Erntearbeit ist heutzutage sicherlich auch kein Zuckerschlecken. Obwohl klimatisierte Mähdrescher die Arbeit im Gegensatz zu früher deutlich erleichtern. Die Ernte zu Großvater’s Zeiten war noch echte Knochenarbeit, bei der die ganze Familie mitgeholfen hat.
Zu einer Vorführung, wie das Getreide Anfang des letzten Jahrhunderts eingefahren wurde, hatte der Musikverein Oberstreu am Samstagnachmittag eingeladen. Auf einem Feld am Ortsrand wurde der Weizen wie anno dazumal eingebracht. Dies war bereits ein Vorgeschmack auf das anstehende Jubiläum „30 Jahre Brauhausfest“, das im Oktober gefeiert wird.
Der Vorsitzende des Musikvereins Oberstreu, Anton Pfister, begrüßte die Zuschauer. „Wir möchten hier die alten Arbeitsweisen von früher darstellen, die oft schon in Vergessenheit geraten sind“, sagte er.
Die einzelnen Arbeitsschritte und das Drumherum erklärte Hugo Damm in ausführlicher Art und Weise. Er hat in jungen Jahren selbst einen landwirtschaftlichen Betrieb im Vollerwerb geführt. Später war er 40 Jahre im Amt für Landwirtschaft, erst in Haßfurt, dann in Bad Neustadt, als Berater tätig. Er hat die Ernte, wie sie hier gezeigt wurde, früher selbst noch so durchgeführt.
Zur Ernte ging man damals bereits in den frühen Morgenstunden, zwischen 3 und 4 Uhr, auf das Feld. Zunächst wurde der Ackerrand mit der Sense angemäht, was Dietmar Streit anschaulich demonstrierte. Wenn die Sense mit der Zeit stumpf geworden war, wurde sie mit einem wassergetränkten Wetzstein nachgeschärft. Dann wurden acht bis zehn Halme genommen und zu sogenannten Strüpfen geknotet. Diese wurde anschließend auf den Boden gelegt. Darauf wurde ein großes Büschel Halme geschichtet, das mit der Sichel geschnitten wurde. Der Strüpf diente dann zum Einbinden der Garben. Diese Arbeit war meistens Aufgabe der Frauen. Anschließend wurden acht bis zehn Garben bei Weizen zu Stellhaufen, bei Gerste zu Kreuzhaufen zusammengestellt. Die Haufen standen dann bis zu zwei Wochen auf dem Feld zum Trocknen.
Die heruntergefallenen Ähren wurden auch aufgelesen. Damals wurde kein Korn vergeudet. Früher wurde diese Arbeit von den Kindern verrichtet. Am Samstag haben das die Jungmusikanten übernommen. Überhaupt war damals bei der Ernte die ganze Familie, vom Kleinkind bis zu den Großeltern, eingebunden.
Nachdem das Feld angemäht war, ging es mit der Handablage weiter erklärte Hugo Damm. Diese mechanische Gerätschaft wurde von zwei Männern bedient und von Pferden oder Kühen gezogen. Einer lenkte das Fuhrwerk, der zweite arbeitete mit dem Rechen. An der Handablage war ein Mähbalken angebracht. Mit einem Rechen wurden die Halme nach hinten gezogen. Diese Gerätschaft wurde von Anton Werner und seinem Sohn Roland bedient.
Anschließend wurden wieder Garben mit Strüpfen zusammengebunden. Aus Gerstenhalmen konnte man jedoch keine Strüpfe binden, da diese zu widerspenstig waren. Hier wurden Seile aus gedroschenem Roggenstroh verwendet. Diese wurde bereits in den Wintermonaten gestrickt, wusste Damm zu berichten.
Ende der 30er Jahre des vergangenen Jahrhunderts kamen dann die ersten Mähbinder auf den Markt. Diese mähten das Getreide. Anschließend wurde es über eine Tuchbahn gefördert und mit Bindfäden zu Garben gebunden. Bei der Vorführung in Oberstreu kam ein Original-Mähbinder der Firma McCormick-Deering Typ IHC von 1938 zum Einsatz.
Nachdem die Garben getrocknet waren, wurden sie auf den Leiterwagen geladen und in die heimische Scheune eingefahren. Auch beim Beladen gab es einiges zu beachten, machten die fleißigen Erntehelfer des Musikvereins deutlich. Damit die Ähren nicht verstauben, wurden diese stets zur Leiterwagenmitte aufgeschichtet. Außerdem musste möglichst viel auf den Wagen geladen werden, aber so, dass die Fuhre nicht einstürzte. In der Scheune wurden die Getreidegarben dann zunächst eingelagert, bis im Herbst oder Winter dann endlich die Dreschmaschine eintraf.
Da Feldarbeit natürlich hungrig macht, gab es früher immer eine deftige Brotzeit auf dem Feld. Auch bei der Vorführung am Samstag gab es für die fleißigen Erntehelfer nach getaner Arbeit eine zünftige Verpflegung in Form von Fleischwurst und frisch gebackenem Brot.