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MELLRICHSTADT/WEGFURT: Die Passion des Egon Sturm

MELLRICHSTADT/WEGFURT

Die Passion des Egon Sturm

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    Lassen die Rhöner Tradition des Laienschauspiels wieder aufleben: Rudi Lenhard und Tamara Sturm (die Leidenschaft fürs Theater liegt augenscheinlich in der Familie) interpretieren auf der Wegfurter Theaterbühne das fränkische Stück „Der Geisfürst“ aus der Feder von Egon Sturm.
    Lassen die Rhöner Tradition des Laienschauspiels wieder aufleben: Rudi Lenhard und Tamara Sturm (die Leidenschaft fürs Theater liegt augenscheinlich in der Familie) interpretieren auf der Wegfurter Theaterbühne das fränkische Stück „Der Geisfürst“ aus der Feder von Egon Sturm. Foto: FOTO C. Thalheimer

    Alles begann Anfang der 1970er Jahre. In der Rhön war es gern gepflegte Tradition, in den kalten Monaten und besonders zur Weihnachtszeit Theater zu spielen. So auch im Rhöndorf Wegfurt. Aus dem Jahr 1923 datieren in dem kleinen Ort die ersten schriftlichen Aufzeichnungen über schauspielerische Aktivitäten. Interessanterweise stammen diese Eintragungen von Otto Ewald, dem Großvater von Egon Sturm.

    Tatsächlich war die Schauspielerei aber wohl schon bedeutend früher ein wichtiger Teil des kulturellen Dorfgeschehens. Bis dann in den 1960er Jahren das Fernsehen Einzug in die deutschen Wohnzimmer hielt: „Die ländlichen Theater standen damals vor dem Aus“, erinnert sich Egon Sturm.

    Der 52-jährige Erste Polizeihauptkommissar, der seinem Heimatort Wegfurt treu geblieben ist und mit seiner Familie dort wohnt, entdeckte sehr früh seine Leidenschaft für das Theater. Mit einer Gruppe von jungen Leuten sollte unter Anleitung von Werner Gutmann und Erhard Scheuring Anfang der 70er Jahre in Wegfurt die Tradition des Rhöner Laienspieles wieder belebt werden.

    „Zunächst spielten wir oberbayrische Stücke und ahmten auch noch den Dialekt nach, weil einfach nichts in fränkischer Mundart zu finden war“, blickt Sturm auf die schwierigen Anfänge zurück. Trotzdem: Die aufgeführten Luststücke und Dramen fanden großen Gefallen beim Publikum. Und sie weckten die Begeisterung der Schauspieler für die Bretter, die ja bekanntlich die Welt bedeuten.

    Entdeckte Leidenschaft

    „Es war für mich eine interessante Erfahrung, dass Theater weit mehr als künstlerisches Sprechen ist. Gestik und Mimik, die gesamte Ausstrahlung einer Person haben einen enormen Einfluss auf die darstellerische Wirkung“, schildert Egon Sturm. Er und seine Mitstreiter gaben ihr Bestes – und so konnte die „Rhöner Laienspielgruppe“ in den kommenden Jahren ihren Erfolg fortsetzen und wurde als Abteilung der DJK Wegfurt ein etablierter Bestandteil des Kulturlebens im Landkreis.

    „Seit 1989 reden wir auf der Bühne echten Dialekt, wie er in Wegfurt gesprochen wurde und wird“, erzählt Sturm. Das wirke ehrlich und echt und verfolge das ehrgeizige Ziel, „diesen Dialekt nicht nur am Leben zu erhalten, sondern auch schick zu machen.“ Die Theaterbühne bietet dafür die ideale Plattform, die im Alltag laut Sturm heute fehlt: „Weder im Beruf noch in der Schule oder im freizeitlichen Miteinander ist es heutzutage noch üblich und möglich, Mundart zu reden. Damit diese Tradition nicht völlig in Vergessenheit gerät, spielen wir mittlerweile ausschließlich fränkische Stücke.“

    Anfang der 1990er Jahre war es allerdings noch schwer, entsprechendes Text-Material zu finden. „Da habe ich mich dann einfach an meine gute, alte Schreibmaschine gesetzt und angefangen, selbst ein Stück zu schreiben“, erinnert sich Sturm an seine Anfänge als Autor.

    Wichtig sei es, ein Gerüst zu haben, zu wissen wo man grob hinwolle. Man kennt die Schauspieler und ihre bevorzugten Rollen – die Dialoge entstehen dann ganz von alleine, sagt er. „Beim Schreiben geht irgendwann einfach eins ins andere, es läuft und manchmal entwickelt sich ganz überraschend eine besondere Wendung. Das Stück an sich wächst von selbst.“

    Auf der Nürnberger Bühne

    So entstand Sturms erstes Theatermanuskript „Där fast zebroche Kruch“, das mit dem ähnlich klingenden Stück von Kleist aber so gut wie nichts gemein hat. Es ist vielmehr ein Werk über „Theater im Theater“ und wurde nicht nur in Wegfurt, sondern auch vom Ensemble des Theaters der Altstadt Nürnberg etwa 15 Mal aufgeführt. Bis heute folgten sechs weitere Theaterstücke, alle in Mundart, aus Sturms Feder. Zwei davon enthalten alte Wegfurter Legenden in Reimform.

    Besonders am Herzen liegt dem Verfasser natürlich sein erstes Stück. Aber auch der Mundartklassiker „Dräeg es gesaund“ um familiäre Konflikte zwischen zwei Brüdern ist eines seiner Lieblingsstücke.

    Generell mache es immer Spaß, ein Thema für die Bühne aufzubereiten. „Wichtig ist mir der Versuch, auf diesem Weg auch eine Botschaft zu übermitteln“, erklärt der Hobby-Autor. Natürlich solle ein Stück lustig sein, das Publikum zum Lachen bringen. Seine Motivation sei es aber auch, Probleme des Alltags aufzuzeigen und das Publikum nach Möglichkeit zum Nachdenken anzuregen.

    Liedtext für „Rhöner Bluat“

    Was hat nun aber der Polizeichef von Mellrichstadt mit der Kultband „Rhöner Bluat“ zu tun? Zumindest so viel, dass sein Name auf dem Inlay der neuesten CD „Inwendichnei“ als Texter eines Liedes abgedruckt ist. Sturm schmunzelt. Zufällig habe sich diese künstlerische Zusammenarbeit ergeben, sagt er. Thomas Rockenzahn, Bandmitglied aus Wegfurt, hatte bei Sturm angeklopft, ob er einen Liedtext für die neue CD beisteuern könne.

    Der Wind aus „Prost Neujahr“

    So kam es, dass ein Gedicht des Theatermanns vertont wurde. „Mir gefällt die Art von 'Rhöner Bluat'. Sie stehen dazu, wie sie sind – rau, aber herzlich“, sagt Sturm. Es gehe nicht nur darum, zu unterhalten und gute Stimmung zu verbreiten, sondern auch darum, dazu beizutragen, einen Bezug zur Heimat herzustellen. Deshalb fiel die Wahl auf das Gedicht „Der Rhöner Wind“ aus Sturms Theaterstück „Prost Neujahr“, das die Entstehung und Entwicklung der Rhön – vom Anbeginn über Kriege bis in die heutige Zeit – nachzeichnet.

    Mittlerweile ist die CD fertig. „Es hat wirklich Spaß gemacht“, gibt Egon Sturm augenzwinkernd zu. Und, noch wichtiger: „Das Entstandene gefällt mir. Das Lied ist eine Ballade, langsam, getragen und doch unverwechselbar aus der Rhön.“

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