Fünf berühmte Figuren der Literaturgeschichte – allesamt Frauen – zusammen in einer WG im Himmel. Kann das gutgehen? Und überhaupt: Wozu ist das gut?
Am Dienstagabend hatte die Theatergruppe der Mittelstufe zu ihrer Vorstellung ins Gymnasium geladen. Unter Leitung ihrer Lehrerin Mirjam Schulz hatte die Truppe eine Eigenproduktion auf die Beine gestellt. Unter dem Titel „Wenn nicht auf Erden . . .“ brachten die Laienschauspielerinnen berühmte Frauen der Literatur- und Theatergeschichte auf die Bühne.
So fanden sich Goethes Gretchen aus „Faust“, Shakespeares Julia aus „Romeo und Julia“, Marie aus Büchners „Woyzeck“, sowie Johanna von Orleans und Maria Stuart aus Schillers Dramen zusammen auf der Bühne ein. All diese Dramenheldinnen haben eines gemeinsam: Sie starben jung eines nicht natürlichen Todes.
Um diese Tatsache spannen die Akteure der Theatergruppe den Handlungsbogen ihrer Produktion. So werden diese Frauenfiguren nach ihrem Tod gemeinsam in den Himmel verfrachtet, wo sie sich in ihrer Verschiedenheit zusammenraufen müssen und ihre unterschiedlichen Temperamente immer wieder zu Reibereien führen. Allerdings hat die Version des Himmels, wie er am Dienstag auf der Bühne dargestellt wird, ein entscheidendes Manko: Frauen und Männer müssen in verschiedenen Abteilungen leben.
Damit hat Maria Stuart so gar keine Probleme, war sie doch dreimal unglücklich verheiratet und von den Männern grundsätzlich enttäuscht. Ihrer Abneigung gegenüber dem starken Geschlecht lässt Madeleine Keller als Maria denn auch temperamentvoll freien Lauf. So ganz anders ergeht es da Julia (Franka Kunik), die es gar nicht verstehen kann, dass sie ihren geliebten Romeo nicht einmal im Himmel in die Arme schließen kann, da der sich in der Männerabteilung der himmlischen Gefilde aufhält.
Richtig schön aufregen kann sich Marie Hübner in ihrer Rolle als Woyzecks Marie, die nicht akzeptieren will, dass eine Kindsmörderin wie das Gretchchen (Theresa Wiener) den Weg in den Himmel finden kann, zumal sie selbst ihr geliebtes Kind auf Erden zurücklassen musste, nachdem sie von Woyzeck ermordet worden war.
Auch für Johanna von Orleans (Kristina Werner), die ja bekanntlich für ihre Überzeugung auf dem Scheiterhaufen starb, läuft es anfangs im Himmel nicht wirklich rund. Sie will eigentlich nichts anderes, als endlich ihrem Schöpfer gegenübertreten. Das erweist sich jedoch als recht schwierig, da ein Termin bei Gott nicht so ohne weiteres zu bekommen ist.
Diogenes statt Romeo
Als sich die himmlische Frauen-WG dann beim Versuch, Romeo aus der Männerabteilung einzuschmuggeln, den altbekannten griechischen Philosophen Diogenes (Katja Heintz) samt Tonne einhandelt, kommt Bewegung in die Szenerie. Mit seiner männlichen Präsenz, sowie seinen philosophischen Ausführungen bringt Diogenes die Gedanken- und Gefühlswelt der Damen gehörig durcheinander.
Einzig Johanna von Orleans folgt weiter ihrem Ruf und findet letztendlich ihren Weg zu Gott, der allerdings auch so seine Hindernisse aufweist. Hat er doch die Trennung von Frau und Mann im Himmel eingeführt, da es seiner Meinung nach zu viele Probleme zwischen den Geschlechtern gibt. Da er jedoch sieht, dass das ein Fehler war, und er seines Jobs überdrüssig ist, bietet er Johanna seinen Posten an. Diese nimmt freudig an und hebt als erste Amtshandlung die Trennung zwischen Frauen und Männern auf. Witzig hier das Zitat aus der Zeitgeschichte: „Die Mauer muss weg“.
Der Theatertruppe der Mittelstufe gelang es mit „Wenn nicht auf Erden ...“ eine flotte und witzige Inszenierung auf die Bühne des Gymnasiums zu stellen. Der Grundgedanke, das „Who is who“ der klassischen weiblichen Theaterfiguren in all ihrer Verschiedenheit gemeinsam auf die Bühne zu bringen, wurde auf kurzweilige und humorvolle Art umgesetzt.
Die Aufführung wird an diesen Freitag um 19.30 Uhr wiederholt.