Es knistert, knackt und raschelt. Der Motor dröhnt, die Messer klackern, und wie ein unersättliches Monster schiebt sich der 18 Tonnen schwere Maishäcksler durch ein etwa sieben Hektar großes Feld nahe der Schleuse Knetzgau. Am Steuer sitzt Robert Jahrsdörfer aus Kleineibstadt. Unter dem grau-schwarz-rot karierten Flanellhemd trägt er ein orangefarbenes T-Shirt. Die langen Haare hat er zum Pferdeschwanz gebunden und eine grüne Baseball-Mütze verkehrt rum aufgesetzt. Im linken Ohr steckt ein kleiner silberner Ring. Jahrsdörfer ist Landwirt, arbeitet nebenberuflich für ein Lohnunternehmen und ist von Ende August bis Anfang Oktober mit dem Maishäcksler im Landkreis unterwegs.
„Da hast du für nix anderes mehr Zeit, für kein Hobby, für nix“, sagt er, während er die 700 PS starke Maschine geschickt durch das Maisfeld bugsiert. Am Vorderteil des Häckslers ist das so genannte „Gebiss“ angebracht. Daran sind feststehende Messer montiert, welche die Pflanzen am Stängel abschneiden. Darüber befinden sich die Kollektoren, die sich von außen nach innen bewegen und so die abgetrennten Maispflanzen in den Einzugskanal befördern, der sich in der Mitte des „Gebisses“ befindet. Im Inneren des Häckslers drückt eine Vorpresswalze das Getreide zusammen, bevor es von der Messertrommel zerkleinert wird – für die Biogasanlage in vier bis fünf, für die Bauern in sieben bis acht Millimeter große Stücke. Durch das Auswurfrohr wird es auf die Ladefläche eines nebenherfahrenden Bulldogs geschleudert.
Der Mais, der an diesem Septembermorgen eingeholt wird, ist für die Biogasanlage in Haßfurt bestimmt, die von 23 Landwirten und dem Stadtwerk Haßfurt betrieben wird. Deshalb teilen sich die Beteiligten die Abfuhr. Kaum ist ein Hänger vollgeladen, steht schon der nächste bereit. Man verständigt sich über Funk und per Handzeichen. Im Häcksler selbst passiert alles elektronisch. Hinter der metallenen Fassade verbirgt sich ein Hochleistungsrechner. So gibt es in der Kabine beispielsweise einen Bildschirm, der das Innere des jeweiligen Hängers zeigt, und bei der Koordination helfen soll. „Den braucht man eigentlich nicht. Das ist eher was für die Unerfahrenen“, sagt Jahrsdörfer, der seit 14 Jahren Maishäcksler fährt. „Die Dimensionen haben sich geändert“, resümiert er. Vor zehn Jahren habe der Großteil der Landwirte sogenannte Einreiher genutzt, mit denen sie pro Tag eineinhalb, bis zwei Hektar abernten konnten. Jahrsdörfer schafft mit seinem Zwölfreiher heute in der gleichen Zeit etwa 30 Hektar. Da haben es natürlich auch die Tiere schwerer, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen.
Zahlreiche Schwalben fliegen aufgescheucht über das Feld und eine ganze Hasenfamilie hoppelt aufgeregt davon. Nur ein kleiner Angsthase bleibt zurück und rührt sich nicht mehr vom Fleck. Mit angelegten Ohren und zitterndem Körper kauert das etwa zwanzig Zentimeter große Tier vor der fast vier Meter hohen Maschine, die Jahrsdörfer inzwischen angehalten hat. Alle warten. Schließlich steigt einer der Landwirte aus seinem Hänger und jagt den kleinen Hasen in die Freiheit. Die Männer gehen achtsam mit der Natur um, trotzdem lassen sich Unfälle nicht vermeiden. Der Häckslerfahrer hat keine Chance, die Tiere im meterhoch stehenden Mais zu erkennen. Besonders problematisch ist das bei Wildschweinen. Denn während Rehe, Hasen und Vögel in der Regel rechtzeitig flüchten, bleiben die Schweine im Feld stehen, bis der Häcksler vor ihnen auftaucht. „Letzte Woche habe ich eine Wildsau angefahren. Ich konnte nichts machen, die ist direkt auf mich zugerannt. Das ist mir zum ersten Mal passiert“, erklärt Jahrsdörfer. Das verletzte Tier habe von einem anwesenden Jäger erschossen werden müssen.
Robert Jahrsdörfer muss während seiner Arbeit hoch konzentriert sein. Außer auf Tiere gilt es besonders auf Steine, Äste und Ackerfurchen zu achten. „Wenn ich Glück habe, spuckt die Maschine den Stein wieder aus. Wenn nicht, können Schäden entstehen, die in die Tausende gehen“, sagt er; beispielsweise, wenn sich ein Stein im Einzugskanal verklemmt hat, oder eines der Messer abbricht.
Besonders vorsichtig muss er beim Anhäckseln sein: „Da muss ich auf die Böschung, auf Bäume, Ackerfurchen und die Abfahrer aufpassen.“ Dazu kommt, dass ein Arbeitstag von sechs bis 23 Uhr dauern kann. „Stundenintensiv ist das schon. Du bekommst während der zwei Monate nix mehr vom Leben mit“, sagt Jahrsdörfer und fügt hinzu: „Aber mir macht das Fahren unheimlich Spaß. Sonst würd' ich's ja nicht machen.“
ONLINE-TIPP
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