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HENDUNGEN: „Hendungen hat viel Potenzial“

HENDUNGEN

„Hendungen hat viel Potenzial“

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    „Da muss man selbst ran“: Hendungens Bürgermeister Florian Liening-Ewert testete persönlich die Strecken für die Mountainbike-Meisterschaften, ausgerichtet vom Radsportzentrum Rappershausen. Der bayerische Radsportbeauftragte Michael Kreil (links) und Hausmeister Thomas Günther (rechts) waren derweil mit dem Herrichten der Mountainbike-Strecken beschäftigt.
    „Da muss man selbst ran“: Hendungens Bürgermeister Florian Liening-Ewert testete persönlich die Strecken für die Mountainbike-Meisterschaften, ausgerichtet vom Radsportzentrum Rappershausen. Der bayerische Radsportbeauftragte Michael Kreil (links) und Hausmeister Thomas Günther (rechts) waren derweil mit dem Herrichten der Mountainbike-Strecken beschäftigt. Foto: Foto: Eckhard Heise

    Das Dorf unweit der innerdeutschen Grenze (damals) galt in den 1960er Jahren als eines der kinderreichsten in Unterfranken. Diesen Nimbus hat Hendungen längst eingebüßt, der Ort dürfte im wiedervereinigten Lande eher in der Riege der kinderärmsten zu finden sein. Was sagt die Statistik 2015 bis dato aus? Nur noch 913 Einwohner zählt die Gemeinde, zwei Geburten vermeldet Hendungen, ein Kind wurde im Ortsteil Rappershausen geboren. Doch die Zahl der Sterbefälle bewegt sich auf die 20 zu. Nur ein knappes Vierteljahrhundert zuvor hatten noch mehr als 1100 Bewohner dort gelebt. Der Bevölkerungsrückgang wird 2020 auch im Rathaus deutlich: Denn nach dieser Kommunalwahl werden dann an der diskussionsfreudigen bis streitbaren Tafelrunde nur noch acht statt bisher zwölf Stühle besetzt sein.

    Florian Liening-Ewert sieht als Rathauschef in Hendungen diese negative demografische Entwicklung „als die Herausforderung der Zukunft“. Sie zu verlangsamen beziehungsweise gar zu stoppen, erscheint dem 32-Jährigen, der aus Wallenhorst – eine mehr als 20 000 Einwohner große Stadt in Niedersachsen – stammt, im Moment nahezu „illusorisch“. Der Youngster in der Bürgermeister-Riege der Streutal-Allianz setzt jedoch bei dieser Aufgabe für seine Wahlheimat guten Mutes auf das Instrument „Integriertes Ländliches Entwicklungskonzept (ILEK)“ .

    So mag es manch einer gar als Widerspruch sehen, wenn Bürgermeister Liening-Ewert sagt: „Hendungen hat viel Potenzial.“

    Ensembleschutz und Leerstände

    Das ist den ILEK-Experten, den Stadtplanern Johannes Klüpfel (Büro Schirmer Würzburg) und Sigrid Ziesel (WGF-Nürnberg) bei der Ortsdurchfahrt durch Hendungen nicht verborgen geblieben. Schön hergerichtete Fachwerkhäuser, die unter Ensembleschutz stehen, fallen entlang der Hauptstraße wie auch in den Gassen ins Auge, wenngleich auch einzelne Anwesen und Gehöfte schon bessere Tage gesehen haben. Sie machen die Leerstände im Innerort sichtbar, aktuell sind nach den Worten von Liening-Ewert elf Anwesen hier unbewohnt. Und die gleiche Zahl von Anwesen, die leer stehen werden, kommen in den nächsten zehn Jahren hinzu, so die Prognose des Bürgermeisters.

    Was über das Programm der Dorferneuerung möglich ist, das zeigt sich am Beispiel des Alten Kindergartens in beeindruckender Weise: Mit dem Bayerischen Denkmalpreis hat 2011 der Freistaat die Arbeit des Kleintierzuchtvereins gewürdigt, der den Alten Kindergarten, das jetzige Vereinsheim, saniert und ausgebaut hat. So wurde nach eineinhalb Jahren Bauzeit und fast 6000 Arbeitsstunden der Vereinsmitglieder das einst marode alte Haus in ein Schmuckstück verwandelt. Nun soll ein jahrzehntelang unbewohntes Anwesen in der Bahrastraße weichen, um mithilfe der Dorferneuerung einen offenen Dorfplatz gestalten zu können.

    Hendungen schätzt sich glücklich, über einen großen Gemeindewald mit hervorragendem Eichenbestand zu verfügen. Einzelne Prachtstämme erzielen bei Versteigerungen immer wieder Höchstpreise. Daran lässt sich der hohe Stellenwert des Waldes für die Gemeinde ablesen, wie auch das Wort von der Sparbüchse der Gemeinde nicht von ungefähr kommt. Jedoch wäre nach Meinung des Bürgermeisters im Privatwald aufgrund der Klein-Parzellierung eine Waldflurbereinigung durchaus angebracht.

