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SCHWEINFURT/IRMELSHAUSEN: Fundstück auf Ebay: Poesiealbum aus dem 18. Jahrhundert

SCHWEINFURT/IRMELSHAUSEN

Fundstück auf Ebay: Poesiealbum aus dem 18. Jahrhundert

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    Bunt bestickt: Zeugnis aus dem 18. Jahrhundert liefert das Freundschaftsbuch von Anna Margaretha Wirsing.
    Bunt bestickt: Zeugnis aus dem 18. Jahrhundert liefert das Freundschaftsbuch von Anna Margaretha Wirsing. Foto: Foto: Katja Glatzer

    Ahnenforschung und die Geschichte Schweinfurts sind seine großen Hobbies. Über den Online-Marktplatz ebay hat der gebürtige Schweinfurter Volker Finster ein historisches Freundschaftsbuch aus dem 18. Jahrhundert erworben. Es gehörte der Schweinfurterin Anna Margaretha Wirsing (geborene Holtzhey), die am 21. November 1756 das Licht der Welt erblickte.

    Statt Fotos ein Scherenschnitt

    Das Buch mit dem Ledereinband enthält Seiten mit Dreiseitengoldschnitt, erklärt Finster. Die Flecken und braunen Stellen seien typisch für das Alter des Papiers. Auf einer der ersten Seiten hat sich vermutlich Anna Margaretha Wirsing selbst mit einem für die Zeit typischen Scherenschnitt verewigt. „Als ich auf ebay ein paar Einblicke in das Buch bekam, hat es mich sofort fasziniert“, so Finster, der auch Mitglied des Schweinfurter Fotoclubs ist. Statt eines Fotos, waren es damals Scherenschnitte, die dem Album hinzugefügt wurden. Auf einer Seite ist auch eine bunte Stickerei zu sehen. Für wieviel Geld genau er das Büchlein erworben hat, will Winter nicht sagen, nur, dass es sich um eine dreistellige Summe gehandelt hat. „Wichtig ist, dass es mir das wert war.“ Parallele zu seiner Familiengeschichte ist nämlich die Verbindung von Schweinfurt nach Irmelshausen (Lkr. Rhön-Grabfeld). „Das hat mich sehr interessiert.“

    44 Einträge aus den Jahren 1775 bis 1788

    Insgesamt 44 Einträge aus dem Zeitraum 1775 bis 1788 enthält das Freundschaftsbuch. Eintragungsorte sind vor allem Schweinfurt, aber auch Heldritt (Lkr. Coburg), Römhild im Süden Thüringens, Irmelshausen und Höchheim (beide Rhön-Grabfeld). Von Anna Margaretha Wirsing weiß man, so Winter, dass sie 1775 den Mediziner Johann Christoph Wirsing heiratete. Dieser hat sich auf Seite fünf des Poesiealbums verewigt. Nach dem frühen Tod ihres Ehemannes heiratete sie am 15. Februar 1779 in Schweinfurt den Regierungsadvokaten Johann Caspar Weinrich. Auch dieser verstarb früh.

    Drei Männer, drei Kinder und ein früher Tod

    Seine Informationen über das Leben der Frau im 18. Jahrhundert hat Winter über das Archiv der Schweinfurter Johanniskirche bezogen. So ist dokumentiert, dass Margaretha ein drittes Mal heiratete, nämlich am 22. November 1785 den evangelischen Geistlichen Johann Gottlieb Friedrich Diezel, der Pfarrer von Irmelshausen war. Damit wurde sie auch Stiefmutter von Carl Emil Diezel, der sich später als königlich bayerischer Revierförster, Philosoph und Schriftsteller in der Region einen Namen machte. Sein Grabdenkmal auf dem Schwebheimer Friedhof ist als Baudenkmal registriert. In ihrer kurzen Ehe, denn Anna Margaretha Wirsing verstarb 1790 im Alter von nur 34 Jahren in Irmelshausen, schenkte sie Gottlieb Diezel drei Kinder.

    Große Worte in altdeutscher Schrift

    Faszinierend findet Winter die Einträge im Freundschaftsalbum, auch wenn er manches aufgrund der altdeutschen Schrift nicht entziffern kann. „Vieles klingt sehr schwülstig, so hat man sich eben damals ausgedrückt.“ Ein Inhaltsverzeichnis mit Seitenangaben am Ende des Buches weist auf die Verfasser der poetischen Texte hin. So verewigte sich der Geistliche Diezel schon am 3. April 1775 im Poesiealbum, also lange bevor er Margarethas dritter Mann wurde. Er schrieb: „Rufen Sie sich bei Erblicken dieser Seite das Andenken eines Freundes zurück, der mit vieler Hochachtung ist.“

    Auch der Schweinfurter Senator, Provisor und Ratsapotheker Gottlob Noltenius und seine Ehefrau Sabina Magdalena Noltenius (geborene Glocken, Tochter des Bürgermeisters Johann Andreas Glocken) verewigten sich. So schrieb sie: „Ob alle, die sich Freunde nennen, den Wert der wahren Freundschaft kennen, ist ungewiss, doch, dass ich dich mit meiner Liebe auch dann, wenn ich nichts sage, liebe, das ist gewiss.“

    Weiter schrieb ein Freund mit dem Kürzel J.M.G.: „Verbinden Sie wertgeschätze Freundin mit diesem Denkmal der Freundschaft und Hochachtung ein geneigtes Andenken an einen Freund.“ Und von einer besten Freundin im Jahre 1785 hieß es: „Freundin, liebst du mich so wie ich dich, so bleibe ich dir unvergesslich.“ Ein weiterer Freund oder Bekannter hielt fest: „Bleibe sie so, wie sie ist“. Sie solle die Zeit mit ihrem Mann in Irmelshausen genießen, Neid, Hass und Missgunst der anderen keine Beachtung schenken.

    Hobby-Historiker Winter hat auch schon Kontakt zur Pfarrerin nach Irmelshausen aufgenommen, „schließlich ist das Poesiealbum ein Zeitzeugnis aus dem 18. Jahrhundert“.

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