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MELLRICHSTADT: Ein Ehemann für 50 Rubel: Heiteres bei „Mellrichstadt liest“

MELLRICHSTADT

Ein Ehemann für 50 Rubel: Heiteres bei „Mellrichstadt liest“

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    Vorleser bei „Mellrichstadt liest“: (von links) Moderator Fred Rautenberg, Else Somieski aus Bad Kissingen, Moderatorin Janette Fraas, Michael Graf aus Mellrichstadt und Wolfgang Schneider aus Bischofsheim.
    Vorleser bei „Mellrichstadt liest“: (von links) Moderator Fred Rautenberg, Else Somieski aus Bad Kissingen, Moderatorin Janette Fraas, Michael Graf aus Mellrichstadt und Wolfgang Schneider aus Bischofsheim. Foto: Foto: Rautenberg

    Die jüngste Folge von „Mellrichstadt liest“ entführte die Zuhörer nach Russland. Drei Gastleser konnten die Moderatoren Janette Fraas und Fred Rautenberg präsentieren: Else Somieski aus Bad Kissingen, Wolfgang Schneider aus Bischofsheim und Michael Graf aus Mellrichstadt.

    Else Somieski hatte sich Passagen aus Nikolai Gogols Roman „Die toten Seelen“ ausgesucht, in denen anschaulich das Leben in einer russischen Provinzstadt des 19. Jahrhunderts geschildert wird. Der Hochstapler Pawel Iwanowitsch Tschitschikow nistet sich in einem Provinznest ein. Sein Ziel ist es, „tote Seelen“ für einen Spottpreis aufzukaufen. Sein Kalkül: Im damaligen Russland wurden verstorbene Leibeigene als „Seelen“ bezeichnet. Bis zur nächsten staatlichen Revision, die nur alle zehn Jahre stattfand, galten sie als lebendig, und für diese „toten Seelen“ mussten ihre Besitzer noch Steuern entrichten. Da der Staat also keinen Überblick über die tatsächliche Zahl der Leibeigenen hatte, konnte Tschitschikow diese rechtlich beglaubigt kaufen und sie bei den Banken beleihen. Natürlich fliegt der Schwindel nach einiger Zeit auf, aber bis dahin hat der Erzähler viel Gelegenheit, um das damalige Russland, seine Menschen und deren Gewohnheiten mit sarkastisch-kritischem Unterton zu beschreiben.

    Michael Graf hatte sich drei kurze, höchst amüsante Erzählungen von Michail Schoschtschenko ausgesucht. In „Die Limonade“ fasst ein Säufer nach ärztlichem Anraten den Vorsatz, dem Wodka zu entsagen. Beim Essen im Lokal bestellt er darum brav Limonade, stellt dann aber zu seiner Verblüffung fest, dass der Kellner ihm Wodka gebracht hat. Schließlich, nach vielen weiteren Proben, erfährt er, dass in diesem Lokal das Wort „Limonade“ nur ein anderes Wort für Wodka ist.

    In der Erzählung „Man soll nicht spekulieren“ verrechnet sich eine Milchfrau, die einer ihrer Kundinnen einen Bräutigam verspricht, weil sich diese als Witwe unbedingt wieder verheiraten will. 50 Rubel würde die Milchfrau dafür bekommen. Geködert von dem Geld, aber aus Ermangelung eines geeigneten Kandidaten, überredet sie ihren eigenen Mann, sich als Bräutigam auszugeben. Der Schlawiner heiratet die Witwe und denkt am Ende gar nicht daran, zu seiner alten Frau zurückzukehren.

    In der Erzählung „Das Regime der Sparsamkeit“ fordert ein sowjetischer Amtsleiter seine Mitarbeiter auf, zu sparen, und da kommt ihnen die Idee, auf die Heizung der Toilette zu verzichten. Sie rechnen hoch, wie viel Brennholz sie in einem Monat, einem Jahr, ja, in 100 Jahren einsparen könnten. Aber dann kommt der Frühling, da braucht man nicht mehr zu heizen, und die schöne Rechnung fällt wie ein Kartenhaus zusammen.

    Mit einer humorvollen Erzählung von Else Hueck-Dehio aus ihrem Erzählbändchen „Ja, damals ?“ schloss Wolfgang Schneider den Vorlesenachmittag ab. Ein evangelischer Pastor hat eine bezaubernde junge Frau, die ein bisschen eitel ist, was sich nicht mit den puritanischen Vorstellungen ihres bigotten Gatten vereinbaren lässt. Die junge Pastorin wünscht sich für ihr neues Weihnachtskleid einen schönen Seidentaft-Kragen. Im Kleiderladen Plötz findet sie auch herrliche Stoffe, aber drei Rubel die Elle, das gibt die Haushaltskasse nicht her. Weil sie aber etwas Geld gespart hat, versucht sie ihren Mann zu überreden, dass er sein Einverständnis gibt – vergeblich. Die Enttäuschung seiner Frau geht dem Pastor nahe und beschäftigt ihn sogar bei seiner Predigt, so dass er peinlicherweise zum geheimen Gaudium der Gemeinde ausruft: „Herr, gib uns Taft zum Kragen!“ statt „Herr, gib uns Kraft zum Tragen“. Plötz, der Händler, hörte den Ausruf, und weil er die hübsche Pastorin insgeheim verehrt, legt er dem Ehepaar den Stoff auf die Schwelle. Und der zunächst so sittenstrenge Pastor bittet seine Frau angerührt um Verzeihung.

    Die nächste Vorleserunde findet am Sonntag, 3. März, statt und beschäftigt sich mit der türkischen Literatur.

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