschäftigt 35 Mitarbeiter. Knapp 40 000 Hektoliter Bier werden pro Jahr gebraut, ein Zehntel davon ist Klosterbier, ein Drittel Öko-Bier. In Roth wird auch die Limonade „Frucade“ hergestellt. Die Brauerei hat bereits 15 Auszeichnungen der DLG (Deutsche Lebensmittelgesellschaft) erhalten Führungen: Die Rother Bräu bietet jeden Montag Führungen an. Beginn ist um 11 Uhr. Kloster Urstoff: Das dunkle Märzen hat Braumeister Edgar Dannhauser Anfang der 1960er Jahre nach alten Rezepten der Klöster in der Münnerstädter Augustiner-Klosterbrauerei entwickelt. Es hat 13 Prozent Stammwürze, 5,4 Prozent Alkohol und eine dunkle Farbe. Vertrieben wird es hauptsächlich in der Region, aber auch im In- und Ausland.