Mehr als ein paar Takte brauchte es nicht, bis Peter Horton sein Publikum in seinen Bann gezogen hatte, denn da war ein echter Könner am Werk. Die Gitarre fast liebevoll im Arm, auch wenn sie sich ein wenig sträubte in Mellrichstadt, zauberte Peter Horton wundervolle, atmosphärische Klänge voller Licht und Leben. „Lebenslust“ hieß das Eingangsstück, und fast unmittelbar wollte sich dieselbe im Saal ausbreiten, nicht überschäumend und ungezügelt, sondern eher in Form eines heiteren In-Sich-Ruhens.
Dann: Die Stimme! Dass Peter Horton bei den Wiener Sängerknaben begonnen hat, merkt man noch heute, auch wenn er, wie er mit Schmunzeln feststellt, die nächsten beiden Stufen einer Wiener Karriere nicht mehr erklommen und es danach weder zum Hofrat noch zum Lipizzaner gebracht hat. Macht aber nichts: Wer eine solche Stimme hat, ist wahrlich reicher beschenkt, denn die – dunkel, voll und ausdrucksstark – schmeichelt sich in Ohr und Herz.
Und schließlich sind da noch die Texte. Die künden von Lebenserfahrung, von tiefen Gefühlen, vom erlebten Leben. Viel ist von der Liebe die Rede, von der Seele des Menschen und dem, was ihr gut tut. Das könnte unerträglich kitschig sein – wäre es nicht so ehrlich und authentisch vorgetragen. Das könnte auch unerträglich banal sein. „Solang du in dir selber nicht zu Hause bist, bist du nirgendwo zu Hause.“ Klingt nach Binsenweisheit? Bei Peter Horton ist es das nicht. Bei Peter Horton ist das tief empfundene Wahrheit, entstanden aus einem gelebten Leben.
Man fühlte sie, die tiefe Verbindung zwischen Himmel und Erde, die der Sage nach herrschen soll am hawaiianischen Ort „Kahena“, zu dem Paare oft pilgern. Das Herz wollte einem zerfließen bei diesem Volkslied von der anderen Seite der Erde, vielleicht sogar noch ein wenig mehr als bei Peter Hortons Geschichten von der Liebe. „Ich bin dein Poet, du bist meine Poesie, ich bin deine Freude, du bist mein Sinn“ – wohl dem, der eine solche Liebe erleben darf.
Aber auch an anderen tiefen Gefühlen ließ Peter Horton sein Publikum teilhaben, etwa mit dem Lied über seinen früh verlorenen Vater. Kaum mochte man glauben, dass man teilhaben durfte an so tief empfundenen Verwundungen und so starken Gefühlen von Trauer und Verlust, dass sich der Künstler so exponierte auf der Bühne. Allerdings: Bei genauerer Betrachtung tat er das ja in jedem Lied, wenn auch vielleicht nicht ganz so offensichtlich.
Wem bei so viel Gefühl die Überforderung drohte, dem bot Peter Horton einige Rettungsinselchen an: kleine humoristische Sinnsprüche, größere Glossen, zum Beispiel die auf des Erbonkelchens Tod, der einfach nicht kommen will, oder auf das Hirn, das aus des Redners Hirn entflieht, von diesem aber überhaupt nicht vermisst wird. Ganz leicht und unbeschwert geht es seither – und am Ende wird der Redner ein großer Mann der Politik. Fast erinnerten diese kleinen, lakonisch gereimten Geschichtchen an Loriot oder Heinz Erhard.
Wie diese beiden kommt auch Peter Horton ganz harmlos daher und versteckt Kritik in Reimen, die so glatt und gefällig klingen, als wären sie für Kinder gedacht. Dennoch steckt politisches Denken dahinter, denn auch seinem anderen Vater, dem Vater Staat, hat Peter Horton ein Lied gewidmet und ihn beschrieben als eitlen Dickschädel mit dem Charme eines Stieres, fremd, menschenfern und unfähig zuzuhören. „Vater Staat, dir fehlt die Mutter, die dich in Schach hält und kontrolliert, die ein Herz hat, so weich wie Butter, und dir, wenn nötig, eine schmiert!“, diagnostiziert der Künstler.
Sie kam an, diese Mischung aus echtem, tiefen Gefühl einerseits und Humoristik andererseits, und das Mellrichstädter Publikum, das sich erst nach drei Zugaben von Peter Horton verabschieden wollte, dankte mit jeder Menge Applaus. Dass sich auf der anderen Seite auch der Künstler bedankte, weil man ihm seinen Sonntagabend geschenkt habe, machte ihn nur noch sympathischer.