Icon Menü
Icon Schließen schliessen
Startseite
Icon Pfeil nach unten
Rhön-Grabfeld
Icon Pfeil nach unten
Mellrichstadt
Icon Pfeil nach unten

MELLRICHSTADT: Die unbekannte Persönlichkeit

MELLRICHSTADT

Die unbekannte Persönlichkeit

    • |
    • |
    ssss
    ssss Foto: Foto: Gerhard Fischer

    Friedrich Nietzsche ist kein Unbekannter des deutschen Geisteslebens. Der Name Wolfgang Nitsche mag beim ersten Hören Erinnerungen an den Philosophen und Weltbild-Zertrümmerer wecken. Wirklich ins Rampenlicht der großen Geschichte hat es dieser Mann aber nicht geschafft. Und dennoch trägt eine Straße, ja eine ganze Neubausiedlung in Mellrichstadt, den Namen dieses Wolfgang Nitsche. Und das nur, weil sein Sohn Georg im Jahr 1997 bei einer Aktion der Süddeutschen Zeitung eine Straße ersteigerte.

    100 Jahre alt wäre der Namensgeber der Straße im Wohngebiet neben der Sondheimer Straße in diesem Jahr geworden. Grund genug für Sohn Georg, wieder einmal in Mellrichstadt vorbeizuschauen.

    Letzter Besuch vor 17 Jahren

    Im Sommer 1998 weilte der Wahl-Münchner das letzte mal im Streustädtchen, mit Ehefrau Christa und Vater Wolfgang sowie Mutter Gudrun. Die Wolfgang-Nitsche-Straße war damals eine Straße, die praktisch ins Nichts führte, eine Erschließungsstraße, der noch die Bewohner fehlten.

    Genau diese Straße war auserkoren, den Namen von Wolfgang Nitsche zu tragen. So mir nichts, dir nichts kann eine Straße freilich nicht nach irgendjemanden benannt werden. 1997 hatte das Magazin der Süddeutschen Zeitung aber die gute Idee, die verschiedensten Dinge zu Gunsten der Aktion „Herzenswünsche“ zu versteigern, die schwerkranken Kindern zu Gute kommt. „Von der Aktion war ich von Anfang an begeistert, man hätte auch einen Platz auf einer Briefmarke ersteigern können“, erzählt Georg Nitsche.

    Anerkennung für das Lebenswerk

    Aber ihn reizte mehr, einen Straßennamen für seinen damals 81-jährigen Vater Wolfgang zu ersteigern. Er wollte damit auch das Lebenswerk seines Vaters anerkennen. Der gebürtige Stuttgarter hatte es in Esslingen zu einem erfolgreichen Unternehmer in der Textilbranche geschafft. Sohn Georg hat nach Mellrichstadt eine lange Liste von Ehrenämtern mitgenommen, die der Vater im Schwäbischen bekleidet hat: Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft Esslingen, Vizepräsident der IHK Esslingen, Mitbegründer der Lehranstalt des Deutschen Textil-Einzelhandels und Handelsrichter beim Landgericht Stuttgart.

    Stattliche 7000 Mark hat Georg Nitsche 1998 an die Aktion „Herzenswünsche“ bezahlt, damit die besagte Mellrichstädter Straße den Namen seines Vaters trägt. Von der Alternative, eine neu entdeckte Frosch-Art mit dem Familiennamen zu versehen, ließ Georg Nitsche schnell ab.

    Vor der Namensgebung musste der Mellrichstädter Stadtrat natürlich dem ganzen zustimmen. „Eine Straßenwidmung ist eine hoheitliche Aufgabe eines Stadtrates“, wie Bürgermeister Eberhard Streit betont, der sich am Mittwoch sehr über den Besuch von Georg Nitsche freute.

    Der Stadtrat unter Altbürgermeister Helmut Will stimmte seinerzeit natürlich zu, denn immerhin ging es um 7000 Mark für die Aktion „Herzenswünsche“. Doch nicht nur das. Beim Besuch und der Aufstellung des Straßenschildes hatte Senior Nietsche noch eine Überraschung parat und 3000 Mark für die beiden Kindergärten in Mellrichstadt im Gepäck.

    Die Straße ist übrigens nicht die einzige in der Republik, die nach einem Familienmitglied der Nitsches benannt ist. In Karlsruhe gibt es die Hermann-Billing-Straße, benannt nach dem Urgroßvater mütterlicherseits, weiß Georg Nitsche.

    Nun sind über 17 Jahre seit dieser ungewöhnlichen Mellrichstädter Straßenwidmung vergangen. Namensgeber Wolfgang Nitsche ist 2007 verstorben. „Wir wollen bei einem Familienfest an unseren Vater erinnern, der 100 Jahre alt geworden wäre, und da gehört natürlich die Straße in Mellrichstadt dazu“, erklärt Georg Nitsche bei seinem Besuch am Mittwochnachmittag.

    Beliebtes Neubaugebiet

    Dass aus der Straße nach Nirgendwo jetzt ein lebenswertes, gut angenommenes Neubaugebiet geworden ist, freut Georg Nitsche und Bürgermeister Eberhard Streit gleichermaßen. „Im Volksmund ist es sogar die Wolfang-Nitsche Siedlung“, weiß das Ortsoberhaupt. Und durch die fährt kurz nach dem Pressetermin mit dem Bürgermeister Georg Nitsche und filmt mit seinem Smartphone sogleich den Straßenzug, damit er bei der Familienfeier auch präsentiert werden kann.

    Der Bürgermeister nimmt das Lob des noblen Spenders von 1997 gerne entgegen, dass sich die Stadt in den vergangenen Jahren gut entwickelt habe. Die schwierigen Jahre mit Kasernen- und Krankenhausschließung seien vorbei, freute sich Streit, der Stadtumbau West habe der Altstadt-Entwicklung gut getan.

    2000-Euro-Spende für Asylarbeit

    Dem stimmt der Großstädter Georg Nitsche sofort zu: „Dass sich hier Autos und Fußgänger gleichberechtigt den Raum teilen, das finde ich sehr schön“, meint der ehemalige Datenschutzbeauftragte einer Versicherungsgesellschaft. Von seinem ersten Besuch von vor 17 Jahren hat er vor allem die damalige große Besorgnis in Erinnerung, wie sich die ehemaligen Grenzstädte gegen das Fördergefälle gegenüber Thüringen behaupten könnten.

    Mit leeren Händen hat Bürgermeister Eberhard Streit Georg Nitsche freilich nicht besucht. Für den Münchner gab es einen Bierkrug mit Stadtwappen.

    Ein ganz besonderes Gegengeschenk hatte Georg Nitsche mitgebracht. 2000 Euro versprach er für die Arbeit der gut 70-köpfigen Bürger-Gruppe, die sich um die Asylbewerber in der Sammelunterkunft kümmern wird.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden