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Poppenhausen: Ein Lama für alle Fälle

Poppenhausen

Ein Lama für alle Fälle

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    Auf einer Weide am Ortsausgang von Poppenhausen drängen sich 19 aufgeregte Kinder im Alter von fünf bis zwölf Jahren um eine Gruppe stoisch dreinblickender Lamas: "Haben die Angst vor uns?", fragt ein kleiner Junge und tätschelt einem Tier vorsichtig den Rücken. "Die sind ja tot!", ruft ein Mädchen und deutet auf drei Lamas, die - alle Viere von sich gestreckt - auf dem Boden liegen. "Lamas haben am Bauch keine Wolle, deswegen drehen sie sich bei schönem Wetter auf die Seite, um sich die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen", erklärt Lama-Führer Johannes Nüdling, der die Kinder an diesem Tag durch die Rhön führen wird.

    Und dann geht es auch schon los: Leithengst Amigo, Caruso, Fuego, Quinto, Pepe und Pablo werden mit Gepäck beladen, anschließend dürfen jeweils zwei Kinder ein Tier an bunten Stricken führen. "Ihr müsst die Leinen kurz fassen, dann machen die Lamas all eure Bewegungen mit", gibt Johannes Nüdling Anweisungen, ehe sich die Karawane in Bewegung setzt. An der Landstraße und den erstaunten Blicken der Autofahrer vorbei geht es in die Natur, zu blühenden Wiesen und sanft plätschernden Bächen. Auch hier werden die Lamas neugierig beäugt - diesmal von Kühen und Pferden.

    Lama statt Rasenmäher

    "Für Lamas ist Ruhe sehr wichtig", erzählt Johannes Nüdling, während sich die Gruppe ihren Weg über die Hügel in Richtung Guckai-See bahnt. "Deswegen sind unsere Touren auch bei Managern sehr gefragt." Ob eine Wanderung mit gestressten Topmanagern aus der ganzen Welt, ein Betriebsausflug mit 200 Leuten oder ein beschaulicher Pärchen-Trip - die Lamas stehen für fast jede Gelegenheit bereit. Und bunt gemischt sind auch die Teilnehmer, die zwischen drei und achtzig Jahren alt sind.

    Seit 2002 beschäftigt sich Johannes Nüdling mit den Vierbeinern aus den Anden. Anlass dafür war ein Grundstück, das aufgrund vieler alter Obstbäume Schwierigkeiten beim Mähen bereitete. "Erst habe ich es selbst per Hand versucht, für einen Büromenschen wie mich war das aber nichts", lacht der gebürtige Poppenhäuser. Und so wurde ein Lama zum Abweiden der Fläche angeschafft. Nachdem Nüdling einiges über die Tiere und ihre Haltung gelesen hatte, kam ihm die Idee, Lama-Trekking anzubieten. Eine echte Marktlücke, bietet doch außer ihm europaweit nur ein Kollege in der Nähe von Wien ähnliche Touren an. 2003 hing Nüdling seinen Beruf als Vertriebsleiter an den Nagel und widmet sich seitdem hauptberuflich dem Lama-Trekking. "Ich bin auf dem Bauernhof groß geworden, das hat mich nie wirklich losgelassen", erklärt der gebürtige Poppenhäuser seine Entscheidung.

    Alte Herren und Pubertierende

    18 Lamas und das Dromedar Sultan umfasst die Zucht im Augenblick. Für seine Tiere ist Nüdling durch ganz Deutschland gereist. Vom Allgäu bis hin zum Teutoburger Wald war der Familienvater unterwegs, um seinen "Mitarbeiterstamm zu optimieren", wie er grinsend erklärt. Dass die Lamas seine Leidenschaft sind, merkt man spätestens, wenn er die einzelnen Mitglieder der Herde charakterisiert: Während sich der 14-jährige weiße Caruso nur für Stuten und Fressen interessiert, beobachtet Leit-Hengst Amigo stets alles aufmerksam. Fuego wiederum ist sehr gutmütig, der braune Quinto verhält sich wie ein älterer gesetzter Herr. Sein Gegenstück: der fünfjährige Pablo - ein "Spätpubertierender", meint Nüdling und lacht.

    Doch das Geschäft mit den Lamas ist keine Kuscheltour, sondern "knallhartes Geschäft", wie Nüdling betont. "Eine kleine Region wie die Rhön kann auf Dauer nur erfolgreich sein, wenn die hier ansässigen Geschäftsleute gemeinsame Strukturen schaffen." Deshalb gibt es auf seinen Touren ausschließlich einheimische Produkte. Das Konzept scheint aufzugehen: Viabono, eine Initiative der Bundesregierung für naturverträglichen Tourismus, kooperiert ebenso mit Nüdling wie ein großer Anbieter für Wanderreisen.

    Spucken für die Rangordnung

    Und auch die Kinder vom Obst- und Gartenbauverein sind begeistert. Bei der Rast am Guckai-See erzählt die zwölfjährige Celina begeistert, wie süß sie die Lamas findet. Vom pädagogischen Nutzen der Wanderung ist Anja Jäger, eine der Begleitpersonen, überzeugt: "Dass die Kinder die Tiere selbst führen dürfen, ist ein großer Ansporn für sie." Und Josef Benkert, Voristzender des Gartenbauvereins Frickenhausen, ergänzt: "Wir wollen die Jugend an die Natur heranführen heranführen, da ist eine solche Wanderung natürlich ideal." Beim sechsjährigen Tom ist dies bereits gelungen: Seit der Kleine die Poppenhäuser Lamas auf dem Weihnachtsmarkt in Mellrichstadt gesehen hat, träumt er davon, einmal mit ihnen zu laufen.

    Die Lamas als echte Stars - und das, obwohl sie doch eigentlich für eine eher unangenehme Angewohnheit bekannt sind: das Spucken, verbunden mit einem stechenden Geruch. "Normalerweise machen das die Tiere nur innerhalb der Herde, um ihre Rangordnung zu demonstrieren oder um in Ruhe gelassen zu werden", erklärt Nüdling. Die Kinder des Obst- und Gartenbauvereins hatten Glück: Auf ihrer Wanderung blieb allen sechs Lamas die Spucke weg.

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