Wer sich an die Sanierung eines alten Hauses wagt, sollte auf Überraschungen gefasst sein – auch auf positive. Diese Erfahrung durfte zumindest Christine Wehe Bamberger machen, die zusammen mit ihrem Mann vor gut vier Jahren das Anwesen in der Schulzengasse 1 erworben hat, um hier die Voraussetzungen zu schaffen, nach ihren Vorstellungen künstlerisch arbeiten und Ausstellungen ausrichten zu können.
Anwesen in der Schulzengasse besitzt herrschaftlichen Touch
Dem Anwesen sieht man es an, dass die Bauernfamilie, die es im frühen 19. Jahrhundert erbauen ließ, nicht zu den ärmsten im Dorf gehörte. Massive Sandsteinwände, die bis zum ersten Stock reichen, eine imposante, von zwei Seiten begehbare Außentreppe, Stuckdecken und hohe Räume verleihen dem Haus einen herrschaftlichen Touch.
Die für die hiesige Gegend seltene Bauweise lieferte auch den Grund, das Haus unter Denkmalschutz zu stellen. Am Samstag, 13. Juni machen die Wehes die „Türen auf“, um sich an der Aktion der Grabfeldallianz zu beteiligen und interessierten Menschen einen Einblick zu gewähren.
Viel Farbe und Malereien an den Wänden
Die erste Überraschung erwartete die Wehes, als nach der Entfernung der Rigipsplatten Farbschichten und Bemalungen zum Vorschein kamen. Weil eine komplette Freilegung zu kostspielig gekommen wäre und die Räume dann auch eher einen musealen Charakter erhalten hätten, beließ man es bei einzelnen Feldern, um den früheren Charakter zu demonstrieren. „Wir wollen ja hier drin wohnen“, betont Christine Wehe Bamberger im Gespräch. Um etwaige künftige Forschungen zu erleichtern, wurde auf den Wänden zunächst Seidenpapier befestigt, bevor eine weitere Putzschicht aufgetragen wurde.
Die fast unglaubliche Sache mit der Haustür
Die noch größere Überraschung hielt die lange und zunächst ergebnislose Suche nach einer geeigneten Eingangstüre bereit. Die Lösung des Problems fand schließlich Leo Düring bei einem zufälligen Besuch in der Schulzengasse. „Ich habe zwei Türen, die hier passen könnten“, zitiert die Hausherrin den Antiquitätenhändler aus Althausen.
Und weil sie so perfekt passten, als wären sie beim Bau des Hauses eigens angefertigt worden und auch noch Spuren des alten Türlacks auf den Sandsteingewänden gefunden wurde, ist die Künstlerin davon überzeugt, dass es sich hier um die zweiflügelige Originaltür handelt. Die war wohl bei einer der Renovierungsaktionen in den vergangenen 190 Jahren irgendeinmal entfernt worden und auf Umwegen bei Düring gelandet.
Bei der Sanierung wurden ausschließlich natürliche Materialien verwendet
Die meisten der Sanierungsarbeiten hatten allerdings weit weniger spektakulären Charakter. Sämtliche Wandverkleidungen mussten entfernt werden, um dem Haus seinen ursprünglichen Charakter zurückzugeben. Neu sind die Elektroinstallationen und die Fenster, einen eigenen Wärmeschutz besitzt das Haus nicht, außer die dicken Wänden natürlich. Zudem wurden um alle Fenster und Türen herum Leitungen zur Temperierung verlegt, um Feuchtigkeitsbildung in der kälteren Jahreszeit zu verhindern. Wert legten die neuen Hauseigentümer auch darauf, bei der Sanierung ausschließlich natürliche Materialien zu verwenden.
Spannender Kontrast zwischen zeitgenössischer Kunst und historischen Räumen
Damit knüpft Christine Wehe Bamberger an ihren künstlerischen Themenkreis an, der Kunst mit Natur verbindet. Zum anderen stellt ihre zeitgenössische Kunst einen spannenden Kontrast zu den historischen Räumen her, in denen auf gut 200 Quadratmeter der Übergang vom Wohnen zum Arbeiten fliesend sein soll. Die Künstlerin veranstaltet Treffen mit Gleichgesinnten und plant für die Zukunft gemeinsame Projekte, die in Ausstellungen münden sollen. Zudem öffnet sie das „Alte Gut“ für Menschen, die sich einen Tag lang dem Zeichnen widmen wollen.
Im Sommer Rauminstallationen in der Scheune
Die erste Ausstellung ist auch in Vorbereitung. Sie zeigt unter dem Motto „Europas Frauen Rast am E3“ Rauminstallationen in der Scheune. Mit E3 ist übrigens der europäische Fernwanderweg gemeint, der durch Herbstadt führt. Die Ausstellung ist am 4. und 18. Juni, 2. und 23. Juli sowie am 6. und 20. August, jeweils von 13 bis 17 Uhr geöffnet.
Die Sanierung eines alten Hauses hat natürlich ihren Preis. Für das Geld hätten sie auch ein Grundstück mit Neubau in Herbstadt bekommen, sagt Christine Wehe Bamberger. Zuschüsse erhoffen und erwarten sie sich vom Denkmalschutzamt, dem Amt für Ländliche Entwicklung, und dem Innenentwicklungsprogramm der Gemeinde.