26 Männer und zwei Frauen nahmen die Herausforderung an und starteten am 8. September auf Rügen zum fünften Ultra-Lauf durch Deutschland. Und der forderte gleich in den ersten Tagen seine ersten Opfer: Das Etappenziel Untereßfeld erreichten am Dienstag nachmittag nur noch 21 Teilnehmer.
„So ein Lauf ist kein Honigschlecken und Ausfälle in dieser Größenordnung sind deshalb völlig normal“, meint Schulze, der seit vielen Jahren solche Langstreckenläufe organisiert. „Über 1000 Kilometer in etwas mehr als zwei Wochen schaffen auch durchtrainierte Sportler nicht ohne Probleme.“ Er gehe deshalb davon aus, dass das Ziel in Lörrach höchsten 15 Läufer sehen werden.
Medizinische Betreuung
Nach der neunten, rund 65 Kilometer langen Etappe von Ilmenau nach Untereßfeld nehmen fast alle Teilnehmer die angebotene medizinische Betreuung in Anspruch. Heilpraktikerin und Masseurin Ramona Hauser sowie Rettungssanitäter Jan Straub, die den Lauf vom ersten Tag an begleiten, haben deshalb alle Hände voll zu tun. Der Ostfriese Harald Ehlers zum Beispiel lässt sich von Ramona Hauser durchkneten, damit die verspannten Muskeln wieder locker werden, während sich Franz Häßler aus Überlingen mit einer bösen Sturzverletzung herumplagt. „Dabei hatte ich noch Riesenglück, dass ich beim Fallen nicht unter einen Lkw geraten bin“, erzählt der 52-Jährige, der sichtlich unter Schock steht. Die Handflächen und Ellbogen hat sich der Unglücksrabe aufgerissen, ans Aufhören verschwendet er trotzdem keinen Gedanken. „Ich habe es bis hierher geschafft und packe die letzten Etappen auch noch“, meint er voller Zuversicht. Zuzutrauen ist ihm das allemal, schließlich ist es nach 1998 und 2005 bereits seine dritte Deutschlandlauf-Teilnahme.
Zum ersten Mal läuft Günter Naab mit – und es sieht gar nicht gut aus für den 48-jährigen Rheinland-Pfälzer. Die medizinische Abteilung diagnostiziert neben dick angeschwollenen Unterschenkeln und blutunterlaufenen Nägeln mehrere Blasen an beiden Füßen.
Ausstieg kein Thema
Doch auch Naab denkt gar nicht daran auszusteigen. „Ich steh' das bis zum Ende durch und wenn ich die letzten Meter bis zum Ziel kriechen muss.“
Ingo Schulze, der in den vergangenen drei Jahrzehnten selbst zahllose Langstreckenläufe absolviert und es 1983 sogar ins Guinness-Buch der Rekorde geschafft hat, gefällt es, wenn sich die Deutschlandläufer von ihren Wehwehchen nicht unterkriegen lassen und unbedingt das Ziel in Lörrach erreichen wollen. „Die meisten steigen ja nicht aus, weil sie vor Schmerzen nicht mehr laufen können, sondern es im Kopf nicht packen“, erklärt er. Das sei auch der Grund dafür, dass die Teilnehmer relativ alt sind. „Die ganz Jungen haben noch nicht die mentale Stärke, um über zwei Wochen am Stück nichts anderes zu tun als zu laufen“, meint Schulze. Als „lebende Beweise“ nennt er Konrad Sieben, mit 64 Jahren ältester Teilnehmer. Sigrid Eichner aus Berlin ist sogar noch vier Jahre älter. „Und beide haben auch die heutige Etappe wieder geschafft“, freut sich der Organisator.
Auch eine weitere Teilnehmerin, Elke Streicher aus Gerlingen, macht einen erstaunlich frischen Eindruck, als sie das Etappenziel in Untereßfeld erreicht. „Passieren kann immer etwas, aber ich bin sicher, dass ich in Lörrach ankomme“, meint die 40-Jährige, die zu den erfolgreichsten Ultra-Läuferinnen zählt und die klassische Marathondistanz schon in drei Stunden zwanzig Minuten gelaufen ist. Für sie sei der Deutschlandlauf eine Art Aufwärmtraining für eine noch viel größere Herausforderung im Juni nächsten Jahres. „Dann bin ich beim Trans-Europa-Lauf von Bari bis ans Nordkap dabei und werde versuchen, 4500 Kilometer in 64 Tagen zu laufen“, erzählt die Modellathletin. „Wer das schafft, gehört zu den besten Ultraläufern auf der ganzen Welt.“
Daten & Fakten
Deutschlandlauf Beim von Ingo Schulze organisierten Deutschlandlauf schlafen die Teilnehmer ausschließlich in Turnhallen auf Iso-Matten. Auf den 17 Etappen, die zwischen 52 und 92 Kilometer lang sind, ist alle acht bis zwölf Kilometer eine Verpflegungsstation eingerichtet. Start ist am Morgen für die schwächeren Teilnehmer immer um sechs Uhr, für die stärkeren Läufer um sieben Uhr. Die ersten Läufer trafen gegen 13 Uhr in Untereßfeld ein, wo Ute Zeitz, Haumeisterin der Schule, für die Organisation vor Ort verantwortlich war.
Online-Tipp
Viele Infos und Bilder vom Deutschlandlauf im Internet: www.deutschlandlauf.org