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Fladungen: Freilandmuseum startet in neue Saison

Fladungen

Freilandmuseum startet in neue Saison

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    Am Sonntagmittag zur Ausstellungseröffnung Im Freilandmuseum Fladungen drängten sich die interessierten Besucher in den Ausstellungsräumen.
    Am Sonntagmittag zur Ausstellungseröffnung Im Freilandmuseum Fladungen drängten sich die interessierten Besucher in den Ausstellungsräumen. Foto: Eva Wienröder

    Seit dem Wochenende hat das Fränkische Freilandmuseum wieder geöffnet. Gleich zu Beginn der neuen Saison wartet man mit einer Sonderausstellung auf. Unter dem Titel “Volk - Heimat - Dorf. Ideologie und Wirklichkeit im ländlichen Bayern der 1930er und 1940er Jahre” gibt sie sehr interessante und aufschlussreiche Einblicke in das dörfliche Alltagsleben von damals und den Einfluss der NS-Propaganda. Zum vielschichtigen Thema gibt es in den nächsten Wochen und Monaten obendrein ein Begleitprogramm mit Führungen und Vorträgen.

    Der offiziellen Teil der Eröffnung am Sonntagmittag ging im Saal des Museumsgasthofs “Zum Schwarzen Adler” über die Bühne. Dort konnte der stellvertretende Vorsitzende des Zweckverbandes Fränkisches Freilandmuseum, Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel, eine große Zahl geladener Gäste begrüßen, u.a. auch Vertreter anderer Museen.

    Dotzel umriss einführend kurz das Anliegen der Ausstellung, die als Gemeinschaftsprojekt der Arbeitsgemeinschaft süddeutscher Freilichtmuseen, der auch die Fladunger Einrichtung angehört, entstanden ist. Wenn von den 1930er und 40er Jahren die Rede ist, geht es meist um die große Politik. Die Ausstellung möchte aber gezielt das Alltagsleben dieser Zeit auf dem Lande und die ideologische Durchdringung der Gesellschaft durch das NS-Regime beleuchten. Es handelt sich um keinen strengen Zeitschnitt der Jahre 1933 bis 1945, gab es doch auch schon politische und gesellschaftliche Veränderungen vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten und auch die Nachkriegsjahre waren noch von dieser Zeit geprägt. Die Ausstellung befasst sich schwerpunktmäßig mit den Themen Landwirtschaft, Alltagsleben, Siedlungsbau, Verfolgung und Gewalt. Das Fladunger Museum hat sich u.a mit Beiträgen über den “Dr.-Hellmuth-Plan” und den Reichsarbeitsdienst (RAD) auf der Rhön an der Konzeption der Ausstellung beteiligt.

    Eine sehr aufschlussreiche Ausstellung, die zu Denken gebe, zumal Begriffe wie “Volk” und “Heimat” in aktuellen Tagen wieder missbräuchlich Verwendung finden würden, wie Dotzel bemerkte. Er dankte mit Museumsleiterin Ariane Weidlich dem Kurator und stellvertretenden Museumsleiter Heinrich Hacker und den beim Aufbau der Ausstellung beteiligten Mitarbeitern des Hauses. Solch eine Ausstellung sei von einem Museum alleine gar nicht machbar, wie Weidlich herausstellte und auf die Bedeutung von Kooperationen, wie die Arge süddeutscher Freilichtmuseen, und die daraus resultierenden Synergie-Effekte verwies. Im Rhönmuseum werden die Vorträge zur Sonderausstellung stattfinden. Darüber, dass die beiden Museen eng zusammenarbeiten möchten, äußerte sich Fladungens Bürgermeisterin Agathe Heuser-Panten in ihrem kurzen Grußwort hocherfreut.

    Museen tragen mit der Vermittlung der Geschichte eine besondere Verantwortung der Erinnerung, hatte die Museumsleiterin deutlich gemacht. Mit der Sonderausstellung habe sich das Freilandmuseum ein “schwieriges, belastetes und belastendes Thema” vorgenommen, das bislang in vielen Museen zu kurz gekommen sei, wie Heinrich Hacker weiter ausführte. In der Ausstellungspraxis und dem Zeigen von Nazi-Devotionalien hätten sich die Museen lange schwer getan. Doch schon auf scheinbar “unschuldigen” Gegenständen, wie Honigschleudern und Kochkisten, Kleider und Kinderspielzeug prange das Hakenkreuz und sie würden auf dem zweiten Blick offenbaren, dass das als einfach und idyllisch propagierte Landleben alles andere als unpolitisch gewesen sei. Auch in der Provinz sei die Ideologie des Regimes allgegenwärtig gewesen. 

    Hacker ging in seinem kurzen Vortrag und beim anschließenden Rundgang durch die Ausstellung unter anderem auf den nach dem unterfränkischen Gauleiter und späteren Regierungspräsidenten Otto Hellmuth benannten “Dr.-Hellmuth-Plan” ein. Ziel seines “Rhönaufbauplans“ war die völlige Umgestaltung von Landwirtschaft, Landschaft und Bevölkerung, wobei die Errichtung von ertragreichen Erbhöfen und ihre Besetzung mit geeignet erscheinenden Menschen eine wichtige Rolle spielten. Die Umsetzung ging einerseits mit Kultivierungsmaßnahmen auf der Hochrhön einher, die vom RAD sowie von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern durchgeführt wurden. Auf der anderen Seite sah der Plan eine rassenbiologische Erfassung der Rhön-Bevölkerung vor. Das sei mit einer sogenannten „Durchmusterung“ und im schlimmsten Fall mit Sterilisierung, Internierung, Umsiedlung oder gar dem Euthanasie-Tod verbunden gewesen. Dem Ausstellungsbesucher stellt sich die Frage, was wohl aus der Rhön und ihren Bewohnern geworden wäre, wenn die Nationalsozialisten ihre Pläne in vollem Umfang umgesetzt hätten.

    Die Ausstellung ist bis 14. Juli im Eingangsgebäude des Museums zu sehen. Dazu ist auch ein Begleitbuch erschienen, das im Museums-Shop erworben werden kann. Das Begleitprogramm mit Vorträgen und Führungen findet sich im Internet unter www.freilandmuseum-fladungen.de.

    Die Exponate, wie hier die von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern hergestellten Spielsachen, wurden von den Besuchern mit großem Interesse betrachtet.
    Die Exponate, wie hier die von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern hergestellten Spielsachen, wurden von den Besuchern mit großem Interesse betrachtet. Foto: Eva Wienröder
    Der Reichsarbeitsdienst (RAD) auf der Rhön ist ein Thema der Ausstellung im Freilandmuseum. Auch ein altes Stockbett aus einem der früheren Lager ist zu sehen.
    Der Reichsarbeitsdienst (RAD) auf der Rhön ist ein Thema der Ausstellung im Freilandmuseum. Auch ein altes Stockbett aus einem der früheren Lager ist zu sehen. Foto: Eva Wienröder
    Der stellvertretende Vorsitzende des Museumszweckverbandes, Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel (links), eröffnete mit Museumsleiterin Ariane Weidlich und Ausstellungskurator Heinrich Hacker die Sonderschau “Volk - Heimat - Dorf” im Fränkischen Freilandmuseum Fladungen.
    Der stellvertretende Vorsitzende des Museumszweckverbandes, Bezirkstagspräsident Erwin Dotzel (links), eröffnete mit Museumsleiterin Ariane Weidlich und Ausstellungskurator Heinrich Hacker die Sonderschau “Volk - Heimat - Dorf” im Fränkischen Freilandmuseum Fladungen. Foto: Eva Wienröder
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