"Für die Mühle habe ich mich schon immer interessiert". Bernhard Gass erfüllt sich mit der Restaurierung des denkmalgeschützten Hauses einen lange gehegten Traum. In der Taubenmühle lebten die Eltern von Bernhard Gass bis zum Zweiten Weltkrieg, danach Tante und Onkel. Nach dem Tod der Tante in den 90er-Jahren stand das Haus leer, blieb unbewohnt und verfiel, weil schon Jahrzehnte lang keine wirklichen Unterhaltungsmaßnahmen mehr verrichtet wurden.
In den 60er-Jahren hatte Bernhards Vater Augustin das neue Wohnhaus der Familie genau gegenüber der Mühle gebaut. In der Straße, die ihren Namen durch die Mühle erhielt: Taubenmühlweg. "Mein Vater war ein Handwerker durch und durch", sagt Bernhard Gass. Zu gerne hätte Augustin Gass selbst die Mühle wieder hergerichtet, doch war die Zeit dafür noch nicht gekommen.
Für Bernhard Gass steckt das alte Haus bis heute voller Kindheitserinnerungen. Weil er sich immer für die Mühle interessiert hatte, setzte sich sein Vater für dieses Erbe ein. Doch zunächst zog es ihn nach der Lehre bei Siemens und dem Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nach München. Er studierte Architektur und arbeitete als freiberuflicher Architekt vor allem in der Bauleitung auch bei denkmalgeschützten Objekten.
Nach mehr als 20 Jahren in München kehrt Bernhard Gass jetzt in seine Heimat zurück und will die Taubenmühle zu seinem neuen Domizil ausbauen. Doch das Gebäude hat in den vergangenen Jahrzehnten und Jahrhunderten schwer gelitten.
Im Jahre 1574 wurde die Mühle erstmals als Mittelmühle, also als mittlere von drei Mühlen im Dorf, im Lehen des Klosters Wechterswinkel erwähnt. 1589 ist sie auf einer Rundkarte der Stadt Neustadt am Rande des Dorfes Lorenzen eingezeichnet. Um die Mühle, die ein wenig abseits der Brend liegt, zu betreiben, wurde ein Mühlgraben direkt zu der Mühle hingeführt. Das Mühlrad der Taubenmühle drehte sich bis 1923. Dann wurde es ersetzt durch eine Wasserturbine. Diese Technik sollte jedoch nicht lange Bestand haben und bereits vor Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde der Mühlenbetrieb endgültig eingestellt. Die Taubenmühle wurde dann lediglich als Wohnraum bis 1993 genutzt, zuletzt von einer Tante von Bernhard Gass.
Ein unscheinbarer Anbau der Mühle ist der ältere Teil des Gebäudes. Er wurde in den Jahren 1597/98 gebaut. Das eigentliche Mühlengebäude stammt aus den Jahren 1750/51.
Heute ist der Mühlgraben der Taubenmühle längst zugeschüttet. Im östlichen Teil des Haupthauses, dort, wo einst das Mühlrad seine Kraft entfaltete, erinnern nur noch dicke Betonklötze an die Wasserturbine aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Doch auch diese werden bald weichen müssen, denn dort, wo einst das Korn gemahlen wurde, wird es schon bald Wein zu kaufen geben. Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Der Mühlentrakt wie auch das gesamte Gebäude waren schwer beschädigt und mussten von Grund auf restauriert werden.
Dr. Annette Faber, Oberkonservatorin am Landesamt für Denkmalpflege, zeigte sich begeistert von den Ideen des Bernhard Gass und leitete die notwendige Hilfe in die Wege. Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat die Mühle in den so genannten Entschädigungsfonds aufgenommen. Von dort fließen jetzt Gelder für die Restaurierung. Zuschüsse gibt es zudem vom Landkreis Rhön-Grabfeld und der Stadt Bad Neustadt.
Noch in den Herbstmonaten des vergangenen Jahres wurden der Dachstuhl und das Fachwerk der Südfassade restauriert. Im ältesten Teil des Gebäudes, der noch aus der Zeit vor dem 30-jährigen Krieg stammt, konnten jedoch nur wenige Balken gerettet werden. In diesem Teil des Hauses und im Obergeschoss der eigentlichen Mühle sollen Wohnräume und Büros entstehen.
In dem ehemaligen Mühlentrakt will Gass eine Vinothek einrichten. Zwei Fliegen schlägt dadurch mit einer Klappe. Zum einen verwirklicht Bernhard Gass seine Idee von einer kleinen Weinhandlung und zum anderen bleibt ein Teil der Mühle für die Öffentlichkeit zugänglich.
Im September soll die Eröffnung gefeiert werden. Doch bis dahin gibt es in der Taubenmühle noch jede Menge Arbeit. Bernhard Gass blickt mit Argusaugen auf die Handwerker. Farb- und Schablonierreste sollen erhalten bleiben, die Fenster werden, wenn irgend möglich, wieder hergerichtet und zu wärmedämmenden Kastenfenstern umgebaut. Was auch immer erhalten werden kann, soll behutsam in Einklang mit heutigen Wohn-Ansprüchen gebracht werden. Damit wieder Leben einzieht in die alte Mühle im Taubenmühlweg. Vater Augustin wäre begeistert gewesen.