Von diesen Männern würde Guido Westerwelle träumen: Mutig in die unternehmerische Eigenverantwortung, tatkräftig aus der Krise auf die Leiter des Erfolgs, verantwortungsvoll für den beruflichen Nachwuchs. Zwischen Grabfeld und Haßbergen wird das schwarz-gelbe Wirtschaftsideal eingelöst.
Doch zu einer guten Heldengeschichte gehört ein schwerer Kampf. Der beginnt, als das namhafte Bauunternehmen Welz aus Maroldsweisach im Juni 2009 zahlungsunfähig wird. Rund 120 Angestellte zittern um ihre Arbeitsplätze. „Ganz am Anfang haben wir noch gedacht, es könnte weitergehen. Aber dann war schnell klar, das nichts mehr zu machen ist“, erzählt Bautechniker Jürgen Derra, der seit 2003 bei dem Betrieb als Bauleiter für den Tiefbau arbeitete. Kollege Jürgen Oeser aus Ermershausen hatte schon 29 Jahre bei Welz hinter sich, als die Krise hereinbrach. Der Maurermeister war Bauleiter für den Hochbau bei Welz.
„Einfach waren diese Wochen nicht, man hat die Firma ja mit aufgebaut“, erinnert sich Jürgen Oeser an die ungewissen Wochen im Sommer. Kollege Jürgen Derra, der als Bauzeichner ein kleines Planungsbüro im Nebenerwerb betrieb, sah schnell seine Chance kommen.
Traum von der Selbstständigkeit
Er hätte auch wieder in ein Anstellungsverhältnis gehen können. „Aber was die können, kann ich auch“, dachte sich der 31-Jährige Familienvater, der in Jürgen Oeser schnell einen Gleichgesinnten fand. „An Selbstständigkeit habe ich schon immer gedacht. Etwas selbst in die Hand nehmen, frei entscheiden, das war schon immer ein Traum“, so der Jungunternehmer.
„Es ging darum, zusammen für das Team zu entscheiden. Wir haben das Potenzial unserer qualifizierten Kollegen gesehen“, sagt Jürgen Derra im Rückblick auf die Wochen zwischen Zahlungsunfähigkeit und Insolvenz der Firma Welz, die am 1. August beantragt wurde.
Drei Tage zuvor wurde das Unternehmen „HTS Frankenbau“ mit Sitz in Sulzdorf a. d. Lederhecke gegründet. Die vier Wochen bis zur Firmengründung werden die beiden Geschäftsführer nicht so schnell vergessen. „Da waren viele durchgearbeitete Nächte dabei: Wie funktioniert eine Firmengründung, welche Behördengänge, was sagt der Steuerberater?“, erinnert sich Derra an den rasanten Start. Parallel dazu wurde die Baufirma Welz abgewickelt, es gab viele Termine mit dem Insolvenzverwalter.
Bremsklotz für das Start-up
In die erste Woche der Firmengeschichte starteten Derra und Oeser mit vier Mitarbeitern. Die erste Hürde lag in der Vergabeordnung für öffentliche Aufträge. „Die Kommunen verlangen per Gesetz die Umsatzzahlen der letzten drei Jahre“, erklärt Derra, der mittlerweile schon etwas lächeln kann über diesen Bremsklotz für Start-ups. Öffentliche Aufträge machen trotzdem schon 80 Prozent der Aufträge aus.
Auch die Lieferanten machten es den Jungunternehmern nicht einfach. „Ware gegen Vorkasse“, war das Prinzip zu Beginn. Dazu kommen die ganz normalen Probleme des Alltags. „Sie haben plötzlich einen Auftrag, aber es fehlen die Busse, um die Mitarbeiter zu fahren“, erzählt Derra schmunzelnd. Mittlerweile ist der Fuhr- und Maschinenpark gut bestückt. Und das alles ohne Bankverbindlichkeiten, denn die Geschäftsführer haben einiges an Eigenkapital in ihre Firma gesteckt.
Aus den vier Angestellten wurden schnell acht, dann 15. Heute starten zwanzig Angestellte von der Firmenzentrale in einem leeren Bürotrakt der Sulzdorfer Möbelwerke zu ihren Baustellen im oberfränkisch-unterfränkischen Raum. „Es läuft wirklich sehr gut an, darum macht die Sache auch großen Spaß“, so Derra.
„Was uns wirklich freut ist die Tatsache, dass wir die drei Auszubildenden bei Welz übernehmen konnten“, sagt Derra. Verantwortung für ihre Aufträge haben die beiden Bauleiter schon immer übernommen. Nun kommt Verantwortung hinzu für 20 Familien, die vom wirtschaftlichen Erfolg der Frankenbau abhängen.
„Respekt vor eurem Mut“ habe es immer wieder aus dem Bekannten- und Freundeskreis geheißen, berichten die Firmenchefs. Bereut haben sie ihren Schritt auf keinen Fall. „Ich würde es sofort wieder machen“, sagt Jürgen Derra. Und Kollege Jürgen Oeser fügt hinzu: „Es macht mehr Arbeit, aber auch viel mehr Spaß“.