    Ohne Mehrwert ist bislang der Autobahnanschluss an Hendungen vorbeigegangen. Gewerbeflächen sind seither keine ausgewiesen, doch das soll sich ändern: Mit der Fortschreibung des Flächennutzungsplans sollen zwei Hektar Gewerbeflächen ausgewiesen werden, kündigte Liening-Ewert an. Freie Flächen für das örtliche Handwerk, schließlich sind einige Betriebe in Hendungen (mitunter örtliche Bankfiliale) wie im Ortsteil Rappershausen angesiedelt. Der Bürgermeister: „Externe Nachfrage ist eher illusorisch.“ Privates Bauland ist in Hendungen für 34 Euro pro Quadratmeter zu haben. Eine besondere Erwähnung fand noch die Darmfabrik in Rappershausen, die sich unter anderem auf die Herstellung von Saiten aus Schweinedarm für Streichinstrumente spezialisiert hat.

    Fokus auf Mountainbiker

    Das Schullandheim Rappershausen ist über Unterfranken hinaus bei Schülerinnen und Schülern ein guter Tipp. Ist es doch das Radsportzentrum in Bayern schlechthin. So stehen im Schullandheim Rappershausen mit Zeltplatz das Mountainbikefahren und die gesunde Ernährung im Vordergrund. Beste Noten erhielt das Haus heuer für die Ausrichtung und Organisation des bayerischen Landesfinales der Schüler im Mountainbikefahren mit rund 200 Teilnehmern.

    Das bringt Florian Liening-Ewert auf die Idee, Mountainbike-Meisterschaften für Schüler in Hendungen und Rappershausen auszurichten. Kontakte zum bayerischen Radsportverband werden jedenfalls geknüpft.

    Beim Thema Energie, sprich dem Bau von Windkraftanlagen, schieden sich jahrelang die Geister in Hendungen. Laut Regionalplan waren um Hendungen herum vier Windkraftanlagen mit bis zu 18 Windrädern geplant, was zu zwei unnachgiebigen Lagern im Ort selbst führte. Die Befürworter appellierten an das Bewusstsein, für erneuerbare Energien einzutreten, die Windkraftkritiker setzten sich vehement gegen die Vielzahl, die Größe und Ortsnähe der Windräder zur Wehr. Das Thema ist vom Tisch, Hendungen wird wohl ein weißer Fleck bleiben – was den Bau von Windkraftanlagen betrifft.

    Ein Problem weniger, das Bürgermeister Liening-Ewert Kopfzerbrechen bereitet. In Sachen Streutal-Allianz gibt er sich als großer Befürworter, vergisst aber nicht als Fußnote hinzuzufügen, „dass alle elf Gemeinden einen Mehrwert davon erhalten müssen“.

    Bürgermeister-Interviews zur Streutal-Allianz

    Jeder für sich und doch alle zusammen. Die elf Gemeinden (Bastheim, Fladungen, Hausen, Hendungen, Nordheim, Mellrichstadt, Oberstreu, Ostheim, Sondheim/Rhön, Stockheim und Willmars), die sich in der Streutal-Allianz zusammengeschlossen haben, wollen das Integrierte Ländliche Entwicklungskonzept, kurz ILEK, nutzen, um sich für die Zukunft fit zu machen.

    Neben den Vor-Ort-Besuchen der Planer in den einzelnen Gemeinden sind die Interviews mit den Bürgermeistern über die kommunalen Einrichtungen und Strukturen sowie deren Stärken und Schwächen ein wesentlicher Inhalt der Recherche.

    Die Eingangsfrage ist für alle gleich: „Wie sehen Sie die Perspektive für Ihre Kommune in zehn, zwanzig Jahren?“ Um dann überzuleiten auf die Punkte: „Wo liegen die Schwerpunkte? Was ist aus Sicht Ihrer Kommune bedeutsam, und was ist bedeutsam für die Allianz?“

    Dabei stehen folgende Eckdaten im Fokus: Daseinsvorsorge und Grundversorgung, Mobilität, Infrastruktur/Innenentwicklung, Kultur/Tourismus, Land- und Forstwirtschaft sowie Arbeit/Gewerbe und Energiekonzepte.

    Die Zeit für ein Interview war auf eineinhalb bis zwei Stunden festgelegt. Die Fragen stellten Johannes Klüpfel (Büro Schirmer, Würzburg, Architekten und Stadtplaner) sowie Sigrid Ziesel (WGF-Nürnberg, Landschaftsarchitekten).

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