Der Blick in die Brückenauer Innenstadt verleitet derzeit nicht überall zu Optimismus. Dennoch hat sich Adolf Dörflinger vor wenigen Monaten bereit erklärt, das Forum zu führen und mit seinen Mitstreitern Ideen für die Belebung der Innenstadt zu entwickeln. Ein Besuch in seinem Geschäft in der Marktgasse erweckt den Wunsch, so sollte es überall in der Ludwigstraße und den Gassen zugehen: Kunden gehen ein und aus, Verkäuferinnen beraten, holen Ware aus dem Lager. Es ist gut was zu tun beim Jubiläumsverkauf.
Zu Jahresbeginn hat Adolf Dörflinger das Geschäft von seinen Eltern Rita und Josef übernommen. Der 44-Jährige ist im Geschäft aufgewachsen, seit 20 Jahren arbeitet er mit. Wo sein Kinderzimmer im ersten Stock war, ist heute die Werkstatt. Wenn seine Eltern an ihre Anfänge 1962 zurückdenken, gibt es manches zum Schmunzeln. Mit Fahrrad und Anhänger radelte Josef Dörflinger zur Post, um Schuhpakete abzuholen. Die Gesellen, oft kamen sie aus Rhöndörfern, wohnten mit im Haus. „Als wir angefangen haben, hatten wir keine Angestellten“ erinnert sich Rita Dörflinger, geborene Fläschner. Sie hatte bei der Brückenauer Firma Mittelmang Verkäuferin gelernt. Als klar war, dass sie in ein Schuhgeschäft einheiratet, hat sie ein halbes Jahr bei Schuh Mohr in Würzburg gearbeitet und dort von der Chefin vieles gelernt, das ihr im eigenen Geschäft geholfen hat.
Heute hat Schuh Dörflinger 16 Mitarbeiter. Alle haben im Haus gelernt und sind Teil des Familienbetriebes geworden. Als Schuhmachermeister Mauritz Dörflinger sein Geschäft mit Werkstatt 1888 gegründet hatte, war seine Familie schon alteingesessen. 1690 kamen die ersten Dörflingers nach Brückenau, sie waren Färber. Adam Joseph Dörflinger, die Generation vor der Schuh-Epoche, war Maurer und baute 1876 das Haus in der Marktgasse.
Mauritz Dörflinger fertigte vor allem Maßschuhe, zwiegenähte Jagdstiefel und Kneippsandalen. Schuhhandel gab es damals noch nicht, jedes Paar war ein handgemachtes Unikat.
1933 übernahm sein Sohn Adolf mit seiner Frau Klara das Geschäft und vergrößerte den Schuhhandel. Als er 1947 im Alter von 50 Jahren starb, schaffte es Klara Dörflinger trotz vier kleiner Kinder, den Betrieb weiterzuführen und mit ihrem späteren Mann, dem Orthopädieschuhmachermeister Johann Körner, weiter auszubauen.
Rita und Josef Dörflinger übernahmen 1962, haben immer wieder investiert und sind froh, dass ihr Sohn Adolf mit seiner Frau Maria weitermacht. Adolf Dörflinger hatte in Freiburg gelernt, in Hannover die Meisterschule besucht. Schon 1982 hat er in München einen Kurs über Fußpflege gemacht. Bis heute ist das eine Arbeit, die er sehr gern ausübt. Viele Stammkunden kommen, weil sie wissen: „Wir haben die Kompetenz rund um den Fuß im Haus.“
Zu den Stammkunden zählte für eine Zeit auch Günter Strack. Als der Schauspieler bei einem Aufenthalt in Brückenau das Schuhgeschäft entdeckte, ließ er Schuhe maßanfertigen – für eine Filmproduktion das gleiche Paar mehrfach in verschiedenen Farben. Auch Lieselotte Pulver hat schon bei Dörflingers eingekauft. Und eine Brückenauerin, die seit 30 Jahren in Würzburg lebt, kommt zum Schuhkauf noch heute in die Marktgasse zu Dörflingers.