Zum sommerlichen Konzert hatte Christian Fischer, der Wirt des Schlundhaus, am Freitagabend in seinen Hofgarten geladen. Bekannte und beliebte Operettenmelodien waren angekündigt, dazu drei Interpreten: Pianist Michael Lörcher, Dozent für Klavier an der Berufsfachschule Bad Königshofen, die Sopranistin Miriam Möckl, die momentan an der Opernakademie in Bad Orb für die Zauberflöte probt, und der Tenor Sebastian Köchig, der am Staatstheater Nürnberg engagiert ist. Die beiden Sänger haben den Grundstein zu ihrer musikalischen Karriere an der Berufsfachschule gelegt und sind seither dem Pianisten freundschaftlich verbunden.
Mit der Auswahl ihrer Musik hatten sie jedenfalls genau den Geschmack des Publikums getroffen. Es sind vor allem die älteren, im Herzen jung gebliebenen Musikliebhaber, die die beschwingten Arien und Duette der Operettenwelt schätzen, die auf so wunderbare Weise gute Laune vermitteln können. Der Hofgarten war also fast bis auf den letzten Platz besetzt, das prächtige Sommerwetter und das mediterrane Ambiente trugen ihren Teil zur fröhlichen Stimmung des Publikums bei.
Tenor Sebastian Köchig erwies sich dann nicht nur als hervorragender Sänger, sondern brillierte auch als charmanter Conférencier, der sein Publikum mit Sachkenntnis und Humor durch das Programm führte. Immer wieder ließ er aufschlussreiche Informationen zur Geschichte dieses oft zu Unrecht als leichte Kost verspotteten Genres einfließen, die zeigten, wie auch die Operette politische Seitenhiebe austeilen konnte. So kann man das berühmte Duett aus dem Zigeunerbaron „Wer hat uns getraut“ durchaus als Plädoyer für die Liebe ohne Trauschein verstehen, die in der damaligen sittenstrengen K .u. K. Monarchie natürlich streng verboten war.
„Die Liebe ist eine Himmelsmacht“, jubelten die beiden Sänger am Ende ihres Duetts, so dass mehr als deutlich wird, weshalb Metternichs Behörden in diesem Bereich machtlos waren. Da wirken stärkere Kräfte! Es sind natürlich besonders die Melodien, die mitreißen, schon zu ihrer Zeit wurden sie zu Hits und sind es bis heute geblieben. Es waren aber auch die schönsten Arien und Duette, die das Team an diesem Abend präsentierte, die Sänger zeigten sich in Hochform und Michael Lörcher fungierte, wie immer, als höchst einfühlsamer Begleiter. Da war das verführerisch schöne Liebesleid „Dein ist mein ganzes Herz“ aus Lehars „Land des Lächelns“, in das Sebastian Köchig wirklich den ganzen Schmelz seiner Stimme hineinlegte, und da waren Arien aus Lehars „ Lustige Witwe“ – keine Operette wird auf deutschen Bühnen häufiger gespielt, verriet der Conférencier. „Vilja, oh Vilja, du Waldmägdelein“ jubelt Miriam Möckl, während Sebastian Köchig als Graf Danilow mit viel Witz und Charme von seinen Damen im Maxim singt.
Nach Wiener Schmelz, Strauß, Kalman, Lehar, Stolz und Co. folgte eine kräftige Prise Berliner Luft. Denn auch in der Spreemetropole hatte die Operette Hochkonjunktur. Paul Lincke, Paul Abraham und Eduard Künneke sind einige der berühmten Komponisten, denen in ihren Werken zahllose Evergreens aus der Feder geflossen sind. Mit „Ich bin nur ein armer Wandergesell“ aus Künnekes „Vetter aus Dingsda“ sang sich Sebastian Köchig mit seinem klangvollen Tenor direkt in die Herzen seiner Zuhörerinnen, während Miriam Möckl mit „Meine Lippen, die küssen so heiß“ ganz kokett heiße Liebesszenen heraufbeschwor.
Immer wieder schwangen die beiden auch das Tanzbein: Liebe und Erotik, gemischt mit einem Quäntchen Frivolität und Humor, bestimmten den Abend, der, man möchte fast sagen, mit der jubelnden Arie aus Lehars letzter Operette „Giuditta“, „Freunde, das Leben ist lebenswert“, seinen Höhepunkt fand. Was kann schöner sein, als bei zwei Stunden wunderbarer Musik von den Problemen des Alltags abzuschalten? Begeisterter Beifall dankte den drei Interpreten und bewies, dass das Konzept, die Zuhörer in gute Laune zu versetzen, aufgegangen war. Mit einem Duett aus „Viktoria und ihr Husar“ endete das Konzert im Gelächter: „Mausi, süß warst du heute Nacht“ sangen die beiden und schütteten sich schier aus vor Lachen, bis das Publikum schließlich auch mitlachte. Fazit: Die „Schlager“ von einst haben nichts an Anziehungskraft verloren, vor allem, wenn sie so schwungvoll und begeisternd präsentiert werden wie an diesem Abend.