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MEININGEN: Fensteröffnungen im Kleid und im Würfel

MEININGEN

Fensteröffnungen im Kleid und im Würfel

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    Strenge geometrische Formen bilden die Grundlage für die Kleiderentwürfe von Petra Spee aus Bad Neustadt. Sie zeigte ihre Modelle am Wochenende bei einer Modenschau im Kunsthaus Meiningen.
    Strenge geometrische Formen bilden die Grundlage für die Kleiderentwürfe von Petra Spee aus Bad Neustadt. Sie zeigte ihre Modelle am Wochenende bei einer Modenschau im Kunsthaus Meiningen. Foto: FOTO Stefan Kritzer

    (kri) Wie viel Raum braucht der Mensch? Wie viel Hülle, um sich vor der Umwelt abzuschirmen, ohne sie aus den Augen zu verlieren? Fragen, die Architekt Martin Kaiser und Modedesignerin Petra Spee zu einer geometrisch formalen Antwort bewegten: Die Lösung könnte ein Würfel sein.

    Des heutigen zivilisierten Menschen Anspruch auf Platz ist enorm. Häuser, Wohnungen, sie alle übertreffen den mathematischen Rauminhalt eines Durchschnittsmenschen um ein Vielhundertfaches. Doch braucht der Mensch tatsächlich so viel Raum? Martin Kaiser, Architekt aus Oberstreu, geht dieser Frage seit geraumer Zeit nach und definiert das Grundbedürfnis nach individuellem Platz ständig neu. Würfel hat er sich als geometrische Wohnplatzangebote ausgesucht und entwickelt aus dem spielzeughaft anmutenden Körper Häuser, die mehr oder minder viel Platz bieten. Je nach Bedarf. Und Geldbeutel.

    Im Kunsthaus Meiningen zeigt Martin Kaiser derzeit seine Würfelhäuser, die Ausstellung heißt sinngemäß Kubus. Doch längst ist der rührige Architekt den Plänen und Modellen seiner Würfel vorausgeeilt, hat den Würfel als Kunstobjekt für sich entdeckt und spielt mit der Geometrie in Holz, Beton und auf fabelhaften Fotografien. Und er lässt weitere Künstler teilhaben an der Idee des Wohnens im Würfel.

    Modedesignerin Petra Spee aus Bad Neustadt hat zu jedem der Kaiserschen Wohnwürfel, insgesamt sieben an der Zahl, formal und inhaltlich passende Kleider für die Frau des Hauses entworfen. Mal knapp für den kleinen Platz, mal opulent luxuriös für das Nobelquartier mit zwölf Metern Kantenlänge und einer Gesamtgeschossfläche von mehr als 500 Quadratmetern. In einer Modenschau präsentierte Petra Spee vor einem interessierten Publikum ihre Entwürfe, nachdem Martin Kaiser seine Ideen in einem Vortrag dargelegt hatte.

    Edle Stoffe verarbeitend, nimmt Petra Spee die Formen der Wohnwürfel in ihren Kleidern auf, interpretiert auch die Dimensionen neu und verleiht den Kleidern eine beinahe kubistisch anmutende Note. Fensteröffnungen lassen im Würfel wie im Kleid das Darunter durchscheinen, verführen zu Einblicken in Persönliches, Privates. Denn es gibt viel zu entdecken in den Würfeln und den Würfelkleidern.

    Martin Kaiser fängt bei seiner Frage nach dem individuellen Platzbedarf im Würfel klein an. Ein Meter Kantenlänge, mithin ein Kubikmeter, erscheint zum Wohnen nicht wirklich komfortabel. Nur ausgeklappte Seitenwände lassen ein Liegen und ein Stehen zu. Bei zwei Metern Kantenlänge sieht das schon anders aus. Bei drei Metern sind sanitäre Einrichtungen und eine Küche bereits machbar und bei viereinhalb Metern wird der Würfel bereits zum Ferienhaus.

    Ab sechs Metern Kantenlänge handelt es sich um ein vollwertiges Wohnhaus, bei acht Metern sechzig wird es opulent und bei zwölf Metern haben die Bewohner schon ein Kommunikationsproblem wegen der Weitläufigkeit der Gebäudes.

    Gebaut hat Martin Kaiser noch keines seiner Würfelhäuser, seine Wohnwürfelkonzepte scheitern allerdings nur an den Bebauungsplänen hiesiger Kommunen. Doch die Kleider zu den Häusern gibt es schon. Sie sind vorweggenommene, Hülle werdende Wohnräume. Und eine Hülle braucht jeder Mensch. In der Kleidung wie in der Wohnstatt. Ist die Hülle nur gläsern oder gar nicht vorhanden, so stellt sich eine moralische, eine gesellschaftliche Frage. Das Model im gläsernen Würfel zu Beginn der Modenschau ist nackt. Der Hülle beraubt.

    Die Ausstellung „Kubus“ im Kunsthaus Meiningen ist noch bis 30. September zu sehen. Das Kunsthaus ist Dienstag, Freitag, Samstag und Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet, Donnerstag von 20 bis 24 Uhr. Die Modenschau wird jedoch nicht mehr gezeigt.

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