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REITERSWIESEN: Gewürze Lay zieht nach Thüringen

REITERSWIESEN

Gewürze Lay zieht nach Thüringen

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    Nimmt Abschied vom Standort Reiterswiesen und zieht mitsamt Belegschaft nach Thüringen: Karl-Heinz Dittmer, geschäftsführender Gesellschafter der Firma Lay Gewürze OHG.
    Nimmt Abschied vom Standort Reiterswiesen und zieht mitsamt Belegschaft nach Thüringen: Karl-Heinz Dittmer, geschäftsführender Gesellschafter der Firma Lay Gewürze OHG. Foto: FOTO Roland Pleier

    Erst jetzt, da die Tinte des Kaufvertrags grade mal trocken ist, erst jetzt sagt Karl-Heinz Dittmer öffentlich: „Ja, wir ziehen um.“

    Damit ist Lay Gewürze nach der Bad Königshöfer Firma Köberlein & Seigert das nächste namhafte Unternehmen aus der Region Main-Rhön, das wegen der besseren Förderquote nach Thüringen abzieht.

    Binnen der nächsten Monate soll, so der Geschäftsführer der Lay Gewürze OHG, auf dem 40 000 Quadratmeter großen Firmengelände im thüringischen Queienfeld ein neues Firmengebäude aus dem Boden gestampft werden. Die Genehmigung der Pläne erwarte er jeden Tag. Wenn alles klappt, will der 52-jährige Reiterswiesener noch heuer dort einziehen und mittelfristig 20 Arbeitsplätze mehr anbieten. Zusätzlich zu den 80, die es seiner Aussage nach zu erhalten gilt.

    Dieses Eine ist ihm wichtig: Dittmer zufolge ziehen alle 80 Beschäftigten mit. Seit Ende 2005 seien sie informiert. Kein einziger habe sich gemeldet, um nach einer anderen Möglichkeit zu suchen. Im Gegenteil: Alle hätten den Umzug in einem Brief an das Ministerium mit ihrer Unterschrift befürwortet.

    Dies ist das Zweite, was der gelernte Chemie-Laborant und Metzger betont: Sowohl Kissingens Wirtschaftsförderer Hans-Jürgen Greiner als auch sein Landkreis-Kollege Gerhard Karg hätten sich dafür eingesetzt, die Firma hier zu binden. Die Politiker hätten „gekämpft wie Löwen“, sie zumindest in Oberthulba zu halten. Dort besitzt die Firma seit knapp zehn Jahren 20 000 Quadratmeter. Dass nicht schon längst dort gebaut wurde, ist laut Dittmer der BSE-Krise 1999/2000 zuzuschreiben.

    In diesen Jahren gingen die Umsätze in die Knie. Denn Metzger zählen neben der Industrie und der Gastronomie zu den Kunden des Firma, die heute 3000 Rezepturen mischt und den Exportanteil seit der Grenzöffnung 1989 auf 40 Prozent hochgeschraubt hat. Der Endverbraucher kennt Lay nicht, allenfalls die Hähnchen des größten Lay-Kunden, der Firma Wiesenhof. Abgesehen von den beiden BSE-Jahren sei der Umsatz jährlich immer im zweistelligen Bereich gewachsen, so Dittmer.

    Dieses Wachstum ist einer der Gründe für den Umzug: Das Wirtschaften auf den 5000 Quadratmeter großen Gelände in Reiterswiesen, das Produzieren auf drei Etagen, ist eingeschränkt. Der Wettbewerb sei hart, so Dittmer. Allein in Deutschland gebe es 100 Mitbewerber. Dazu kommt, dass „Lebensmittel auf dem deutschen Markt verschleudert werden für billigstes Geld“, so der Geschäftsführer. „Die Discounter – das schlägt bis zu mir durch.“

    Das gewichtigste Argument für Thüringen aber seien ganz klar die Zuschüsse. Bayern hätte die Investitionssumme von neun Millionen Euro (inklusive Grundstückskauf) mit 7,5 Prozent bezuschusst, dank der EU-Einstufung fließen in Thüringen 25 Prozent.

    „Dass das ungerecht ist, weiß ich, wissen die Politiker – nur ändern können wir es nicht,“ so Dittmer. Er bedaure dies sehr. „Aber es ist für die Zukunft der Firma unerlässlich.“ Alternativen wären gewesen:

    • Ein Umzug nach Tschechien: Da hätte es noch mehr Zuschüsse gegeben.

    Die Firma aber hätte mit neuen Arbeitskräften anfangen müssen. Für Dittmer kein Thema.

    • Hier zu bleiben hätte laut Dittmer bedeutet, die Firma zu verkleinern, Beschäftigte zu entlassen und sich auf wenige profitable Kunden zu konzentrieren. Dies stand für ihn nicht zur Debatte. „Hier zu bleiben wäre ein unkalkulierbares Risiko gewesen.“

    Der Umzug bedeutet nicht für alle Beschäftigten 55 Kilometer Fahrt mehr – den Großteil davon auf der neuen Autobahn 71 – in Richtung Norden. 15 Beschäftigte sind ohnehin im Außendienst, 17 pendeln derzeit von Meiningen nach Reiterswiesen, andere kommen aus Bad Königshofen und Bad Neustadt, verdeutlicht Dittmer. „In der Verantwortung, die man für die Angestellten und deren Familien hat“, sei diese Entscheidung die einzig richtige gewesen.

    Im Blickpunkt

    Lay Gewürze 1920 gründen die aus Stuttgart stammenden Brüder August und Friedrich Lay eine Conservierungssalzfabrik. Die beiden Jung-Unternehmer produzieren in der Lindesmühle Konservierungs- und Nitritpökelsalz sowie erste Gewürzmischungen. 1961 wird das neue Firmengebäude bezogen. 1965 übernehmen mit Heinz Lay († 1995) und Dr. Bernhard Lay († 2001) zwei Nachkommen der Unternehmensgründer die Geschäftsführung und bauen die Firma aus. 1980 wird das Gebäude erweitert, 1989 die Firma in eine OHG umgewandelt, Karl-Heinz Dittmer als Geschäftsführer benannt. Der 52-Jährige und seine Frau Brigitte sind heute alleinige Gesellschafter des Unternehmens, das im vergangenen Jahr 13 Millionen Euro Umsatz machte.

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