Dass es kein Abend werden würde, an dem sich ein amüsiertes Publikum vor Lachen die Schenkel klopfen würde, war von Anfang an klar.
Die Theatergruppe der Klassen sechs bis acht des Gymnasiums Bad Königshofen hatte sich mit ihrem Stück eines unbequemen Themas angenommen. Unter dem Titel „Reisegenuss“ bezogen die jungen Schauspieler mutig Stellung zur aktuellen Flüchtlingsproblematik, indem sie Texte rund ums Thema mit großem Ausdrucksreichtum und eindringlicher Theatralik auf die Bühne brachten.
Der Zuschauer wurden von Anfang an dank der konzentriert und eindringlich dargebotenen Choreographien in den Bann gezogen. Das Stück hatten die Schüler übrigens in monatelanger Arbeit selbst erarbeitet und entwickelt.
Wütender Mob in Zeitlupe
So attackiert gleich zu Beginn des Stückes der wütende Mob von Clausnitz in Zeitlupe den ankommenden Bus mit Flüchtlingen – sehr abstrakt und artifiziell. Wohl die einzige Möglichkeit, sich einem solchen Vorfall zu nähern, ohne zu verharmlosen oder in platte Schwarz-Weiß-Muster zu verfallen.
Und wie die jungen Schauspieler in der Folge aus den gewählten Gedichten eine Vielzahl von Facetten aus dem Thema Flucht und Vertreibung herausholen, war beeindruckend. Es geht ums Abgewiesen werden vor den Zäunen auf der Balkanroute, der kollektive Schrei „Lasst mich rein“ hallte noch lange in den Ohren der Zuschauer nach.
Es geht ums Elend der Kinder, das angeprangert und mit Hilfe von beklemmenden Projektionen auf der Bühnenrückwand noch zusätzlich verdeutlicht wird.
Es werden neben all den modernen Texten auch literarische Altmeister wie der Barockdichter Andreas Gryphius bemüht, um zu zeigen, dass sich Leid und Verwüstung durch Krieg wie ein roter Faden durch die Menschheitsgeschichte ziehen.
Da reicht als Gegenpol zu den aufwändigen Choreographien auch manchmal die Kraft der Worte und der Schein einiger Kerzen, der sich in der Aula beinahe verliert, um die Zerbrechlichkeit des Menschseins filigran auszudrücken.
Dazwischen taucht auf einer Nebenbühne immer wieder mal eine deutsche Familie auf, die eine Art Kontrast- und Rahmenhandlung verkörpert und dennoch den Menschen den Spiegel vorhält. Diese Familie sitzt sicher und warm in ihrem Wohnzimmer und steht den Flüchtlingen ebenso unwissend, zwar mitfühlend aber dennoch ratlos gegenüber, wie die meisten der Zuschauer.
Wie beiläufig liefert sie Stichworte, die den Anstoß zum jeweils nächsten Gedicht geben, das dann wieder vom Rest der Gruppe auf der Hauptbühne dargeboten wird.
Insgesamt eine sehr intensive knappe Stunde, die die Nachwuchsschauspieler den Zuschauern da zumutet. Nicht wenige von ihnen verlassen den Saal sichtlich mitgenommen und nachdenklich. Was sie gesehen haben war Schultheater im besten Sinne: kreativ, Fragen aus der Lebenswelt der Schüler aufgreifend, voller Energie, selbst gemacht.
Solides Theaterhandwerk
Und nicht zu vergessen das solide Theaterhandwerk, das hier zu begutachten war. Die 18 Akteure der Klassen sechs bis acht zeigten, dass sie die Grundfertigkeiten beherrschen: lautes, deutliches und differenziertes Sprechen (natürlich ohne Mikrofon), Körperspannung bis in die Haarspitzen, dynamische Bewegungen, aufmerksames Ensemblespiel. Eine Werbung für die Theaterarbeit am Gymnasium Bad Königshofen.
Die zweite und letzte Aufführung findet am Donnerstag, 16. März, in der Aula des Gymnasiums Bad Königshofen statt. Beginn ist um 19 Uhr.