Kaum ein Handwerk ist so faszinierend zu beobachten wie das Drechseln: Ein Stück Holz wird in die Drechselbank eingespannt. Und innerhalb kurzer Zeit kristallisiert sich „im Handumdrehen“ ein Kunstwerk heraus, das vorher nur im Kopf des Drechslers existierte. Einen Ausschnitt aus ihrem Können zeigt der Rhöner Drechsler-Stammtisch „DDT Drei-Länder-Drechslertreff“, dem Drechsler aus Bayern, Hessen und Thüringen angehören, mit der Sonderausstellung „Durchgedreht“ bis zum 18. Februar im Biosphärenzentrum „Haus der Langen Rhön“ in Oberelsbach.
„Dieses Handwerk passt in das Biosphärenreservat Rhön wie noch was“, erklärte der Leiter der Bayerischen Biosphärenreservats-Verwaltung Michael Geier bei der Ausstellungseröffnung begeistert.
Das Rhöner Laubholz als Handwerksmaterial biete eine schier fantastische Vielfalt an unterschiedlichen Arten und Zuständen. Die durch Drechseln entstehenden Kunsthandwerke seien allein für die Augen „absolut faszinierend“. Aber auch als Gebrauchsgegenstand eigne sich Gedrechseltes und Geschliffenes hervorragend.
Die Sonderausstellung „Durchgedreht“ zeigt gedrechseltes Kunsthandwerk von neun Künstlern des Dreiländer Drechsler Treffs (DDT) in seinen unterschiedlichsten Facetten. Von Schalen, Tellern und Vasen über Kerzenständer und Dosen bis hin zu Gewürzmühlen, Teigrollen, Brieföffnern oder Flaschenstöpseln.
Außerdem werden besondere Varianten des Drechselns gezeigt, wie das so genannte „Passigdrehen“, das Günter Göpfert aus Ostheim ausübt. Der Kunstgegenstand wird hierbei nicht einfach kreisrund gedreht, sondern besitzt geschwungene Ornamente am Rand oder auch im Innern. Mit dem „Passigdrehen“ ist eine Längs- und Querbearbeitung des Werkstücks möglich, so dass auch eckige Formen entstehen können, wie Göpfert zur Ausstellungseröffnung erklärte.
„Nicht nur zum Anschauen“ sei die Ausstellung laut Michael Geier geeignet. Das ausgestellte Kunsthandwerk dürfe auch Kunden finden, wies er darauf hin. Falls einem Besucher ein Stück gefällt, könne dies auch gerne erworben werden.
Für die Organisation der Ausstellung in Oberelsbach war Dieter Pelka aus Bad Neustadt hauptverantwortlich, der sich herzlich für die Möglichkeit der Ausstellung im Biosphärenzentrum „Haus der Langen Rhön“ bedankte. Pelka skizzierte in seinen Ausführungen kurz die Geschichte der uralten Handwerkskunst des Drechselns. Beim Drechseln werden rotierende Werkstücke aus natürlichen Materialien wie Holz mithilfe von Schneidwerkzeugen zu handwerklichen und künstlerischen Objekten veredelt.
Im Raum Deutschland ist das Drechseln bereits seit dem dritten Jahrhundert nachgewiesen. Im Mittelalter trugen die Drechsler zur Blüte des Handwerks bei, und auch im Barock erfreute sich das Drechslerhandwerk großer Popularität und wurde selbst vom Adel praktiziert.
Revolutionär war die im 15. Jahrhundert von Leonardo da Vinci entwickelte gekröpfte Welle, die eine kontinuierliche, fortlaufende Drehbewegung an der fußbetriebenen Drehbank möglich machte. Heute verwenden die Drechsler Elektromotoren mit elektronischer Drehzahlregelung. Die Weiterentwicklung des Drechselns seien die heutigen Metalldrehmaschinen in der Industrie.
Der Dreiländer Drechsler Treff, dem rund 30 Drechsler angehören, hat sich bereits vor über zehn Jahren gegründet und trifft sich seitdem regelmäßig. Ziel ist die Vernetzung der Hobbydrechsler, um mehr Austausch und Bekanntheit zu erreichen, Hilfestellungen bei Fertigungsproblemen zu bekommen und auch die gemeinsame Organisation von Vorträgen Schulungen oder Ausstellungen wie diese in Oberelsbach. „Wenn einer etwas praktisch zeigen möchte, dann gehen wir immer in die Werkstatt von Andreas Scholl in Stockheim“, erklärt Pelka.
Der Leiter der Biosphärenzentrums „Haus der Langen Rhön“ Michael Dohrmann wies daraufhin, dass das Drechslerhandwerk erst ganz aktuell im Dezember 2018 zum Immateriellen Kulturerbe in Deutschland von der Unesco-Kommission erklärt wurde. Damit stehe das Drechslerhandwerk in einer Reihe mit der Brotbackkunst oder dem Flechthandwerk.
Dohrmann freute sich besonders darüber, dass für die Sonderausstellung auch der Bayerische Rundfunk Interesse zeigte. Für die „Frankenschau“ wurde zur Ausstellungseröffnung ein Beitrag gedreht, bei dem man „die Späne fliegen sehen konnte“.
Live erleben können Besucher die Handwerkskunst des Drechselns im Biosphärenzentrum „Haus der Langen Rhön“ am Sonntag, 17. Februar, zur Rhöner Maskenfastnacht. An diesem Tag werden die Künstler selbst vertreten sein und ihre Kunstgegenstände vor den Augen der Besucher fertigen. Ansonsten ist die Sonderausstellung „Gedrechseltes“ zu den Öffnungszeiten des Biosphärenzentrums „Haus der Langen Rhön“ bis zum 18. Februar geöffnet. Diese sind täglich von 10 bis 16 Uhr, dienstags geschlossen.
Die Aussteller Die Drechsel-Aussteller in Oberelsbach im Einzelnen sind: Dieter Pelka aus Bad Neustadt; Andreas Scholl aus Bad Neustadt, Günter Göpfert aus Ostheim vor der Rhön, Manfred Kalb aus Kützberg, Herwig Eckart aus Gössenheim, Otmar Kleinhenz aus Langendorf, Robert Spötta aus Leutershausen, Martina Behr aus Wülfershausen, Siegfried Baum aus Ostheim vor der Rhön.