Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Rhön-Grabfeld
Icon Pfeil nach unten
Bad Neustadt
Icon Pfeil nach unten

KLEINSASSEN: Die Milseburg war mal eine große Stadt

KLEINSASSEN

Die Milseburg war mal eine große Stadt

    • |
    • |
    Konzentriert sind Sabrina Geilhaupt und Jaqueline Wollenberg mit archäologischen Ausgrabungen an der Milseburg beschäftigt.FOTO: Marion Eckert
    Konzentriert sind Sabrina Geilhaupt und Jaqueline Wollenberg mit archäologischen Ausgrabungen an der Milseburg beschäftigt.FOTO: Marion Eckert

    Die diesjährigen archäologischen Ausgrabungen auf der Milseburg bei Kleinsassen (Lkr. Fulda) haben neue Erkenntnisse über das Leben der Kelten auf diesem markanten Berg in der Rhön ans Tageslicht gebracht. Gefunden wurden menschliche Überreste, die auf einen Bestattungsplatz hinweisen sowie ein Zügelführungsring aus Bronze aus der späten Eisenzeit. Fuldas Stadt- und Kreisarchäologe Frank Verse, der sich seit 2014 intensiv mit der Geschichte der Milseburg befasst, bezeichnete die Funde als „wahre Sensation“.

    Mit einer Fläche von 45 Hektar sei die Milseburg die mit Abstand größte keltische Siedlung in der Rhön, erklärt Verse. Die archäologischen Ausgrabungen werden seit zwei Jahren von Studenten der Universität Marburg unter Leitung von Ulrike Söder vorgenommen. Begleitet wird das Gemeinschaftsprojekt von der hessischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön und der Gemeinde Hofbieber.

    „Für die damalige Zeit war die Milseburg eine große Stadt, besiedelt vom sechsten bis zum ersten Jahrhundert vor Christus“, weiß Verse. „Wald gab es keinen, stattdessen standen hier Hütten und Werkstätten. Es war das Erscheinungsbild einer sehr großen stadtartigen Siedlung, die schon von Weitem wahrgenommen werden konnte.“

    Verbrannte Knochen

    Dass eine Grabstelle gefunden werde, damit habe niemand rechnen können, denn gerade mal ein Prozent der Fläche der Milseburg sei bislang untersucht worden. Auf einer kleinen Grabungsfläche am Westfuß der Anlage kamen die menschlichen Knochenreste zu Tage. „Es ist richtig spannend, so etwas haben wir bisher an der Milseburg nicht gefunden.“ Bei den Überresten handelt es sich um verbrannte Knochen, sogenannte kalzinierte Knochen, die auf eisenzeitliche Brandgräber hindeuten. „Die Leichen wurden verbrannt, doch da die Temperaturen des Feuers nicht so hoch waren, wie in unseren heutigen Krematorien, blieben Knochenreste übrig und die wurden bestattet“, so Verse.

    Aufgrund der gefundenen Überreste und Strukturen des Areals gehen er und Söder davon aus, dass die untersuchte Fläche zunächst ein Bestattungsplatz war (sechstes/fünftes Jahrhundert vor Christus) und später (viertes bis erstes Jahrhundert) als Wohnplatz diente.

    In den oberen Schichten fanden sich „haushaltsübliche“ Keramikscherben und ein Steinpflaster deckte den Bereich ab. Eigentlich wollten Verse und Söder gar nicht tiefer graben, doch die Faszination ließ sie nicht los. So kamen unter dem Steinpflaster die Bestattungsüberreste ans Tageslicht. „Es war für uns eine Riesenüberraschung, dass unter dem Steinpflaster mehr war als zunächst vermutet.“

    Dass es sich um Überreste menschlicher Knochen handelt, davon sind Verse und Söder überzeugt. „Das zeigt uns die Art wie die Knochenstücke im Boden aufgefunden wurden“, erklärt Verse.

    Bronzering

    „Außerdem haben wir eine menschliche Zahnkrone gefunden“, zeigt Verse einen rund 2500 Jahre alten Zahn – ohne Karies. In den Wintermonaten sollen alle Exponate wissenschaftlich untersucht, die Knochenreste zudem einem Anthropologen vorlegt werden.

    Und noch einen kleinen Schatz haben sie gefunden, einen bronzenen Zügelführungsring aus der späten Eisenzeit (erstes Jahrhundert vor Christus). So ein Ring diente an von Pferden gezogenen Fuhrwerken dazu, die Zügel am Gefährt zu halten und zu führen. „Er ist phantastisch erhalten“, schwärmt Verse. „Er sieht aus, wie gerade in der Erde vergaben.“ Dass die Funde an der Milseburg so gut erhalten sind, wundert die Archäologen nicht. „Hier ist alles unberührt und ohne Kunstdünger. Auf Ackerflächen sind solche Funde durch Salze häufig angegriffen.“

    Ob der bronzene Zügelführungsring auf der Milseburg hergestellt wurde oder ein Tauschobjekt war, könne nicht mit Sicherheit gesagt werden. Doch selbst wenn er auf der Milseburg hergestellt wurde, sei das Material für die Legierung vor Ort nicht vorhanden gewesen und habe durch Tauschhandel erworben werden müssen. „Die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen der Kelten sind ein weiteres spannendes Forschungsfeld“, sagte Verse. Aufgrund verschiedener Funde sei schon jetzt klar, dass die Bewohner der Milseburg umfassende Handels- und Tauschbeziehungen pflegten, die bis nach Süddeutschland reichten.

    Neben diesen beiden Besonderheiten kam im Zuge der Grabungen eine Vielzahl von Keramikscherben zum Vorschein.

    Waffen und Werkzeuge

    Aber auch Waffen, Geräte wie Hammer und Meißel, Scheren für die Schafschur und Schmuckstücke wurden gefunden. „Wir können den Geschirrschrank der Kelten rekonstruieren“, sagt Verse und zeigte verschiedene Exponate. Da gibt es schwarze Scherben mit nahezu filigranen Mustern, die möglicherweise als Ess- beziehungsweise Trinkgefäße genutzt wurden. Scherben von Vorratsgefäßen seien dickwandiger und weniger aufwendig verziert. Der Archäologe verweist auf regelmäßige Einbuchtungen: „Das sind Fingertupfen. Man kann deutlich erkennen wie der Töpfer mit dem Fingernagel Kerben in den Ton drückte. Fast kann man noch etwas vom Hersteller erahnen.“

    Ausstellung Alte und neue Funde von der Milseburg werden vom 7. September bis 3. Oktober im Foyer des Gemeindezentrums Hofbieber ausgestellt. Die Eröffnung der Ausstellung ist an diesem Dienstag um 18 Uhr mit einem Vortrag des Fuldaer Stadt- und Kreisarchäologen Frank Verse. In der Ausstellung werden sowohl der kürzlich gefundene Zügelführungsring wie auch die Knochenüberreste und der Zahn zu sehen sein. An den Sonntagen, 11., 18. und 25. September wird Bernadette Wrana begleitend zur Ausstellung jeweils von 15 bis 16.30 Uhr einen Workshop anbieten, in dem die Teilnehmer den Aufbau der keltischen Keramik erproben können. Die Workshops am 11. und 25. September sind für Erwachsene, jener am 18. September für Kinder (je maximal sechs Teilnehmer). Anmeldung: Tourist-Information Hofbieber, Tel. (0 66 57) 98 74 12; Mail: touristinformation@hofbieber.de

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden