Da kämpfen sich die armen Gymnasiasten mühsam durch das Dickicht des Biologie-Leistungskurses, kümmern sich um furchtbar schwere Dinge wie die Desoxiribonukleinsäure oder auch um das Wunder der Fotosynthese – um dann beim Abitur ausgerechnet das Liebesleben der Prachtlibellen vorgesetzt zu bekommen. Wie wir neulich erfahren haben, legen die Prachtlibellen ein zutiefst merkwürdige Paarungsverhalten an den Tag, das die Abiturienten in diesen Tagen in allen erfreulichen Einzelheiten darlegen durften. Das Thema klingt nicht nach purer Erotik, ist aber vielschichtiger, als man im ersten Moment annehmen möchte. Wer sich dafür interessiert, dem sei weiterführende Literatur wie beispielsweise „Die Evolution im Liebesrausch: Das bizarre Paarungsverhalten der Tiere“ empfohlen. Unser persönlicher Liebesrausch-Favorit – das darf an dieser Stelle ruhig mal gesagt werden – ist der Borkenkäfer. Diesem possierlichen kleinen Zeitgenossen wurde über lange Zeit großes Unrecht getan. Im Zusammenhang mit der Paarung des Borkenkäfers gab es über Jahrzehnten viele Missverständnisse, eine Fehlinformation reihte sich an die nächste. Selbst Professor Grzimek, der Fernsehheld unserer Kindheitstage, tat dem Borkenkäfer in sexuellen Dingen Unrecht. Es war nämlich gängige Wissenschaftsmeinung, der Borkenkäfer würde den Nackenbiss anwenden, um sein Weibchen gefügig zu machen. Neuere Forschungen ergaben jedoch, dass er die Borkenkuh mit Grasfasern an einen Baum fesselt, was diese übrigens mit großem Vergnügen über sich ergehen lässt. Nach der Befruchtung dauert es 18 Tage, bis das Weibchen die Jungen legt und sie dem stolzen Papa übergibt, der sich um die Aufzucht kümmert – was den Borkenkäfer-Mann durchaus sympathisch macht. Sie sehen: Das Thema nimmt gefangen und ist besser als jede Prachtlibelle. Weshalb wir versprechen, demnächst in gebotener Ausführlichkeit über das Auftreten von Impotenz beim Borkenkäfer zu referieren.
Bad Königshofen