Z
eiten ändern sich und manches
"geflügelte Wort" verliert an
Bedeutung. Den Satz "Ich glaub, ich
geh am Stock" zum Beispiel, pflegte
man zu sagen, wenn man sich völ-
lig "unterm Hund" fühlte und sei-
nen Mitmenschen zum Ausdruck
bringen wollte, dass man die
nächsten Stunden oder Tage zu-
mindest psychisch auf eine Geh-
hilfe angewiesen sei. Wer physisch
auf einen Stock zurückgreifen
musste, der war einfach zu gebrech-
lich, um nur mit seinen zwei Bei-
nen auf Wanderschaft zu gehen.
Rüstige "Herrli mit Stöckla" da-
gegen nutzten in alten Zeiten ihr
"Stackerla", um bösen Buben zu
drohen, den Dackel zu disziplinie-
ren oder der jungen Nachbarin mit
dem Krummholz mehr oder weni-
ger unverschämt zuzuwinken. Der
gute alte Wanderstab mit den Er-
innerungs-Blechplättchen von
Bodenmais bis Bodensee dran ist
ein wenig aus der Mode gekommen,
aber der Stock an sich ist nicht tot
zu kriegen. Nach dem Motto "grö-
ßer, höher, weiter", müssen es heut-
zutage gleich zwei Stöcke sein, mit
denen ganz im Zeichen der Eman-
zipation vor allem Frauen auf
stramme Wanderschaft gehen. Die
Stöcke sind nicht mehr aus Holz,
sondern aus hochbelastbarem High-
Tech-Material und das ganze nennt
sich auch nicht mehr Wandern,
sondern "Nordic Walking". Blech-
plättchen mit "Stockheim & Co-
Logo" werden nicht mehr drauf ge-
nagelt, dafür wären die teuren
Stöcke zu schade. Böse Zungen be-
haupten ja, man habe das "Nordic
Walking" erfunden, damit man
beim Joggen nicht mehr rauchen
kann. Aber mal ganz im Ernst - was
für den Betrachter so ähnlich aus-
schaut wie Langlauf ohne Skier und
vor allem ohne Schnee, soll ja ge-
sund sein, denn erstmals ist es ge-
lungen, dass die Arme bei der auf-
rechten Fortbewegung mitlaufen
müssen. Da sind die Beine natürlich
wieder im Zugzwang, weshalb das
"Nordic Blading" erfunden wurde.
Das ist altmodisch ausgedrückt
"Rollschuhfahren mit Gehhilfe"
und vielleicht deshalb sehr im
Trend. Als nächstes wird wohl die
Gehhilfe selbst Räder kriegen müs-
sen, damit die Sache noch rasanter
wird. Dieses "Sportgerät" gibt es
schon - zum Beispiel in Alters-
heimen und man nennt es "Rolla-
tor". Es ist wahrscheinlich nur eine
Frage der Zeit, bis die ersten "Nordic
Rollator Inline Blader" auf den
Wirtschaftswegen unterwegs sind.