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MELLRICHSTADT: Erwin Pelzig: Schönreden hilft auch nicht weiter

MELLRICHSTADT

Erwin Pelzig: Schönreden hilft auch nicht weiter

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    Aufgemerkt: Kabarettist Frank Markus Barwasser alias Erwin Pelzig mit Hut und Herrenhandtasche.
    Aufgemerkt: Kabarettist Frank Markus Barwasser alias Erwin Pelzig mit Hut und Herrenhandtasche. Foto: Kritzer

    Keine zehn Minuten braucht Erwin Pelzig, um in der Oskar-Herbig-Halle gegen alle nationalen wie internationalen Missstände loszuwettern. Einschließlich Finanzkrise, Flüchtlingskrise, AfD, Pegida und natürlich Donald Trump. Die Welt wird immer schlimmer, nichts bessert sich. Da hilft laut Pelzig seit langem nichts anderes mehr, als sich die Dinge schönzureden. Doch selbst das klappt heutzutage nicht immer.

    Nach neun Jahren Abstinenz in Mellrichstadt war es dem Bund Naturschutz zu verdanken, dass der Ausnahmekabarettist mal wieder im nördlichsten Unterfranken Station machte. In der restlos ausverkauften Oskar-Herbig-Halle begeisterte Kabarettist Frank-Markus Barwasser aus Würzburg in seiner Paraderolle als Erwin Pelzig sein Publikum. Sein Programm „Pelzig stellt sich“, das er nach dem selbst gewählten Ende seiner Fernsehkarriere wieder vermehrt auf die Bühnen bringt, ist ein Feuerwerk des hochintelligenten Kabaretts. Er selbst gesteht es offen, beispielsweise in seiner beißenden Kritik an den Machenschaften von AfD und Pegida, wenn er sagt: „Sie sollen sich über mich ärgern, aber nicht begreifen warum.“

    Erwin Pelzig, seit zwei Jahrzehnten eine der bekanntesten und beliebtesten Figuren des Kabaretts in Deutschland, sucht in kernigen Formulierungen sein Heil in dieser Welt. Zum Beispiel in der Aussage von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: „Wenn es ernst wird, muss man lügen“, wobei er im unterfränkischen Dialekt natürlich „lüchen“ sagt.

    Erwin Pelzig nimmt alles aufs Korn, was in dieser unserer Welt so alles schief läuft. Und das ist eine ganze Menge, allein wenn man das mehr als zweistündige Programm des Kabarettisten mitverfolgt. Pelzig liefert eine Pointe, das Publikum lacht, und schon knallt er die nächste Pointe hinterher. Schneller als er kann das in dieser Art und Weise keiner.

    Vor allem sind es diese unfassbar schnellen Gedankensprünge, mit denen Erwin Pelzig sein Publikum ein ums andere Mal verblüfft: „Neid kenne ich nicht, ich empfinde keinen Neid. Ich beneide auch die Mellrichstädter nicht um ihre Stadt!“ Sagt's, und wendet sich sofort wieder einem anderen Thema zu. Das Rätsel, ob man einen Wertstoffhof oder eine Bundeswehrkaserne vor sich hat, gehört ebenso dazu wie die Analyse, dass Negativzinsen eigentlich Positiventeignungen bedeuten.

    Dreimal lässt Barwasser auch den Dialog zwischen seinen Alter Egos Pelzig, Hartmut und Dr. Göbel auf seine Zuhörer niedergehen. Die schnellen Wortgefechte zwischen dem hintergründigen Pelzig, dem Proleten Hartmut und dem in die Jahre gekommenen und spießigen Dr. Göbel gehören zu den Sternstunden des deutschen Kabaretts.

    Wunderbar auch seine Absicht, Politik auf neue Beine zu stellen und per Lostrommel einen neuen Landwirtschaftsminister zu suchen. Die Wahl in der Oskar-Herbig-Halle fiel auf Otto K. aus Großeibstadt. Doch Pelzig wäre nicht Pelzig, wenn er den Otto samt Familie und Tochter nicht den Rest des Abends in das Programm miteinbinden würde. Wie der Kabarettist solche Textmengen samt Aktualisierungen (die Doktorarbeit von Ursula von der Leyen!) in so einer Schnelligkeit zur Verfügung hat, das bleibt eines der Rätsel der Barwasserschen Figur des Erwin Pelzig. Altmodisch, wie er sagt, ist er nur in Bezug auf seine berühmt gewordene Kleidung mit Schlapphut und Täschli. So lange er nicht, wie er selbst sagt, den Hut auch innen trägt, so lange wird das Publikum noch viel Spaß am scharfen Verstand des Erwin Pelzig haben. Auch wenn man sich hier und da mal etwas schönreden muss.

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