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BAD NEUSTADT: Gepflegte Ödnis im Vorgarten

BAD NEUSTADT

Gepflegte Ödnis im Vorgarten

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    Grau in allen Schattierungen: In den Neubaugebieten entstehen immer mehr Schottergärten.
    Grau in allen Schattierungen: In den Neubaugebieten entstehen immer mehr Schottergärten. Foto: Foto: Georg Hansul

    Granit aus China, Marmor aus Italien, Schotter aus dem heimischen Steinbruch – dort, wo früher Blumenbeete, Rasen und Sträucher die Gärten zierten, blickt man heute immer öfters auf gepflegte Ödnis im Vorgarten.

    Auch in den Wohngebieten des Landkreises sieht man diese Stein- oder Schottergärten immer häufiger. Kapitulieren immer mehr Hausbesitzer vor der schweren Gartenarbeit oder haben wir es mit einem neuen Gartentrend zu tun? Es ist wohl ein bisschen von beidem, glaubt Georg Hansul, Kreisfachberater für Gartenbau und Landespflege beim Landratsamt Rhön-Grabfeld, in einem Gespräch mit dieser Redaktion.

    Moderne Architektur

    Eine Ursache für den Trend sieht er in der Architektur moderner Einfamilienhäuser. Sie zeichnet sich aus durch klare Linien und puristisches Design. Diese Architektur findet ihre Fortsetzung bisweilen in der Gartengestaltung: Rechteckige Beete, viele Steine, dazu wenige Gehölze, die spiral- oder schirmförmig zurechtgestutzt sind.

    Solche Gärten mögen ihre eigene Ästhetik besitzen – für Bienen, Insekten, Vögel, Igel oder Regenwürmer bieten sie keinen Lebensraum. Das müsste nicht so sein, sagt Hansul. „Es ist die Kombination von Pflanzen und Steinen, die aus solchen Gärten ein kleines Biotop machen können.“

    Vorbilder in der Natur

    Es gibt solche gelungenen Steingärten und –beete in der Umgebung. Sie haben ein Vorbild in der Natur, beispielsweise die Lesesteinwälle in der Rhön oder die Trockenhänge bei Unsleben. Umgesetzt hat Hansul dieses Konzept am Kreisel bei Herschfeld. Auf diesem „Steinkreisel“ stehen ausgewählte standortgerechte Pflanzen. Diese bieten allerlei Tieren eine Heimat. Im Sommer ist der Kreisel bis zu 80 Prozent von Pflanzen bedeckt, im Winter wird gemäht, erst dann kommen die Steine so richtig zum Vorschein.

    Der Gartenfachberater lehnt Steingärten nicht grundsätzlich ab, bepflanzt sollten sie aber schon sein. Hansul weist darauf hin, dass die Wahl der Pflanzen wichtig ist für solcher Steinbiotope. Vor der Anlage sollte man Kataloge wälzen, in denen genau beschrieben ist, welche Pflanzen oder Gehölze auf mageren Standorten gedeihen. Einplanen muss man auch die Lichtverhältnisse und die Wasserversorgung. Wer sich nicht durchs Internet oder Kataloge schlaumachen möchte, kann sich auch von einem Profi beraten lassen.

    Nicht pflegeleichter

    Pflegeleichter als grüne Gärten sind solche Schottgergärten seiner Ansicht nach nicht. Zwischen den Steinen gehen gerne Sämlinge auf, die man dann mühevoll herausreißen muss, Laub und Schmutz lagern sich auf den Steinen ab und müssen entfernt werden: „Die müssen dann wöchentlich gesaugt werden.“

    Manche Haubesitzer liebäugeln auch deshalb mit einem Schottergarten, weil sie dem Wildwuchs in ihrem Garten nicht mehr Herr werden. „Da müssen wir Gärtner uns an die eigene Nase fassen, sagt Hansul selbstkritisch. Früher habe man dazu geneigt, die Gehölze bei der Neuanlage eines Gartens zu nah nebeneinander zu pflanzen. Spätestens nach fünf Jahre kommen sich die Pflanzen ins Gehege. Ungeübte Gärtner wissen dann nicht, wie sie den Wuchs in die richtige Richtung lenken sollen. „Weniger ist mehr, heute würde ich viel größere Abstände wählen“, sagt der Fachmann.

    Der grüne Garten

    Der Fachberater für Gartenbau will Menschen, die sich für einen Schottergarten entscheiden, nicht kritisieren. Sein Herz aber schlägt für den grünen Garten – als Gemüsegarten, als Ort der Erholung und als Heimat für viele Pflanzen und Tierarten. Angesichts von Monokulturen in der Landwirtschaft, angesichts des Pestizideinsatzes und angesichts der wachsenden Versiegelung in den Städten spielen Gärten eine immer größere Rolle als Ausgleichsflächen und Lebensraum.

    Seit gut zehn Jahren beobachtet Hansul die Veränderung in den Vorgärten. Er hat sich mit anderen Fachleuten Gedanken gemacht, wie man Menschen, die keinen grünen Daumen haben, für eine naturnahe und pflegeleichte Gartengestaltung erwärmen kann. „Wir suchen nach Alternativen“, erläutert er.

    Blühflächen als Alternativen

    Blühflächen könnten eine solche Alternative sein. Sein Vorschlag: Einen Gartenstreifen im Randbereich mit der gebietsheimischen Mischung „Süddeutsches Berg- und Hügelland“ einsäen. „Das schaut auf den ersten Blick etwas unordentlich aus“, weiß er, aber solche Streifen sind Tummelplätze für viele Insekten und brauchen, abgesehen vom Ansäen, wenig Betreuung. Auch Gemüsegärten am Ortsrand können, wenn sie nicht mehr bewirtschaftet werden, so der Natur zurückgegeben werden.

    Pflegeleichter wird ein Garten auch, wenn man die Bäume und Sträucher in Substraten einpflanzt. Bei Substraten handelt es sich um künstlich hergestellte Erde aus Ziegelsplit, Sand und Kompost. „Dann hat man einen guten, unkrautfreien Untergrund und muss wenig pflegen“, so Hansul.

    Bewusstseinsbildung

    Als A und O aller Bemühungen, Menschen für naturnahe Gärten zu begeistern, ist laut Hansul die Bewusstseinsbildung. Er selbst wird kommendes Jahr im Stadtsaal in der Gartenstadt einen Vortrag zum Thema „Naturnahes Gärtnern“ halten. Wer echt keinen Plan hat, wie er seinen Garten gestalten soll und Rat braucht, den verweist er an Gartenbauer oder an die Gartenbauvereine und Siedlergemeinschaften. Die Leute dort bilden sich ständig weiter und sind kompetente Ansprechpartner vor Ort.

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