„Überlegt doch mal“, sagt Lehrer Thomas Scherer in die Runde der Schüler, „gestern Mittag habt ihr Nudeln gegessen, am Abend dann Brot und heute Morgen Vollkornbrötchen.“ Und hofft, dass die Kinder die Fährte aufnehmen: „Klaar! Da ist überall Mehl drin“, ruft Ibrahim lauthals heraus. „Döner“, „Pizza“, „Kuchen“ kommen die Einfälle nun aus allen Richtungen des Klassenzimmers. „Genau. Weil Mehl so wichtig ist, nehmen wir heute das Korn mal genauer unter die Lupe“, gibt Lehrer Scherer die Marschrichtung vor.
Die Sechstklässler der Barbarossa-Hauptschule aus Erlenbach am Main sind alle „Gesundheitsdetektive“. Eine Woche lang sind sie hier im Schullandheim Rappershausen und untersuchen, wie sie ihre Gesundheit und ihre Lebensweise verbessern können. Dabei hilft ihnen FugS, das Projekt „Fit und gesund im Schullandheim“. Rebecca will eigentlich keine Detektivin werden, lieber Reporterin. Während die anderen noch über die Arbeitsblätter gebeugt sind, ist sie schon fertig und flitzt nach oben. „Meine Kamera holen“ flüstert sie dem Lehrer im Vorbeilaufen zu. Der nickt nur.
Bauklötze staunen
„Krass, das haben wir heute gegessen!“, ruft Philipp. Die eine Hälfte der Schüler bekommt von Ernährungsfachfrau Carmen Bach erklärt, welche Nahrungsmittel gut und welche schlecht sind. An der Ernährungswaage können die Gesundheitsdetektive mit Hilfe von hölzernen Bauklötzen herausfinden, wie viel und welchen Sport sie machen müssen, um Döner, Pizza und Schokotorte wieder abzubauen. „Kuck mal, Judo ist der größte Klotz“, findet Philipp heraus. Ein Klotz heißt 15 bis 20 Minuten Sport. Beim größten Essensklotz auf der Waage sind eine Pizza und ein Döner aufgedruckt.
Philipp und Ibrahim häufen einen Sportklotz nach dem andern auf die andere Seite der Waage. Endlich, nach zweimal Skifahren, zweimal Handball, zweimal gehen und zweimal leichte Arbeit im Stehen ist sie wieder ausgeglichen: „Das hätte ich nie gedacht, dass ich für Döner und Pizza so viel Sport machen muss“, ist Phillipp ganz erstaunt und sein Freund erklärt mit gesenktem Kopf: „Ich seh ja, dass ich dick bin, aber jetzt weiß ich, was ich machen muss, um das zu ändern. Und das werde ich auch, wenn ich nach Hause komme.“
Getreidesorten erforscht
„Das Korn kenne ich. Vom Kinder-Country“, erklärt ein Mädchen aus der anderen Gruppe von Schülern, die mit Brigitte Räth verschiedene Getreidetypen erforschen. „Nein“, sagt diese kopfschüttelnd, „das ist Triticale und wird hauptsächlich zur Tierfütterung verwendet.“ Die Ernährungsfachfrau hat eine kleine Miniaturmühle aufgebaut. Außen herum stehen verschieden verarbeitete Kornsorten in Einmachgläsern. Und ein mittelgroßer Papiersack voller Getreide. „Ich weiß, was das ist. Das ist ‘ne Mühle. Aber wir haben heute eine echte gesehen. Eine große“, sagt Rebecca und schielt dabei über ihren Brillenrand die Lehrkraft an, dann schaut sie wieder nach unten auf ihre Kamera. Sie zeichnet jeden Schritt auf, sogar die Plakate, auf denen die Getreidesorten abgebildet sind, filmt sie ab. Rebecca gehört zu den Schulreportern und will den Mitschülern zuhause alles berichten.
Doch dann lässt sie die Kamera sinken und schaut gebannt zu, wie Brigitte Räth die hölzerne Mühle mit Körnern füllt, ein Mitschüler den kleinen Hebel umlegt und am anderen Ende unter lautem Rattern das grob gemahlene Mehl herausfließt. Die Ernährungsfachfrau mit ihrer rotweißen Schürze beugt sich über die jungen Gesundheitsdetektive. „Na, was ist da drin, wenn das Mehl dunkler ist?“ Das Rätsel ist einfach zu lösen: „Genau, die Schale. Es ist besser solches Vollkornmehl zu essen, dann hat man länger keinen Hunger“, erklärt sie noch.
Dann dürfen die Schüler ganz alleine Vollkornwaffeln mit Zimt backen. Eine mühsame Angelegenheit, mit so vielen Kindern in der schmalen Küche. Die lange Wanderung zur Mühle scheint die Kinder nicht müde gemacht zu haben. „Ich weiß, wie das geht mit dem Eier trennen, das machen die bei Galileo auch immer“, sagt ein Mädchen und macht es nach.
Hunger auf gebackene Waffeln
Doch so einfach ist das dann doch nicht. Am Ende haben zwar alle einen roten Kopf, aber die ganze Küche duftet nach gebackenen Waffeln, die gelungen sind. Janine ist begeistert, alleine hat sie sich noch nie getraut zu backen: „Jetzt weiß ich, wie es geht und wenn ich zuhause bin, probiere ich das gleich noch einmal aus.“
Dimitri dagegen hatte am Backen nicht so viel Freude. „Nicht mein Ding“, sagt er. Aber als er von der Mühlen-Wanderung „Das Geheimnis der weißen Hand“ erzählt, blüht er auf. „Einmal war da ein weißer Handabdruck so nach oben, auf einem Baum, das hieß gerade aus gehen.“ Auch Lehrer Christian Gessner hat die Begeisterung seiner Schüler zu spüren bekommen: „Ich hatte selbst keine Ahnung, wo es hinging, das war schon abenteuerlich.“ Waffel kauend und kopfnickend stimmen die Kinder ihrem Lehrer zu.