Das Verhältnis zu Tieren hat sich in der Heimat grundlegend gewandelt. Früher versetzte man einem gauzenden Dorfpinscher ohne viel Federlesens einen Tritt. Dafür hatte man seine Schweine und Hühner buchstäblich "zum Fressen gern". Nutztiere bekommen wir heute kaum noch zu Gesicht. Die meisten fristen ihr erbärmliches Dasein in den Megaställen der konventionellen Landwirtschaft. Den Meisten sind sie egal.
Dafür vermenschlichen wir Haustiere. Sie werden auf Hundeschulen geschickt, mit Bio-Futter verhätschelt und zum Tierpsychologen geschleppt. Sie dienen als Kinder- und Partnerersatz. Man zahlt klaglos astronomische Tierarztrechnungen. Die Überemotionalisierung treibt bizarre Blüten. Viele Stadtkinder glauben heute ernsthaft, dass Rhönschäfchen an Altersschwäche sterben. Mal ehrlich: Wüssten Sie, wie die Wappentiere der Rhön wirklich enden? Werden sie dicht gedrängt zum Schlachthof gekarrt, wo man mit dem Bolzenschussapparat auf sie wartet? Das Thema ist offensichtlich tabu. Es könnte die Idylle trüben. Auch wie man Rhönschafe "hinterher" verwertet, liegt im Dunkeln.
Eines ist klar: Gegessen wird das Zeug bei uns nicht. Der Ureinwohner bevorzugt "Schweinisches". Sicher, ein paar Gourmets gönnen sich gelegentlich ein zartes Lammfilet. Köstlich! Aber wer traut sich an alte Hammel? Werden sie tiefgekühlt nach China verscherbelt, wo man sich vor gar nichts graust? Landen sie im Bio-Hundefutter? Und was wird eigentlich aus der Wolle?
Wir Älteren erinnern uns ja noch, dass man Wolle früher zur Herstellung von Kleidung verwendet hat. Sie wurde längst durch billige Kunststofffasern ersetzt, die irgendwann als Mikroplastik in den Weltmeeren landen. In der Heimatzeitung war kürzlich zu lesen, dass man die Wolle von Rhönschafen jetzt zu Pellets presst, um sie anschließend zu verheizen. Das ist kein Witz! Vielleicht kann man ja noch andere Teile eines Schafs verheizen. Vielleicht heizt man in den Walddörfern bald nur noch mit Schafen. Warum nicht? Die coole Funktionsunterhose mit der diffusionsoffenen Membran im Schritt wird aus recyceltem Plastikmüll hergestellt. Und Wolle wird verbrannt. Der Markt regelt alles.
Aber unter Tierschützern regt sich Widerstand. Schon wird gefordert, Tiere nicht länger als billige Landschaftspfleger zu missbrauchen, die man hinterher einfach umbringt. Gefordert wird ein "veganes Landschaftspflege-Konzept". Die erforderliche Technik stehe zur Verfügung. Schimpfte sich unser schönes Industriestädtchen nicht einmal "Modellstadt für Elektromobilität"? Und setzen technologiefreundliche Gartenbesitzer bei der Rasenpflege nicht schon lange auf "Mähroboter"?
Ein Blick in die nahe Zukunft: Im Sommer 2035 zieht eine Herde autonomer Mähroboter malerisch über die Hänge des Heidelsteins. Sie verfügt über Künstliche Schwarmintelligenz (KSI). Man hört nur das leise Schnurren der Mähwerke, die den artenreichen Bewuchs schonend mulchen, ohne dabei das Bodenleben zu zerstören. Gelegentlich stakst einer der weißlackierten Kästen zur mobilen Solarstrom-Ladestation, die gerade von einem Landwirt gewartet wird. Ihm ist im Grunde egal, wofür er seine Subventionen kassiert. Trotzdem findet er die "Digitalen" besser als die "Natürlichen". Sie stinken nicht. Außerdem machen sie weniger Arbeit. Und weniger Dreck. Weidezäune sind überflüssig.
Wölfe, die mittlerweile in Rudeln durch die Rhön streifen, stellen keine Gefahr für Mähroboter dar. Die Jagdprofis können sich ganz auf Reh- und Schwarzwildbekämpfung konzentrieren. Mit dem schädlichen Überbesatz haben sie längst aufgeräumt. Deshalb wachsen in den umliegenden Wäldern ja auch wieder junge Bäumchen nach. Ganz ohne Umzäunung. Man muss sich das vorstellen.