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WOLLBACH: Heinz Werners TTIP-Erkenntnisse

WOLLBACH

Heinz Werners TTIP-Erkenntnisse

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    Bücherei-Leiterin Monika Pfister dankte Heinz Werner am Ende seines Vortrags und der Diskussion mit einem Präsent.
    Bücherei-Leiterin Monika Pfister dankte Heinz Werner am Ende seines Vortrags und der Diskussion mit einem Präsent. Foto: FOTO: Klaus-Dieter Hahn

    Gelungene Premiere im Foyer des neuen Wollbacher Rathauses. Erstmals hatte das Büchereiteam der im Obergeschoss untergebrachten katholischen Pfarrbücherei zu einer Autorenlesung geladen. Und viele Besucher – nicht nur aus Wollbach – lauschten Heinz Werner zu TTIP und seinen Büchern.

    Der erfolgreiche Geschäftsmann erwies sich als kompetenter, redegewandter Autor. Der Wollbacher stellte dabei nicht nur seine Bücher „Mein Europa – Quo vadis ?“ und „Gedanken“ vor, sondern erläuterte das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP ausführlich.

    In seinem Europa-Buch versucht Werner seine 40-jährige Erfahrung als Angehöriger verschiedener europäischer Gremien zu beschreiben. Durchaus kritisch stellt er fest, dass Europa zu schnell zu groß geworden ist und viele Länder einfach nicht dazupassen. Wegen der nun auch durch die Flüchtlingsproblematik noch zugespitzten Probleme befürchtet der Experte, dass Europa implodieren könnte. Trotz der von einigen Zuhörern angesprochenen Problematiken mit der EZB-Zinspolitik und dem möglichen Ausstieg von Großbritannien, betont Werner: „Bei all dem glaube ich doch, dass das Gute an der EU überwiegt!“

    Bei seinem Werk „Gedanken“ beschreibt er Beobachtungen auf Nachtflügen, in Hotels oder Begegnungen mit Menschen. Dabei zeigt er in Beispielen auf, wie wertvoll das Leben ist und dass Glück nicht mit Reichtum gleichzusetzen ist.

    Nach der Pause widmeten sich Heinz Werner und die Besucher dem „sehr, sehr komplexen“ Freihandelsabkommen TTIP, zu dem der Fachmann weit ausholen musste. Die WTO (world trade organization) hätte es nicht geschafft, für ihre 176 Mitglieder, die immerhin 96 Prozent des Welthandels vertreten, einheitliche Regeln für den Handel untereinander aufzustellen. Statt eines multilateralen Abkommens, das einen weltweiten einheitlichen Handel ohne Zölle und Handelsbeschränkungen zum Ziel hatte, wurden bilaterale Vereinbarungen angestrebt. Um ein solches handelt es sich auch bei TTIP zwischen Europa und Nordamerika. Es hätte Signal- und Vorbildcharakter für sämtliche Länder.

    Das TTIP ist jedoch noch lange nicht am Ziel. Von 24 Verfahrenskapiteln sind erst zwölf abgearbeitet. Obwohl eigentlich konkret noch nichts gemacht wurde, sind in Deutschland 58 Prozent der Bevölkerung gegen dieses Abkommen. Für Werner überwiegen die Vorteile aber die Nachteile bei weitem. Entgegen der Aussagen der Kritiker würden seiner Ansicht nach kleine und mittlere Unternehmen, die das Rückgrat der gesamten westlichen Wirtschaft darstellen, von TTIP profitieren. Durch die Vereinheitlichung von Standards könnten nicht nur potente Großkonzerne, sondern auch kleine und mittlere Unternehmen ohne riesigen Finanz-Aufwand auf die Riesenmärkte gelangen.

    Kritik an TTIP-Kritiker

    Deutliche Worte fand der Geschäftsmann auch zu dem Argument der Kritiker, der amerikanische Verbraucherschutz wäre schlecht. Zum Beweis dafür wird oft auf die amerikanischen „Chlorhühnchen“ verwiesen. Dass der Verbraucherschutz in den USA anders als in Europa aufgebaut ist, bestätigte Werner, wandte sich aber dagegen, ihn als schlecht zu bezeichnen. Oft habe man Antipathien gegen TTIP entwickelt, weil man nur über Halbwissen oder Halbwahrheiten verfüge.

    Nachbesserungsbedarf besteht zumindest beim Investitionsschutzabkommen, wo unbedingt nachverhandelt und die europäische Haltung vertreten werden muss. Dem pflichteten auch die Besucher bei. Grundsätzlich habe man am Anfang durch die mangelhafte Informationspolitik vieles falsch gemacht, räumte Heinz Werner ein. Die Verhandlungsführung war schlecht. Auch habe man die Brisanz des Themas unterschätzt. „Doch wenn Europa es nun versäumt, das Abkommen bis zum Ende der Obama-Amtsperiode abzuschließen, dann werden die USA wohl unter dem neuen Präsidenten nicht mehr am Abschluss des Abkommens interessiert sein!“, wies Werner auf das kleine Zeitfenster hin. Insgesamt wäre das TTIP sicherlich kein Zuckerschlecken. „Es wird dabei Sieger, aber auch Verlierer, wie die Landwirtschaft, geben. Aber TTIP bietet auch wahnsinnig viele Chancen für die Länder und die Unternehmen!“

    Allerdings sollte man es nicht um jeden Preis abschließen, auch wenn 45 Prozent der deutschen Arbeitsplätze vom Export abhingen. Gerade auch für Entwicklungs- und Drittländer wären Freihandelsabkommen zwischen großen Staaten nicht gut, da sie benachteiligt würden, musste Heinz Werner einräumen. In der abschließenden Diskussion kritisierten die Besuchern durchaus die Auswirkungen von TTIP auf die Landwirtschaft, auf die Kleinräumigkeit der Feldflur, aber auch auf die Arbeitnehmerschaft und die deutschen Arbeitsschutzrechte.

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